Blickpunkte

Girokonto - Der McDonald's-Effekt

Um den Gedanken des Sparens weltweit im Bewusstsein zu halten und auf dessen Bedeutung für die Volkswirtschaft und den Einzelnen hinzuweisen, beschloss die Weltvereinigung der Sparkassen auf ihrem Kongress im Oktober 1924, alljährlich einen "International Saving Day" zu veranstalten. 88 Jahre später ist der Weltspartag insbesondere in ländlichen Regionen nach wie vor ein tolles Ereignis. Vielfach werden von Banken und Sparkassen Werbegeschenke verteilt. Kinder und Jugendliche bringen an diesem Tag gerne gefüllte Spardosen zu den Kreditinstituten, da es meistens Geschenke in Form von Kuscheltieren, Spielen oder Büchern gibt. Einige Banken küren auch gleich die ganze Arbeitswoche zur Sparwoche oder wollen mit einer "langen Nacht des Sparens" Berufstätige anlocken. Vor allem regionale Kreditinstitute sehen in dem Weltspartag eine große Chance, in die Kunden der Zukunft zu investieren. Eine solche Chance wollte in diesem Jahr auch die Stadtsparkasse München nutzen und präsentierte anlässlich des Weltspartages ein neues Kontomodell speziell für Kinder und Jugendliche. Das sogenannte "mitwachsende" Girokonto soll die Heranwachsenden mit unterschiedlichen Leistungspaketen für jede Altersgruppe begleiten. Mit kostenloser Kontoführung, attraktiven Guthabenzinsen sowie der Mitgliedschaft im Knax-Club will man bereits die Jüngsten zu überzeugten Sparkassenkunden machen. Neu ist ein solches Konto sicherlich nicht. Bereits seit Jahren gibt es bei zahlreichen Volks- und Raiffeisenbanken das VR-Size-Konto, das ebenfalls das Kind bis ins Erwachsenenalter durch alle Lebensphasen begleiten soll. Und auch die privaten Banken bieten Kindern und Jugendlichen spezielle Konten an, um Kunden bereits im jungen Alter eng an sich zu binden. Dabei spekulieren die Institute auf den nach wie vor existierenden Klebeeffekt: Kunden behalten ihr Girokonto oftmals ein Leben lang bei der Bank, bei der sie es zuerst eingerichtet haben. Darüber hinaus ist das junge Klientel aber auch vom Einlagevolumen her gar nicht so uninteressant. Nach einer Umfrage des Egmont-Ehapa-Verlages stehen der Zielgruppe der 6- bis 13-Jährigen im Jahr 2012 insgesamt 2,87 Milliarden Euro an Taschengeld und Geldgeschenken zur Verfügung. Um sich von diesem Kuchen ein gehöriges Stück abzuschneiden, gibt es bei fast allen Instituten deshalb auch höhere Einlagenzinsen als für "erwachsene" Girokonten. Zentrales Element bei den Kinderkonten scheint inzwischen allerdings weniger das Girokonto an sich zu sein, als vielmehr das Geschenk, das man bei Eröffnung, regelmäßiger Nutzung oder eben anläss lich des Weltspartages erhält. Um sich hier von der Masse abzuheben, reichen offenbar Comic-Hefte mittlerweile nicht mehr aus. So spendiert etwa die Hypovereinsbank für jede dritte Einzahlung über zehn Euro ein Lego-Präsent, und auch die Volks- und Raiffeisenbanken rüsten mit dem Scheckheft im VR-Size-Club auf. Dass es hier jüngst einen McDonald's-Gutschein in Höhe von zwei Euro gab, unterstreicht einmal mehr die Herausforderungen für die Eltern. Wie bei den Offerten der Fastfood-Kette müssen die Erziehungsberechtigten auch bei der Auswahl des Kinderkontos im Blick behalten, ob das Angebot unabhängig von den Geschenken gut und sinnvoll ist. KD

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