Redaktionsgespräch mit Frank Metzner

"Ein großer Unterschied zeigt sich in der Haltung junger Leute zur Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben"

Frank Metzner, Sparkassenverband Baden-Württemberg, Leiter Sparkassenakademie, Stuttgart

Das soziale Lernen, die emotionale Kompetenz, die Aneignung von Führungsqualitäten und nicht zuletzt das Methodentraining lassen sich besser in Präsenzveranstaltungen vermitteln. Mit dieser Erkenntnis rückt Frank Metzner von Vorstellungen ab, alle Elemente eines modernen Personalmanagements über E-Learning abdecken zu können. Stattdessen plädiert er für einen klugen Mix im Blended Learning. Durch den Imageschaden im Verlauf der Finanzkrise wie die demografische Entwicklung sieht der Leiter der Sparkassenakademie Baden-Württemberg die heutigen Bewerber in einer gestärkten Ausgangsposition und wirbt für die Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität. Zum notwendigen Maßnahmenkatalog im Sparkassensektor rechnet er im Redaktionsgespräch auch eine verbesserte Frauenförderung auf Managementebene. (Red.)

Die Sparkassenakademie Baden-Württemberg hat im März dieses Jahres in Stuttgart ihren Neubau direkt am Hauptbahnhof in Betrieb genommen. Wieso wurde im Internetzeitalter ein teurer Standort in der Stadtmitte gewählt? Ist die gute Anbindung an das Verkehrsnetz von so überragender Bedeutung?

In erster Linie war es eine Entscheidung unserer Mitgliedsinstitute für eine Präsenzakademie, denn auch im Zeitalter der Digitalisierung hat die Sparkassenakademie als Bildungszentrum die Aufgabe, als Begegnungsstätte zu fungieren. Netzwerke sollen entstehen und vertieft werden, der Erfahrungsaustausch soll gefördert werden. Natürlich war die Entscheidung für Stuttgart dann auch eine wegen der verkehrsgünstigen Lage. In den beiden Vorgängerstandorten der badenwürttembergischen Akademie in Neuhausen und Rastatt waren die Schulungsteilnehmer zu 95 Prozent mit dem Auto unterwegs, hier in Stuttgart reisen schon gut 80 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Mit Blick auf die Anbindung an die (öffentlichen) Verkehrsmittel ist Stuttgart ein Traum für die Abdeckung unseres Geschäftsgebietes. Die neue Sparkassenakademie liegt ziemlich in der Mitte des Bundeslandes und ist verkehrstechnisch aus allen Richtungen gut zu erreichen.

Andere Verbände haben ihre Bildungseinrichtungen eher an der Peripherie der Ballungszentren, etwa die Sparkassenakademie Hessen-Thüringen mit ihrem Campus Eppstein im Taunus. Klappt die Team-Bildung in solchen Standorten nicht viel besser als in einer Großstadt mit zahlreichen kulturellen Angeboten?

Die Innenstadtlage im Herzen Stuttgarts bietet den Teilnehmern vor allem eines: ein attraktives, vielseitiges Freizeitangebot im kulturellen Bereich. Damit trägt sie indirekt auch zur Weiterbildung bei. Aber natürlich sind damit auch andere Herausforderungen für uns als Akademie verbunden. Für das Teambuilding braucht es neue Ideen. Die Fußballweltmeisterschaft konnten unsere Teilnehmer zum Beispiel gemeinsam in unserem großen Konferenzsaal anschauen. Für die länderspezifische Verpflegung hat unser Caterer gesorgt. Die Nachfrage war riesig - ein tolles Beispiel, wie Teambuilding auch im Stadtzentrum funktionieren kann.

Welche Standortmerkmale zeichnen eine erfolgreiche Weiterbildungsstätte in der Kreditwirtschaft heutzutage aus?

