Vorrangig geht es um Nachrangigkeit

Die richtigen Worte zu finden, gilt nicht nur in der Liebe, sondern auch beim Entwerfen von Gesetzestexten. An der richtigen Wortwahl basteln derzeit die Spezialisten im Finanzministerium. Konkret geht es um die finale Umsetzung der BRRD-Regelungen durch das Abwicklungsmechanismusgesetz. Unter anderem soll damit in einfacher Form ein Weg gefunden werden, dass die deutschen Kreditinstitute über ausreichend MREL-fähige "Verbindlichkeiten" (idealerweise Wertpapiere) verfügen, die im Krisenfalle zur Verlustteilnahme herangezogen werden können. Der erste Wurf wurde schnell modifiziert, er sah seltsamerweise die Schlechterstellung von Bankanleihen gegenüber Schuldscheindarlehen vor, statt beide Gattungen - was den BRRD-Vorgaben entsprechen würde - den Einlagen unterzuordnen. Die Bevorzugung der Schuldscheine hätte vor allem dem Bankenverband Kopfzerbrechen bereitet, da künftig die schwächeren seiner Mitglieder nur noch Schuldscheine zur Refinanzierung verwendet hätten, da diese aufgrund der Haftung des Einlagensicherungsfonds gerne von Versicherungen gekauft werden.

Die nächste Anpassung sah folglich vor, dass sowohl Bankanleihen als auch Schuldscheine nachrangig zu Einlagen gestellt werden. Der Teufel liegt aber im Detail oder am richtigen Wort. Denn auch diese Variante würde durch die "Schlechterstellung" von Bankanleihen negative Konsequenzen mit sich bringen. Denn "nachrangige" Anleihen sind nicht als Sicherheiten für Kreditgeschäfte des Eurosystems - vulgo Repogeschäfte - zugelassen. Gerade die Repofähigkeit der Bankanleihen spielt aber für viele deutsche Kreditinstitute nach wie vor eine zu große Rolle in der Geld- und Kapitalmarktfinanzierung als dass die Häuser darauf verzichten könnten. Um die weitere Verwendung von Bankanleihen sicherzustellen, wird im Finanzministerium jetzt wieder getextet. Bankanleihen sollen künftig nicht "nachrangig" gegenüber Einlagen sein, sondern Einlagen "vorrangig" vor Bankanleihen stehen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Wortspielerei der EZB gefällt. Denn letztendlich ändert sich damit nichts an den Fakten, der unterschiedlichen Reihenfolge von Anleihen/Schuldscheindarlehen gegenüber den Einlagen. Sollte es am Ende keine praktikable Lösung geben und alle vergleichbaren Instrumente gleichrangig bleiben, müssten die Institute in erheblichem Umfang MREL-taugliche Papiere emittieren, die in der Haftungskette zwischen Bankanleihen und richtigen Nachranganleihen stehen, sofern sie den zusätzlichen Kapitalbedarf nicht mit echtem Eigenkapital abdecken können. Wenn dies gelingt, dann war die anfängliche Wortspielerei zweitrangig. ber

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