Künstliche Intelligenz

Im Fokus der Aufsicht

Kann die Bankenaufsicht die immer komplizierter werdenden Modelle der Kreditwirtschaft zum Risikomanagement kompetent und auf Augenhöhe beurteilen? Wird der Aspekt der Nachhaltigkeit bei der Einschätzung der Risiken im Bankgeschäft hinreichend erfasst? Wie sollen Fintechs aufsichtsrechtlich behandelt werden? Wie groß ist die Bedrohung der Finanzbranche durch Cyberattacken? Ist die Bankenaufsicht in der Lage, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Kreditwirtschaft immer wichtiger werdende IT-Technik und ihre Auswirkungen auf die Finanzstabilität hinreichend zu erfassen? All diese Fragen hängen unmittelbar mit neuen oder sich verstärkenden Trends und Strömungen der Finanzwirtschaft zusammen, die auch eine Verbreiterung des Knowhows der Aufsichtsbehörden verlangen. So finden sich heute im Mitarbeiterstab der BaFin, der Bundesbank, der EZB und der anderen europäischen Aufseher Spezialisten für all diese Disziplinen. Die deutschen Aufseher sehen sich in der Lage, komplexe interne Modelle der Banken zu bewerten, sie haben das Bewusstsein der Branche für Nachhaltigkeit und für die Gefahr von Cyberangriffen geschärft. Sie haben Bankaufsichtliche Anforderungen an die IT (BAIT) formuliert. Und sie zeigen gerade mit einer rund 200 Seiten starken Studie "Big Data und künstliche Intelligenz", dass sie auch auf diesen zukunftsgerichteten Feldern aufsichtsrechtlich am Ball bleiben wollen.

Zusammen mit der hiesigen Partnerschaft der Boston Consulting Group, dem Fraunhofer- Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme und der aus der früheren ÖPP (Öffentlich-Private Partnerschaften) hervorgegangenen PD - Berater der öffentlichen Hand ist ein Papier entstanden, das ganz grundsätzlich auf strategische Trends und Marktentwicklungen von BDAI (Big Data Artificial Intelligence) eingeht, um eventuell neu entstehende Risiken frühzeitig zu identifizieren und angemessen zu adressieren. In den einzelnen Kapiteln geht es zunächst um die Wertschöpfung aus Daten mithilfe der künstlichen Intelligenz, dann um die technologischen und strategischen Voraussetzungen von BDAI und schließlich um die Perspektiven des Marktes und der Aufsicht, wobei ausdrücklich auch der kollektive Verbraucherschutz betrachtet wird.

Die Studie formuliert den Anspruch, einen "fachlich fundierten Anstoß zu einer offenen Diskussion über Auswirkungen der Digitalisierung auf etablierte Markt- und Aufsichtsstrukturen" zu geben. Und es folgen zwei weitere für die Kreditwirtschaft zunächst einmal beruhigend klingende Hinweise: Laut BaFin sollen mit dem Bericht keineswegs bestimmte beschriebene Technologien, Geschäftsmodelle oder deren Einsatz propagiert werden. Und es soll auch eine Konsultation mit der Praxis geben, um deren An- und Einsichten zur Sache im Dialog zu berücksichtigen. Aber es wird in der Studie wie auch in dem flankierenden Bericht im BaFin-Journal Juni 2018 eindeutig klargestellt, "dass die Geschäftsleitung auch mit Blick auf BDAI-Anwendungen ihre Verantwortung weder automatisieren noch auslagern kann und komplexe Modelle zudem nicht zu intransparenten Entscheidungen führen und einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation im Weg stehen dürfen." Wer unter diesem Blickwinkel die aufgeworfenen Leitfragen der Studie betrachtet, darf in absehbarer Zeit neue, durchaus komplexe aufsichtsrechtliche Anforderungen vermuten. Es ist jedenfalls ein klares Signal an die Vorstände und Führungskräfte in der Kreditwirtschaft zu wissen und beurteilen zu können, wie sie und ihre Häuser in Sachen BDAI unterwegs sind. Der BaFin gebührt sicherlich Anerkennung, all diese Dinge rechtzeitig im Blick zu haben. Aber die hiesige Branche dürfte froh sein, wenn notwendige Regelungen von vornherein europaweit aufgegriffen werden.

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