Bankenaufsicht I

Nicht akut vom Aussterben bedroht

Es waren gleich mehrere deutliche Botschaften, die der BaFin-Präsident Felix Hufeld anlässlich der Jahres-Pressekonferenz seiner Behörde aussendete. Die erste betraf das Zusammenspiel von Geldpolitik und Aufsicht. Es zähle, so der BaFin-Präsident, nicht zu den Aufgaben der BaFin, Geldpolitik zu bewerten. Deren Folgen gingen aber auch die deutsche Aufsichtsbehörde etwas an. Und vor diesen Folgen warnte Hufeld eindringlich. So sei es für Banken, deren Geschäftsmodell vor allem auf Zinserträgen und Fristentransformation basiert, immer schwerer, auf lange Sicht auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Und wenn er auch die Frage stellt, wie ein Geschäftsmodell in einer Welt, in der der Zinsertrag nur noch eine untergeordnete Rolle spielt, beschaffen sein muss - eine Antwort hat der BaFin-Präsident leider nicht. Die Spirale aus niedrigen Zinsen, sinkenden Erträgen, höheren Kapitalanforderungen und damit weniger Geschäft und weniger Einnahme ist kaum zu durchbrechen.

Da hilft es auch nicht, wenn Hufeld betont, dass uneingeschränkt jedem im SSM klar sei, dass sich die niedrigen Zinsen wie ein schleichendes Gift in die Bankbilanzen hineinfressen. Es gibt derzeit keine Alternative zu den niedrigen Zinsen, es dominieren ganz eindeutig die Zielsetzungen der Geldpolitiker diejenigen der Bankenaufseher. Das Problem hierbei ist auch, dass sich bei der Problemanalyse der Bankensysteme der 19 Euroländer ein heterogenes Bild ergibt: Sind hier in Deutschland die niedrigen Zinsen das Hauptthema, betrifft das die Institute anderer Länder kaum. Diese ersticken dagegen in NPL, was die von der EZB mit ihrer ultralockeren Geldpolitik angestrebte Neukreditvergabe fast unmöglich macht.

Auch an der allgemeinen Regulierungspraxis äußerte der BaFin-Präsident sehr sanfte Kritik. Zwar sei Regulierung die notwendige und gewollte Antwort auf eine nie dagewesene Finanzkrise. Besseres Eigenkapital, höhere Anforderungen an die Liquidität, den Verschuldungsgrad und das Risikomanagement und deutlich ausgeweitete Vorgaben zur Datenbereitstellung machten das System zweifelsohne sicherer. Aber Hufeld warnte auch vor einem neuen Schweinezyklus aus Krise - Regulierung - Deregulierung - erneuter Krise. Damit es nicht so weit kommt, formulierte er drei Anforderungen für die Aufseher jetzt und in den kommenden Jahren: Berechenbarkeit - die Aufsicht müsse Basel III zu Ende bringen -, Proportionalität und die Bewertung von Neben- und Wechselwirkungen.

Zweite klare Botschaft: Eine Behörde wie die BaFin setzt kein Recht, sondern wendet geltendes Recht an. Es kann also nicht Aufgabe einer staatlichen Aufsichtsbehörde sein, offene Rechtsfragen im Vorgriff auf den Gesetzgeber oder eine höchst- oder zumindest obergerichtliche Rechtsprechung im Wege des Verwaltungshandelns zu klären. Damit spielte der BaFin-Präsident auf die Kritik an seiner Behörde im Rahmen der Panama Papers und der Cum-Cum- und Cum-Ex-Geschäfte an. Bei Themen, bei denen sich nicht allein die Frage der Legalität, sondern auch die der Legitimität stellt, stößt die klassische Finanzaufsicht an ihre Grenzen. Denn nicht jedes Verhalten, das anrüchig, schwierig und damit diskutabel sein kann, verstößt auch gegen geltendes Recht. Und was soll eine Aufsichtsbehörde tun, wenn es sogar zivil- und steuerrechtlich strittig ist, ob und zu welchem Zeitpunkt ein bestimmtes Handeln illegal ist? Sie muss abwarten, bis sie eindeutige Signale von Straf- oder Steuerbehörden bekommt, bevor sie aktiv werden kann, denn gerade ein Behörde mit so weitreichenden Eingriffsbefugnissen muss sich im Sinne des freiheitssichernden Rechtsstaates sehr stark an das Gesetz gebunden fühlen. Auch wenn sie vielleicht gerne anders handeln möchte: "Eine Behörde kritisiert nicht den Gesetzgeber, sie nimmt hin, was der ihr gibt", betont Hufeld.

Dritte Botschaft: Gleiches wird gleich behandelt und gleiches Recht bei gleichem Risiko für alle. Damit meint der Präsident die Behandlung von Fintechs. In dem Moment, so Hufeld, wo der Gesetzgeber meint, ein solches Start-up trete in einen regulierten Markt ein, werde die BaFin Aufsicht ausüben. Der Gesetzgeber könne aber wie bei den Erleichterungen für Crowdfunding-Plattformen im Rahmen des Kleinanlegerschutzgesetzes Ausnahmen definieren. Ganz generell wehrte sich der BaFin-Präsident aber gegen den Vorwurf einer Bevorzugung von Fintechs. Innovationsförderung dürfe nicht damit gleichgesetzt werden, dass es keine Aufsicht gebe, man beobachte die Dinge sehr genau und verbessere den Service für diese Art von Finanzdienstleistern in Form von verständlicherer, schnellerer und vor allem elektronischer Kommunikation schrittweise. Die Sorge der Banken versteht Hufeld aber nicht ganz, denn auch bei den Fintechs haben manche ein glücklicheres Händchen als andere, auch die Fintechs hätten den Stein der Weisen noch nicht entdeckt und das klassische Bankgewerbe habe auch in Zeiten der Digitalisierung das ein oder andere Pfund, mit dem es wuchern könne.

Daher stellte der BaFin-Präsident zu guter Letzt vielleicht auch ein bisschen versöhnlich und aufmunternd fest: Banken sind nicht akut vom Aussterben bedroht! Immerhin! Aber man ist versucht hinzuzufügen: Nicht alle!

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