Deutsche Bank

Kratzer im Lack

Deutschland ist stolz auf seine Wirtschaft. Zu Recht. Der Mittelstand mit zahlreichen Weltmarktführern sucht weltweit seinesgleichen. Und auch viele Großkonzerne spielen seit Jahren um die vordersten Plätze in der Champions League mit. Die deutsche Konjunktur ist die Lokomotive Europas und damit auch international von Bedeutung. Das verhilft nicht zuletzt der deutschen Politik zu Ansehen und dem deutschen Volk zu Wohlstand und Selbstbewusstsein. "Made in Germany" gilt als ein Gütesiegel allererster Qualität. Da schmerzt es natürlich umso mehr, wenn dieses Image Kratzer bekommt.

Beispiel 1: VW. Die Nummer eins unter den Autobauern, immer noch in den Augen so vieler verbunden mit der Perfektion und der Volksnähe eines VW Käfer, hat nicht geschummelt - das könnte man vielleicht noch verzeihen -, sondern richtig, gezielt und bewusst betrogen.

Die Manipulation von Abgaswerten zur Erfüllung bestimmter Normen und damit verbesserter Absatzchancen ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Hintergehen der Verbraucher. Es wird lange dauern, bis sich VW davon erholt hat - finanziell und vom Status her.

Das gilt auch für Beispiel 2: die Deutsche Bank. Das Institut, das lange ähnlich wie Bayern München ob seiner Dominanz und Arroganz gleichzeitig bewundert und gehasst wurde, ruft heute bei vielen nur noch ein mitleidiges Lächeln hervor. Das ist Zeichen genug eines selten zuvor gesehenen Imageverlustes. Zweifelhafte Geschäftsschwerpunkte, anhaltende Führungsrangeleien, unendliche Rechtsstreitigkeiten und die Beteiligung an nahezu jedem krummen Geschäft rund um diesen Planeten haben den Branchenprimus mehr als nur durchgeschüttelt. Vom versprochenen Kulturwandel ist nicht viel zu sehen, viel mehr deutet auf ein "Weiter so" hin. Daran werden auch die nun begonnenen Aufräumarbeiten des neuen Vorstandschefs John Cryan so schnell nichts ändern. Denn der konzentriert sich zunächst mal auf die Basisarbeit. Und die heißt: Ausmisten und damit möglichst viel der Vergangenheit anlasten. Der Quartalsverlust im dritten Quartal fällt mit über sechs Milliarden Euro entsprechend üppig aus.

Und doch überraschen manche Dinge: Wie kann es etwa sein, dass die in den neunziger Jahren übernommene amerikanische Investmentbank Bankers Trust fast zwanzig Jahre später noch mit annähernd zwei Milliarden Euro die Bilanz aufbläht? Dazwischen lagen etliche Jahre mit Rekordgewinnen, in denen die Verantwortlichen den Wert hätten bereinigen können und müssen. Und auch die Postbank ist alles andere als ein rühmlicher Beweis der Führungsqualität der Deutschen Bank. Übernommen mit großen Zielen, vor allen um an kostbare Spareinlagen zu kommen, von der Aufsicht ausgebremst, wird das Bonner Institut nun zum Verlustbringer. Denn das angekündigte Abstoßen der Postbank drückt kräftig auf den zu erzielenden Preis. Auch hier muss hinsichtlich der Abschreibungen tief in die Tasche gegriffen werden. Das sind die natürlichen Hausaufgaben eines neuen Vorstandschefs. Eine schmälere Bilanz ist mit Blick auf die regulatorischen Kosten für den Erfolg in Zukunft unbedingt notwendig. Doch vor den weitaus wichtigeren Themen der strukturellen Ausrichtung, der Inhalte der neuen Strategie 2020 und der personellen Verantwortung drückt sich auch Cryan noch herum. Dabei sollte man keineswegs nur auf die Managementebene schauen, sondern auch die Rolle des Aufsichtsrates kritisch hinterfragen, der nicht frei von Schuld sein kann. Ein Aufsichtsratschef Paul Achleitner wird sich kritischen Fragen zu den vielen Kratzern im Lack der Deutschen Bank und zu seiner Verantwortung dafür stellen müssen.

Für die deutsche Wirtschaft ist beides wenig hilfreich - VW wie die Deutsche Bank. Deutschland braucht internationale vorzeigbare und weltweit führende Konzerne, die von global aufgestellten und global erfolgreichen Banken unterstützt werden, soll das "Made in Germany" seinen Glanz nicht weiter verlieren.

PS: Volkswagen will als Konsequenz aus dem Abgasskandal ein neues Vorstandsressort für Recht und Compliance einführen. Kreditinstitute ohnehin, aber auch Unternehmen wie Siemens und Daimler haben bereits vor einigen Jahren Vorstandsressorts für Recht eingeführt, um Compliance-Verstöße zu verhindern - nicht immer mit Erfolg, wie die Entwicklungen vor allem bei manchen Banken zeigen. Von daher sollte man die Hoffnungen bei VW etwas dämpfen. Es hängt nicht an der Position, sondern immer nur an den handelnden Personen.

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