Wichtig sind Räumlichkeiten, die eine angenehme Lernatmosphäre erzeugen - Größe und Helligkeit der Räume spielen dabei eine wichtige Rolle.

Diese haben wir hier ebenso wie eine sehr gute Klimatechnik und vor allen Dingen die neuste Präsentations- und Dozententechnik. In dem gesamten Gebäude findet sich beispielsweise nur ein Beamer im IT-Schulungsraum. Ansonsten wird bei unseren Veranstaltungen durchweg mit interaktiven LCD-Displays und Touchscreen gearbeitet. Auch mit Blick auf zukünftige Entwicklungen des virtuellen Lernens, das in Zukunft eine noch viel größere Bedeutung erlangen wird, sind wir also technisch gut ausgestattet.

Wie wichtig ist heute überhaupt noch die Präsenzpflicht? Nimmt das E-Learning nicht generell stark zu? Verschieben sich die Gewichte hin zum Selbststudium?

Natürlich registrieren wir deutliche Veränderungen. Aber gemessen an dem Hype Ende der neunziger Jahre oder Anfang 2000, als man glaubte, nahezu alle Lerninhalte über E-Learning abdecken zu können, ist man heute wieder bei einem realistischen Maß angekommen. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass wir alles rund um das soziale Lernen, emotionale Kompetenz, Methodentraining und die Aneignung von Führungsqualitäten besser in Präsenzveranstaltungen abdecken sollten. Fachwissen hingegen lässt sich je nach Themengebiet auch gut im Eigenstudium lernen. Es geht heute beim sogenannten Blended Learning mehr und mehr darum, den richtigen Mix zwischen Selbststudium und Lernen vor Ort in der Gruppe zu finden.

Diesen Erkenntnissen tragen wir insbesondere mit unseren Angeboten im Ausbildungs- und Studiengangsbereich Rechnung. Unseren Studiengängen wird eine Phase des onlinebasierten Selbststudiums vorgeschaltet, um alle Teilnehmer auf einen vergleichbaren Wissensstand zu bringen. Aber danach macht es Sinn, in Teams zu arbeiten, von anderen zu lernen, ein Stück weit kollegiale Beratung in Anspruch zu nehmen und sich auszutauschen. Die richtige Mischung bringt den Erfolg. Wir werden noch eine weitere Verlagerung in Richtung virtuelles Lernen erleben, aber alleine wird dieses Format niemals reichen.

Haben die Lernenden heute die Grundvoraussetzungen, um mit den neuen technischen Möglichkeiten umzugehen oder müssen Sie an dieser Stelle ebenfalls für ein gleiches Ausgangsniveau sorgen?

Gerade die längeren Studiengänge werden vermehrt von jungen Leuten im Alter von Anfang 20 bis Mitte 20 wahrgenommen. Und die haben in aller Regel eine ungeheure Affinität zur Technik, von Smartphones bis hin zu Tablets. An dieser Stelle muss man nicht mehr schulen, sondern es wird im Gegenteil erwartet, dass die privat genutzte Technik auch in den Lernkontext einbezogen wird.

Dem tragen wir in diesem Bereich absolut Rechnung, wir könnten in kurzer Zeit auf reines i-Pad-Learning umschwenken und die Geräte mit der Technik in den Seminarräumen vernetzen. Aber momentan fehlt es noch an einem wichtigen Element des klassischen Lernens mit Ordnern: Es ist bei Tablets noch schwierig, schnell und umfangreich, wichtige Notizen an einem Text anzubringen und wesentliche Passagen hervorzuheben. Vielleicht schon in einem Jahr werden wir allerdings die technischen Möglichkeiten sehen, mit speziellen Stiften die notwendigen Randnotizen zu machen. Im Prinzip können dann die dicken Ordner eingestellt werden. Das schafft schon auf absehbare Zeit ganz neue Möglichkeiten für das Lernen mit dem i-Pad - man kann beispielsweise Lernvideos einstellen oder Grafiken sukzessive erklärend aufbauen.

