Bankenaufsicht

Das richtige Wort

Der Aufbau eines einheitlichen Bankenaufsichtsregimes in Europa ist nicht einfach und erfordert von allen Beteiligten immer wieder viel Fingerspitzengefühl. Denn natürlich bedeutet mehr Harmonisierung auf der einen Seite mehr Verzicht auf der anderen Seite. Verzicht auf Souveränitäten, Verzicht auf eingeführte Standards, Verzicht auf einfache Gewohnheiten. Das sorgt nicht immer für Zufriedenheit und regt zum Widerstand an. Das bekommt nun auch das deutsche Bundesfinanzministerium zu spüren, das sich derzeit mit der Umsetzung der BRRD in nationales Recht, namentlich dem Abwicklungsmechanismusgesetz, abmüht. Schon der erste Entwurf zog sich den Unmut der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) zu, die aufgrund der geplanten "Nachrangigkeit" von Bankanleihen gegenüber Einlagen und Schuldverschreibungen massive Probleme bei der Refinanzierung befürchtete, da Investoren dieses Instrument meiden könnten. Zudem ließ die EZB umgehend verlauten, dass nachrangige Anleihen nicht mehr repofähig seien. Aufgrund der Struktur des deutschen Bankenmarktes mit einem großen Anteil an Bankkrediten bei der Finanzierung der Realwirtschaft wäre das für die Branche natürlich ein schwerer Schlag. Und auch die Erfüllung der zusätzlichen Anforderungen nach MREL wird dadurch schwerer und vor allem teurer. Mittlerweile liegt ein neuer Vorschlag des BMF zur Diskussion vor, in dem der Wunsch der DK nach einem "Privilegierungswortlaut" berücksichtigt wurde: Bankanleihen sind demzufolge nicht mehr "nachrangig" gegenüber Schuldscheinen und Einlagen, sondern Einlagen seien "vor rangig".

Druck auf das BMF kommt aber nicht nur von der DK, sondern auch die Europäische Zentralbank zeigt sich derzeit keineswegs zufrieden mit den Umsetzungsbemühungen in Deutschland und sieht sich sogar zu öffentlicher Kritik veranlasst. "Die Mitgliedsstaaten sollten zur Kenntnis nehmen, dass seit Einführung des SSM die neuen Befugnisse der EZB beim Erlass künftiger Banken- beziehungsweise Aufsichtsvorschriften angemessen berücksichtigt werden müssen", hieß es hierzu von der zentralen Bankenaufsichtsbehörde. Ansonsten könnte die Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen erheblich behindert werden, wird quasi als drohender Zeigefinger noch hinterhergeschoben.

Was war passiert? Der deutsche Gesetzesentwurf überträgt unter anderem Zuständigkeiten für den Erlass von Vorschriften für das Risikomanagement und Banken-Rettungspläne auf das Bundesfinanzministerium. Bisher war das Sache der deutschen Finanzaufsichtsbehörde BaFin.

Sowohl die Diskussion um Nach- und Vorrangigkeit als auch um die Zuständigkeit zeigt, wie wichtig in Europa die richtige Wortwahl ist. Aber ist es am Ende nicht doch nur Wortklauberei? Die EZB drängt auf die Haftungskaskade, der zufolge Gläubiger in unterschiedlicher Rangfolge künftig bei Bankenschieflagen haften sollen. Von daher wird an einem wie auch immer gearteten Bailin der Bankanleihen kaum ein Weg vorbeiführen. Daran werden auch "Privilegierungsformulierungen" nicht viel ändern. Hinzu kommt, dass TLAC die "Nachrangigkeit" explizit vorschreibt, weshalb die Deutsche Bank und mitunter auch die Commerzbank, die auch noch unter das TLAC-Regime rutschen könnten, obwohl sie kein G-SIFI ist, auf die Nachrangigkeit von Bankanleihen geradezu drängen müssen, wollen sie von den Kosten nicht erdrückt werden. Und ob das Finanzministerium direkt die Erlasse aussprechen darf, oder ob es die "Unterabteilung" BaFin tut, was der EZB offensichtlich lieber wäre, ist am Ende zwar eigentlich das Gleiche. Aber eben doch nicht ganz.

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