Bankenpolitik

Verband wirbt für Kapitalmarktunion

Der Bundesverband Deutscher Banken (BdB) hat auf einer Pressekonferenz verdeutlicht, wie sehr ihm das Thema Kapitalmarktunion am Herzen liegt und eine Initiative zur Förderung eines einheitlichen Kapitalmarktes präsentiert. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt. Am 1. Juli 2020 übernimmt Deutschland erstmals seit 13 Jahren wieder die Ratspräsidentschaft. Der BdB möchte daher der Politik die Dringlichkeit des Anliegens rechtzeitig klarmachen.

In Deutschland finanzieren sich die Unternehmen laut BdB zu 80 Prozent über Banken und nur zu 20 Prozent über den Kapitalmarkt. In den USA ist das Verhältnis umgekehrt. Man sollte meinen, dass die Kreditlastigkeit eigentlich im Interesse der Banken liegt, aber Hauptgeschäftsführer Dr. Christian Ossig wies darauf hin, dass es bedeute, dass immer mehr Unternehmensgründer aus Deutschland und aus Europa abwandern, weil sie hier keine Finanzierung bekommen würden. Das schwächt den Wirtschaftsstandort und ist damit auch nicht im Interesse der Banken. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum die Kapitalmarktunion dem Bankenverband so wichtig erscheint. Ein vereinheitlichter Kapitalmarkt könne auch das Renditeproblem vieler Anleger in der Null- und Negativzinsphase mildern, sei ein wichtiger Baustein für die private Altersvorsorge und fördere die Finanzstabilität, denn ein großer, integrierter Kapitalmarkt in Europa biete mehr Möglichkeiten für Risikotransfers als EDIS, ein einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) oder ein European Stability Mechanism (ESM) zusammengerechnet - was der Hauptgrund für die Initiative sein dürfte.

Der Verband ist der Meinung, dass es in Deutschland und Europa an politischem Wille fehle, um das Thema mit der nötigen Stringenz anzugehen. Auch deswegen versucht er Druck aufzubauen und hat dabei gleich acht konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Vieles davon ist nicht neu, wie der BdB selbst einräumt. Die Forderungen lauten im Einzelnen: effizientere EU Wertpapiermärkte, Insolvenzrecht gezielt harmonisieren, Anlegerschutz mit Augenmaß, Verbriefungsmarkt stärken, Sandboxes schaffen, Steuerbemessungsgrundlage angleichen, Finanztransaktionssteuer absagen, Umsatzbesteuerung von Finanzdienstleistern überarbeiten.

Vor allem der Agenda-Punkt "Verbriefungsmärkte stärken" ist dabei wohl der mit dem größten Eigeninteresse der Banken. Laut BdB habe der Markt unter zu scharfer EU-Regulierung gelitten. Verbriefungen werden von Politik und Regulatoren seit dem Lehman-Knall sehr misstrauisch und mit Argusaugen beobachtet. Der BdB hat recht damit, wenn er sagt, dass dabei zu wenig differenziert wird. Dennoch ist das Misstrauen auf der anderen Seite nicht wirklich verwunderlich. Ob dann dabei die Forderung des Verbandes, die Offenlegungspflichten bei privaten Verbriefungen zu reduzieren und damit die Transparenz wieder rückzubauen, taktisch das richtige Vorgehen ist, darf bezweifelt werden. Es könnte erst recht wieder die Misstrauensreflexe beim Gesetzgeber auslösen und damit das Gegenteil bewirken. Auch das Argument, dass bei privaten Verbriefungen ja nur Profis kaufen, zieht auch nicht so richtig, waren es doch gerade die Profis in der Subprime Krise, die undurchsichtige Verbriefungen in gigantischen Volumina kauften.

Das Bemühen der BdB-Verantwortlichen ist aller Ehren wert. Doch ob es der 8-Punkte-Plan wirklich schafft, die deutsche Politik aus ihrer Lethargie zu reißen, erst recht bei Themen, die bekanntermaßen nicht oberste Priorität der Regierung genießen, ist mehr als fraglich. Dafür ist die politische Führung derzeit viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

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