Werden die Lernmaterialien von jeder Sparkassenakademie selbst entwickelt oder schafft der DSGV beziehungsweise der Sparkassenverlag zentral diese Möglichkeiten und Materialien für alle Sparkassenregionen?

Für die Langzeitstudiengänge und teilweise auch für die bundesweit harmonisierten Fachseminare gibt es ein Grundcurriculum für alle Sparkassenregionen, das beim DSGV beziehungsweise beim DSV unter Einbindung der Regionalakademien erarbeitet worden ist. Darüber hinaus gibt es zusätzlich noch regionale Spezifika. Bei Seminaren, Tagungen und weiteren Veranstaltungsangeboten entstehen die Inhalte in Zusammenarbeit zwischen der Sparkassenakademie und den Trainern/Dozenten beziehungsweise bei individuellen Angeboten in Abstimmung mit dem jeweiligen Institut.

Wie ist das Lernangebot der SBW-Akademie konzipiert? Will man vom Grundansatz her die Ausbildung in der eigenen Gruppe fördern, also vom Bankkaufmann über Bankfachwirt und Bankbetriebswirt bis hin zu den Bachelor- und Masterstudiengängen? Oder ist die S-Gruppe auch offen für Quereinsteiger von externen Kreditinstituten?

Grundsätzlich bietet die Sparkassenorganisation das gesamte Aus- und Fortbildungsspektrum an bis hin zur Erlangung von akademischen Titeln. In Baden-Württemberg bieten wir beispielsweise ab dem kommenden Jahr unter dem Namen "Bachelor Select" ein eigenes duales Hochschulstudienprogramm in Kooperation mit der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe. Jeder hat somit die Möglichkeit, sich innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe weiterzubilden - vom Auszubildenden bis zum Vorstand - ein Angebot, das bei Weitem nicht alle Kreditinstitute bieten können.

Natürlich gibt es aber immer auch die Möglichkeit für Quereinsteiger externer Kreditinstitute. Je nach Vorbildung und beruflicher Qualifizierung ist eine nahtlose Eingliederung in die Bildungsarchitektur der Sparkassen-Finanzgruppe möglich.

Wie ist die Verbindung Ihres Hauses zu den Hochschuleinrichtungen im Sparkassensektor, etwa der Hochschule für die Sparkassen-Finanzgruppe in Bonn?

Im Kontext der Bildungsarchitektur der Sparkassen-Finanzgruppe gibt es neben den regionalen Sparkassenakademien zwei weitere zentrale Bildungseinrichtungen. Klassisch führt der Weg über unsere Studiengänge Bankfachwirt und den Bankbetriebswirt zum Lehrinstitut der Management-Akademie. Das Gesamtprogramm umfasst im ersten Studienabschnitt den Abschluss "diplomierter Sparkassenbetriebswirt" sowie bei Weiterführung des Studiums den akademischen Abschluss "Master of Business Aministration". Dieser wird in Kooperation mit der Wirtschaftsuniversität Wien vermittelt. Die Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe bietet aktuell zwei Bachelor-Abschlüsse und den MBA an. Ein direkter Weg von der Ausbildung zur Hochschule ist dabei denkbar. Insbesondere für Auszubildende, die eine Realschule besucht haben, ist der Weg über unseren Studiengang Bankfachwirt interessant, weil sie damit die Zugangsberechtigung für die Hochschule erwerben können. Dieses Beispiel zeigt eindrucksvoll, dass es zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung in der Sparkassen-Organisation gibt - für jeden ist etwas dabei. Eine stärkere Verzahnung der beiden Bonner Institute wird gerade aktuell diskutiert. Man will sich gegenseitig keine Konkurrenz machen.

Wie hoch ist in Ihrem Haus der Anteil männlicher und weiblicher Absolventen in den einzelnen Ausbildungsbereichen?

