Deutsche Bank II

Fehlende Motivation

Die Deutsche Bank steht vor einer ergebnisoffenen Strategiediskussion. Tabus soll es keine geben, so ist aus den Doppeltürmen zu hören. Konkrete Ergebnisse sollen aber erst anlässlich der Investorenkonferenz im zweiten Quartal präsentiert werden. Doch nach dem Tenor der Telefonkonferenz von Ende Januar 2015 wird die Bank sicherlich weiter auf ein umfangreiches Investment Banking, ihr eigentliches Kerngeschäft, setzen. Aber auch diesem Geschäftsfeld, das mit Anshu Jain einer der profiliertesten Investmentbanker der Welt selbst mit aufgebaut hat und in dem er seit dem Tode von Edson Mitchell im Jahr 2000 den Ton angibt, scheint es erheblichen Reformierungsbedarf zu geben. Es gilt, den Ruf einer "Flow-Maschine" zu verteidigen und dementsprechend das Geschäftsfeld den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Klassisches und global betriebenes Investment Banking ist ein Wettbewerb um die besten Mitarbeiter und die besten Transaktionen und ertragreichsten Geschäfte mit den potenziellen institutionellen Kunden auf der Emittenten- und Investorenseite. Obwohl offiziell von den meisten führenden Investmentbanken öffentlich bestritten, gehört dazu auch ein umfangreiches "Eigenhandelsnahes" Geschäft. Transaktionen dieser Art - oft als den Kunden-Flow begleitendes Geschäft bezeichnet - dürften bei den meisten Häusern mehr zum Ergebnis beitragen als klassisches Provisionsgeschäft mit Kunden. Es ist jedenfalls ein Wettbewerbsgeschäft, bei dem nur die besten Ideen, Leistungen und Produkte gewinnen.

Folglich wurden Bonuszahlungen eigentlich nicht als Belohnung für das im Vorjahr erbrachte Ergebnis verstanden, sondern als Investition in kommende Leistungen eines Mitarbeiters. Die Gelder flossen an die "Stars" der Bank und an Mitarbeiter, von denen man sich wiederum hohe Ergebnisbeiträge erwartete und gleichzeitig Angst hatte, sie an Wettbewerber zu verlieren. Altgediente Leistungsträger, mit guter interner Altersversorgung und geringen Wechselabsichten, wurden und werden hingegen häufig mit deutlich kleineren Häppchen abgefunden.

Gehaltsexzesse, begleitet von einer Entkoppelung von späteren möglichen Risiken und Verlusten, haben inzwischen dazu geführt, dass den Investmentbankern ein Deckel bei den Bonuszahlungen verpasst wurde. Um ihre hochrangigen Spezialisten bei Laune zu halten, haben Häuser wie die Deutsche Bank die Festgehälter ihrer Spitzenkräfte massiv erhöht. Sie wollen damit den Effekt der Deckelung der variablen Vergütung bei maximal 200 Prozent des festen Gehaltes ausgleichen. Vor allem in dieser Gruppe der Investmentbanker haben die massiv angehobenen Basisgehälter wohl häufig zu einem Motivationsproblem geführt - auch bei der Deutschen Bank. Wie zu hören ist sind diese "Größen" zuweilen nicht mehr für Kundentermine zu gewinnen und auch generell schwieriger erreichbar. Anshu Jain ist, nicht zuletzt aufgrund persönlicher Erfahrungen - unter anderem als Leiter Hedgefonds-Betreuung, als Mitarbeiter und dann als Topmanager des modernen Investment Banking der Deutschen Bank - zu einem intimen Kenner der Seele der Investmentbanker geworden. Diese Seele gilt es jetzt wieder zu motivieren.

So lange sich die staatliche Regulierung nicht ändert, wird es kaum Möglichkeiten zur Ausrichtung der Boni an nachhaltiger und risikoadjustierter Leistung geben. Es mag zwar ungewohnt klingen, aber gut geführte Investmentbanker sind häufig über ihr Ego und ihren Ehrgeiz zu steuern. Wenn die Deutsche Bank mit den Platzhirschen Goldman Sachs, J. P. Morgan und Morgan Stanley mithalten will, muss sie wieder ran an die Kunden und die "Stars" wieder scharf auf Erfolge machen. Das ist die wichtigste Aufgabe für Anshu Jain.

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