Landesbanken

Frischer Wind in Stuttgart

Rainer Neske , Vorsitzender des Vorstands, Landesbank Baden-Württemberg

Die LBBW macht sich unter ihrem neuen Vorstandsvorsitzenden Rainer Neske fit für die Zukunft - und dabei wird kräftig aufgeräumt. Strategien werden überdacht, Geschäftsaufstellungen verbessert und Belastungen aus früheren Tagen bereinigt. All das ist höchst vernünftig. Die aktuellen Rahmenbedingungen lassen nicht erkennen, dass das Umfeld für Banken in den kommenden Jahren spürbar einfacher werden wird. Von daher muss man die noch guten Zeiten nutzen, um Vorsorge für morgen zu treffen.

Entsprechend sieht das Ergebnis der LBBW auf den ersten Blick deutlich schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Magere 11 Millionen Euro stehen da als Konzernergebnis für das abgelaufene Geschäftsjahr zu Buche, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr um satte 97 Prozent. Da könnte sich der ein oder andere Wegbegleiter oder gar Eigentümer der Stuttgarter Landesbank schon erschrecken. Allerdings ist dieses Ergebnis maßgeblich vom frischen Wind beeinflusst. Allein 379 Millionen Euro entfallen auf die vollständige Abschreibung des restlichen Goodwills aus dem Erwerb der Sachsen LB im Jahr 2008. Zur Begründung hieß es, die Wirtschaftsprüfer hätten darauf gedrängt, da das anhaltend niedrige Zinsniveau die künftigen Ertragsperspektiven doch sehr beeinträchtige, was einen solch hohen Wertansatz keineswegs mehr rechtfertige. Natürlich könnte man sich da fragen, warum das erst jetzt erfolgt: Niedrige Zinsen gibt es schon länger, sinkende Ertragsperspektiven auch. Als Großreinemachen wollte Neske den Schritt aber nicht verstanden wissen. Er wäre auch ohne einen Führungswechsel jetzt gekommen, sagte er.

Restrukturierungsmaßnahmen unter anderem für Personalabbau belasten das Ergebnis mit rund 87 Millionen Euro, verstärkte Investitionen in den Konzernumbau lassen die Verwaltungsaufwendungen um 35 Millionen Euro auf 2 586 Millionen Euro nach oben schnellen. Berücksichtigt man noch positive Einmaleffekte wie beispielsweise aus dem Verkauf der Anteile an Visa Europe und Wertpapierveräußerungen - das Finanzanlageergebnis stieg um gut 100 Millionen Euro auf 195 Millionen Euro - verbleibt ein Vorsteuerergebnis von 521 Millionen Euro und damit fast auf Vorjahresniveau.

Operatives Sorgenkind ist vor allem das Privatkundengeschäft. Die Sparte schreibt einen Verlust von 61 Millionen Euro. Hier schlagen sich das niedrige Zinsniveau verbunden mit sinkenden Margen ebenso nieder wie Anpassungen im Filialnetz, Personalabbau und Investitionen in Digitalisierungsprojekte. Neske betonte aber, dass "die Beratung in Filialen und die angemessene Präsenz vor Ort" weiter zum Kern des Angebots der LBBW gehören, die mittels der BW Bank im Großraum Stuttgart die Sparkassenfunktion innehat.

Mit Blick nach vorne setzt Neske neue Akzente. War die Bank unter seinem Vorgänger Vetter noch sehr stark auf Konsolidierung und Kapitalaufbau getrimmt, schaltet Neske nun um auf Wachstum. Die gegenüber Aufsichtsbehörden und Wettbewerbern komfortable Kapitalquote von 15,2 Prozent eröffne Spielräume im Kundengeschäft, die nun verstärkt genutzt werden sollen, so der Vorstandsvorsitzende. Da hat er vor allem die prosperierende schwäbische mittelständische Wirtschaft im Blick, ein Pfund mit dem sich in der Tat wuchern lässt. Klumpenrisiken aus einer hohen Konzentration in den Bereichen Maschinenbau und Automobil sieht Neske, aber er sieht sie auch (noch) gelassen. Gleichwohl sei die LBBW dabei, sukzessive Expertise in anderen Bereichen aufzubauen. Die Verbindung von Firmenkundengeschäft und Kapitalmarktexpertise sei Kern und Zukunft der LBBW. Diese hat, laut Neske, eine sehr vernünftige Größe, die schnelle Entscheidungen und kurze Wege zu den Kunden ermögliche. "Mit der Bilanzsumme von 240 Millionen Euro muss man sehr behutsam umgehen. Wir wollen organisch wachsen", so der ehemalige Deutsch-Banker. Für das laufende und die kommenden Geschäftsjahre stellt Neske ein Ergebnis von 600 bis 700 Millionen Euro in Aussicht, trotz Investitionen in IT und Regulierung von rund 150 Millionen Euro pro Jahr. Spätestens bei dieser Perspektive sollten Eigentümer aufatmen. Aber auch für 2016 ist alles nur halb so schlimm: Denn die Goodwill-Abschreibung schmälert zwar das IFRS-Konzernergebnis, nicht aber das HGB-Ergebnis, und nach diesem wird die Ausschüttung bemessen.

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