Im Bereich der Bankausbildung sind in Baden-Württemberg aktuell rund 55 Prozent der Auszubildenden weiblich. Bei unserem Studienangebot zum Bankfachwirt ist der Anteil der Frauen mit 60 bis 65 Prozent etwas höher.

Gelten solche Quoten auch für die hochschulnahen Segmente?

Allgemein kann man das so nicht sagen. Es ist eine leichte Verschiebung in Richtung männlicher Teilnehmer zu erkennen, jedoch ist auch bei unserem Studiengang Bankbetriebswirt der Anteil der Frauen noch etwas höher, wenn auch nicht mehr so eindeutig wie beim Bankfachwirt.

Das führt zwangsläufig zum Stichwort Frauenquote. Ist das Thema trotz der guten Basis zu Beginn der Ausbildung für die Sparkassenorganisation relevant?

Wenn man das an der Zahl der Frauen misst, die auf dem Vorstandsniveau ankommen, stellt sich die Frage durchaus. Wir haben viel zu wenige Frauen in Top-Managementpositionen und bilden in dieser Hinsicht keinerlei Unterschied zu andern Bankengruppen oder zur Wirtschaft allgemein in Deutschland. Das Problem ist erkannt. Es gibt diverse Projekte, um Frauen verstärkt in Führungspositionen zu bringen.

Welche Möglichkeiten hat Ihr Haus an dieser Stelle, nur den Appell?

Wir haben durchaus Weiterbildungsmöglichkeiten speziell für Frauen in Führungspositionen, sprich Seminare, Workshops, Trainings. Letztlich ist aber an dieser Stelle der Kulturwandel in den Häusern gefragt und auch mal Mut. Es findet sich nicht in allen Häusern die Bereitschaft, Führungspositionen auch in Teilzeit zu vergeben. Meiner persönlichen Sicht der Dinge entspricht das nicht, es muss hier ein Umdenken in der Gruppe stattfinden.

Auch das Coaching steht auf der Agenda der Personalentwicklung, zumindest an der Schwelle zum Hochschulstudium. Spielt das in der Sparkassenakademie Baden-Württemberg eine Rolle?

Durchaus, wir bieten Coaching als Personalentwicklungsdienstleistung an. Einerseits coachen die Personalentwicklungs-Berater der Akademie Führungskräfte und Mitarbeiter der Sparkassen. Wir vermitteln speziell für das Vorstandscoaching und im Vertrieb aber auch externe Dienstleister.

Wieso steht hinter den Ausbildungsgängen zum Bankfachwirt und zur Bankbetriebswirtin der Hinweis SBW? Ist die Qualität dieses Ausbildungsgangs etwa von S-Region zu S-Region unterschiedlich?

Das Kürzel steht in der Tat nur hinter den beiden genannten Studiengängen, also nicht hinter der Ausbildung zum Bankkaufmann. Letzterer Berufsabschluss ist in allen Regionen vergleichbar. In den beiden Studiengängen gibt es den Hinweis auf die Akademie, die diese Qualifikation abgenommen hat. Es zeigt, mit welcher Ausrichtung das Kerncurriculum durchgeführt wird, zum Beispiel wie viel Selbstlerntraining und wie viel Präsenztraining gefordert wird, wie viel auf Blended Learning gesetzt wird oder welches Gewicht auf den Vertriebsakzent gelegt wird. Das alles liegt noch stark in der Entscheidung der Regionalakademien.

So wie Sie das ausgedrückt haben, ist es offenbar nicht so schlecht, wenn hinter dem Ausbildungsgang Bankbetriebswirt noch das SBW steht ...

Das stimmt!

Ihre Akademie bietet die Ausbildungsformate meist in zwei Formen an, nämlich einer komprimierten Variante mit höherer Präsenzpflicht und einer gestreckten Variante.

