Kreditgenossenschaften

Gelebte Freiheit im Rheingau

Der Rheingau ist etwas Besonderes. Das liegt auch an seiner wechselvollen Geschichte. So war der Rheingau im Frankenreich ein Gau, bevor der in der Karolingerzeit dem Bistum Mainz zugeschlagen wurde. Nach Auflösung des Kurstaates ging der Rheingau 1803 an Nassau-Usingen und wurde schließlich im Zuge der Annexion des Herzogtums Nassau durch das Königreich Preußen 1867 als Landkreis im Regierungsbezirk Wiesbaden der preußischen Provinz Hessen-Nassau zugeschlagen. Trotzdem oder gerade deshalb blieben die Rheingauer ein besonderes Völkchen, fröhlich, solide, aber eben auch freiheitsliebend. Das mag auch an der zweiten herausragenden Qualität des Rheingaus liegen: seinen sanften, zum Rhein hin geneigten Südhängen mit dem milden Klima und den hervorragenden Böden, was die Region zu einer der besten Weinbauregionen Europas macht. Hier verwurzelt macht man auch als Bank keine Kompromisse und liebt seine Freiheit. So prallen denn auch alle von umliegenden Banken herangetragenen Wünsche ebenso an den Verantwortlichen ab, wie sie sich von immer mehr Regulierung und Verbraucherschutz nicht verunsichern lassen. "Die Rheingauer sind stolz auf ihre Region, wir wollen unsere Entscheidungen selber treffen, daher sind Fusionen ausgeschlossen. Sonst ginge die Identität verloren und der Rheingau wäre nur noch eine Filiale", fasst der Vorstandschef der Rheingauer Volksbank, Paul Meuer, das Bestreben zusammen.

Gelebte Freiheit geht aber natürlich nicht ohne den entsprechenden betriebswirtschaftlichen Erfolg. Mit einer Bilanzsumme von 810 Millionen Euro (im Vorjahr 792 Millionen Euro) erzielte die Rheingauer Volksbank im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit von 4,2 Millionen Euro - nur marginal unter dem Vorjahreswert von 4,3 Millionen Euro. Das lag aber nicht am operativen Geschäft - der Zinsüberschuss übertraf den Vorjahreswert, der Provisionsüberschuss war stabil und die Kosten stiegen moderat um 1,2 Prozent -, sondern im Vorjahr schlug ein Grundstücksverkauf positiv zu Buche. Das Kundenkreditgeschäft legte getragen vom Firmenkreditgeschäft um 4,3 Prozent auf 486 Millionen Euro zu, Kreditneuzusagen von 123 Millionen Euro sind Rekord. Die Kundeneinlagen verbuchten ein Plus von 3,2 Prozent auf 676 Millionen Euro. 83 Prozent der gesamten Refinanzierung konnten somit über Kundeneinlagen abgedeckt werden und mehr als 60 Prozent der Bilanzsumme entfallen auf Kundenkredite. Beides unterstreicht die Verwurzelung der Bank in ihrer Region.

Mit solchen Zahlen können die Verantwortlichen wahrlich zufrieden sein. Doch natürlich gibt es auch einige Sorgenfelder. Da wäre zum einen die Regulatorik zu nennen, die zu einer Belastung der Bank wird. Den direkt zurechenbaren Aufwand beziffern die Verantwortlichen auf rund 70 000 Euro, hinzu kommen Negativzinsen für die Anlage der überschüssigen Mittel bei der Bundesbank. Negativzinsen für die eigenen Kunden schloss Meuer derzeit zwar noch aus, sagte aber, das hänge davon ab, wozu die EZB die Banken noch zwinge. Ein Dorn im Auge sind dem Vorstandsvorsitzenden auch die Überlegungen zu einer europäischen Einlagensicherung, denn schließlich hätten seine Eigentümer auf Ertrag verzichtet, damit die deutschen Töpfe gefüllt werden können. Weniger Sorge bereitet dagegen die Niedrigzinsphase, die zwar auf die Ertragslage drücke, allerdings werde die Bank bis 2021 den heutigen Hochrechnungen zufolge Gewinne erwirtschaften. Das freut den Nachfolger.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X