Von den Inhalten her sind das vergleichbare Angebote. Es stellt sich nur die Frage, ob der Teilnehmer oder die entsendende Sparkasse eher auf das Blockmodell setzt mit einem komprimierten Lernen in der Akademie und entsprechend Abwesenheit vom Arbeitsplatz in der Sparkasse. Oder die Teilnehmer entscheiden sich für ein modulares Angebot mit den Veranstaltungen der

Akademie an Samstagen. Letzteres hat den Vorteil, einer ständigen Verfügbarkeit für ihre Sparkassen und den Nachteil eines verkürzten Wochenendes. Wir haben beide Varianten im Angebot, weil wir auf die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Teilnehmer wie auch ihrer Häuser eingehen müssen und wollen.

Gibt es Ihrer Erfahrung nach Qualitätsunterschiede beider Modelle? Bringt die Kurz- oder die Langzeitvariante bessere Absolventen hervor?

Grundsätzlich haben die Teilnehmer in beiden Varianten die gleichen Chancen, was das Erzielen guter und sehr guter Leistungen betrifft. So kam die beste Absolventin des Studiengangs Bankbetriebswirt in diesem Jahr aus einer modularen Variante mit der Durchführung an Wochenenden - im letzten Jahr war es ein Teilnehmer aus der Veranstaltung, die in Vollzeit durchgeführt wurde (Blockvariante). In beiden Varianten ist alles möglich.

Inwiefern haben sich die Anforderungen an Bank- und Sparkassen-Mitarbeiter in den vergangenen Jahren gewandelt. Welche Ihrer Angebote wurden zuletzt ausgebaut, welche sind besonders gefragt?

Die ganzheitliche Kundenberatung ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Fachkenntnisse allein, etwa in der Kredit- und Wertpapierberatung, reichen nicht aus. Sie müssen für die Kunden gut umgesetzt werden und sehr gut nachvollziehbar sein - die komplexer gewordene Finanzwelt macht dies erforderlich. Insofern schauen wir schon seit mehreren Jahren explizit auf den Beratungsprozess und seine Abläufe.

Seit drei oder vier Jahren ist zudem das Thema Regulatorik sehr bestimmend. Aspekte wie die WpHG-Mitarbeiteranzeige-Verordnung oder die umfangreiche Dokumentation des gesamten Beratungsprozesses nehmen gravierend zu und müssen in unsere Schulungskonzepte einfließen. Das wird uns sicher auch in den kommenden Jahren begleiten. Das nimmt uns schon sehr in Beschlag, viel mehr als die Ausbildung in den klassischen Produkt- und Dienstleistungssegmenten der Sparkassen.

Haben Sie dabei den Anspruch, diese Kenntnisse und Erfahrungen über die Akademie in die Banken hineinzutragen?

Natürlich haben wir diesen Anspruch, aber diese Dinge sind ohnehin schon sehr stark in den Sparkassen verankert. Der Gesetzgeber, die BaFin, die EZB und die Prüfungsstellen der jeweiligen Häuser haben dieses Feld allesamt sehr gut im Blick. Bei Bedarf werden diese Themen von uns in Weiterbildungsmaßnahmen aufgefrischt beziehungsweise auf den aktuellen Stand gebracht. Es gibt dazu in der Akademie regelmäßig ein- bis zweitägige Fachveranstaltungen.

Ist die Finanzbranche in den vergangenen Jahren aufgrund ihres verschlechterten Images für Berufseinsteiger uninteressanter geworden? Sind die Klagen berechtigt?

Das Image der Finanzdienstleistung hat in den letzten sechs Jahren eindeutig gelitten. Auch wenn die Sparkassen und Genossenschaftsbanken vordergründig die Gewinner der Krise sind, weil sie an den bekannt gewordenen spekulativen Geschäften nicht oder nur wenig beteiligt waren, wird es für beide Verbünde gleichwohl schwieriger, neue Mitarbeiter zu gewinnen. Das hat ohne Frage mit Demografie zu tun, aber ganz sicher auch mit dem Ansehen des Berufs. Das Renommee des Bankers ist im unteren Drittel der Berufsgruppen angekommen.

Mit dieser Veränderung haben die Institute bei der Gewinnung von Nachwuchs eindeutig zu kämpfen. Früher hatten wir 20 oder 25 oder gar 40 Bewerber auf eine Stelle, jetzt sind die Quoten auf zehn bis drei Bewerber auf eine Stelle zurückgegangen. Das Thema Arbeitgeberattraktivität wird damit immer wichtiger. An dieser Stelle positionieren wir uns als Sparkassenakademie und beraten die Häuser bei der Entwicklung einer attraktiven Arbeitgebermarke.

Wie erleben Sie die Qualifikation der Bewerber? Ist diese vergleichbar mit dem Standard von vor zehn oder fünfzehn Jahren oder stellen Sie Defizite in den schulischen Grundlagen fest - oder vielleicht auch eine Verbesserung?

Letzteres auf keinen Fall. Aber die landläufige Auffassung, früher war alles besser, kann man auch nicht unterstreichen. Es gibt ein ähnliches fachliches Niveau, allerdings sind die jungen Leute mit Blick auf das Allgemeinwissen ein bisschen uninteressierter als früher - um es vorsichtig auszudrücken.

Ein großer Unterschied zeigt sich aber in der Haltung dieser Generation zum Thema Arbeit und zur Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Die derzeit jüngsten Bewerber auf dem Arbeitsmarkt haben einen starken Fokus auf das Angebot des Arbeitgebers für die eigene Lebensplanung. Habe ich die Möglichkeit, mich hier weiter zu entwickeln? Kann ich hier lange und intensiv lernen und mich weiterbilden? Solche Fragen bedeuten schon einen großen Unterschied zu früher. Man fragt nicht, was kann ich für das Unternehmen tun, sondern was tut das Unternehmen für mich. Dieser Anspruch an den Arbeitgeber markiert schon einen grundlegenden Wandel.

Haben die Sparkassen in Baden-Württemberg diese Veränderungen in ihrem Personalmanagement schon verinnerlicht?

Ein Großteil der Sparkassen ist hier schon sehr gut unterwegs beziehungsweise arbeitet aktuell an dem Thema. Im Vordergrund stehen dabei jedoch nicht nur einzelne Maßnahmen, die umgesetzt werden müssen. An manchen Stellen bedarf es auch Veränderungen im kulturellen Bereich einzelner Institute. Das ist ein Prozess, den wir als Sparkassenakademie beratend begleiten. Dazu gehört auch ein bisschen Überzeugungsarbeit insbesondere dann, wenn die Forderungen der jungen Generation so gar nicht zu dem bisher Bekannten passen. Es ist notwendig, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Denn die heutige Generation kann es sich angesichts der Demografie erlauben, andere Forderungen zu stellen.

Gibt es in Ihrem Haus spezielle Aus- und Weiterbildungskonzepte für Vorstände?

Unsere Zielgruppe reicht vom Auszubildenden bis zum Vorstand. Das Segment der Vorstandsqualifizierung wollen wir aber in Zukunft noch weiter ausbauen.

Haben Sie einen Ausbildungsauftrag für Verwaltungsräte? Welche Inhalte vermitteln Sie an dieser Stelle?

Neue Verwaltungsräte werden mit einem speziellen Programm in ihre Aufgaben, Rechte und Pflichten eingeführt, erhalten also zunächst einmal einen Überblick. Je nach Bedarf der Sparkassen geht es darüber hinaus um die fachliche Ausbildung, mit regelmäßigen Informationen über Neuerungen der Gesetzgebung, der Regulatorik und der aktuellen Entwicklungen im Bankgeschäft. Das ist eine Art Pflichtausbildung für Verwaltungsräte.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X