Öffentlichkeitsarbeit

Vorstandskommunikation prägt die Reputation

Seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko sind Unternehmenslenker verstärkt in die Kritik geraten. Ein wesentlicher Vorwurf lautet, dass das jeweilige Management im akuten Krisenstadium unangemessen Stellung nahm, die Situation herunterspielte oder sie durch Schweigen auszusitzen versuchte.

Diese beiden aktuellen Beispiele, die stellvertretend für viele weitere Negativ-Beispiele stehen, zeigen die Missstände im heutigen Wirtschaftssystem auf: Viele Führungskräfte sind heute trotz hoher Prämien und Vergütungen nicht mehr gewillt, Ver antwortung für das eigene Tun und Handeln zu übernehmen. Hinzu kommt eine gewisse Arroganz, anderen (gewöhnlichen) Marktteilnehmern - auch bei schwerwiegenden Krisen - keine Rechenschaft schulden zu müssen.

Dominiert wird das Handeln von Führungskräften vielmehr durch ein starkes Gewinnstreben, kurzfristige Planungshorizonte, falsche Vorbilder und Selbstverliebtheit, die letztendlich das Klima für unverantwortliche Handlungsweisen schaffen und dazu führen, dass die gesellschaftliche und soziale Verantwortung zu einem Fremdwort für die oberste Managementebene wird.

Viele Manager sind zudem der Meinung, dass keine Notwendigkeit besteht, sich im Rahmen des unternehmerischen Kontextes zu positionieren, weil sie nicht im Dienste des Unternehmens stehen, sondern das Unternehmen sich ihren Entscheidungen zu unterwerfen hat. Eine solche Denk- und Handlungsweise ist jedoch lediglich von kurzfristiger Natur und kann unter Umständen den unternehmerischen Erfolg kosten. Unterschätzt wird nämlich die Tatsache, dass die Zahl der Akteure, die kritische Vorgänge anprangert, zunehmend wächst.

Kriseneskalation durch fehlende oder falsche Unternehmenskommunikation

Krisen sind jedoch keine Phänomene, die sich nur auf Unternehmen in bestimmten Branchen oder einer bestimmten Größenordnung konzentrieren. Vielmehr ist heute jedes Unternehmen, das öffentlich auftritt und im nationalen beziehungsweise internationalen Wettbewerb steht, potenziell gefährdet, in eine Krise zu geraten. Für Führungskräfte ist es deshalb ratsam, sich bereits vor dem Eintritt von unvorhersehbaren Ereignissen Gedanken über die Unternehmenskommunikation zu machen und die zentralen Aspekte, die im Umgang mit den Medien eine Rolle spielen, zu berücksichtigen.

Denn unterbleibt eine effektive Unternehmenskommunikation oder werden Äußerungen, Ansichten und Meinungen des Managements unprofessionell nach Außen getragen, kann eine beginnende Krise schnell eskalieren und das Unternehmen in akute Schwierigkeiten bringen. Besonders dramatisch wird es, wenn Kunden zur Konkurrenz abwandern, weil sie dem Unternehmen nicht mehr vertrauen beziehungsweise die Vorgehensweise des Unternehmens nicht tolerieren. Vorstandskommunikation prägt die Reputation

In einer aktuellen Studie, die die TÜV Rheinland Consulting GmbH in Kooperation mit dem Zentrum für Evaluation und Methoden der Universität Bonn (ZEM) im Auftrag der Beratung für Management und Kommunikation C. Wüst & Partner im Juli und August 2010 in Form einer Onlinebefragung durchgeführt hat, wurden 332 Journalisten/Analysten als Bindeglied und kritischer Filter zwischen Unternehmen und der Öffentlichkeit zur Geschäftsführer- beziehungsweise Vorstandskommunikation befragt.

Ein zentrales Ergebnis ist, dass die Bedeutung der Geschäftsführer- beziehungsweise Vorstandskommunikation eine immer wichtigere Rolle für den Erfolg eines Unternehmens spielt und die in der Öffentlichkeit wahrgenommene Führungskompetenz die Reputation und das Image eines Unternehmen maßgeblich beeinflussen kann. Allerdings besteht im Bereich der Medienpräsenz deutlicher Nachholbedarf.

Um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, wodurch sich eine erfolgreiche Unternehmenskommunikation auszeichnet, wurden den Journalisten/Analysten 23 Aspekte genannt, die sie auf einer vierstufigen Skala von unwichtig über eher unwichtig und eher wichtig bis wichtig einstufen sollten. Im Ergebnis kristallisierte sich eine eindeutige Rangfolge heraus.

Als besonders wichtig sehen Journalisten und Analysten die persönliche Glaubwürdigkeit der Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände bei öffentlichen Auftritten an. Die Widerspruchsfreiheit zwischen Worten und Taten und der Umgang der Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände mit den Medien erreichten die Plätze zwei und drei, gefolgt von der Empathie und Sensibilität im Umgang mit der Öffentlichkeit. Der Umgang mit Kunden und Geschäftspartnern sowie der Öffentlichkeit wurde ebenfalls als wichtig eingestuft. Eine geringe Rolle für eine erfolgreiche Unternehmenskommunikation spielen hingegen internationale Erfahrungen sowie das Alter.

Persönliche Glaubwürdigkeit als wichtigstes Führungsprinzip

Eine weitere wichtige Frage bezog sich auf den Sachverhalt, was einen guten Manager in Bezug auf die externe Unternehmenskommunikation auszeichnet. Wesentliches Ergebnis war, dass der am häufigsten begangene Kommunikationsfehler aus Sicht von Journalisten/Analysten der Widerspruch zwischen Worten und Taten ist. Die persönliche Glaubwür-dig-keit nimmt daher - wie bereits auch die ersten Frage unterstrichen wurde einen hohen Stellenwert als Führungsprinzip ein. Weitere Kommunikationsfehler betrafen

die Bagatellisierung gravierender Ereignisse,

arrogantes Auftreten in den Medien

sowie den unsensiblen Umgang mit der Öffentlichkeit.

Durch einen ehrlichen und offenen Umgang der Geschäftsführer beziehungsweise Vorstände mit den Journalisten kann sich erhebliches Verbesserungspotenzial in der Arbeitsbeziehung ergeben. Eine transparente Darstellung der Geschäftsprozesse trägt nach Meinung der Journalisten ebenfalls zu einer verbesserten Arbeitsbeziehung bei, gefolgt von einem regelmäßigen persönlichen Kontakt sowie dem Einsatz technisch vermittelter Kommunikation (zum Beispiel über Newsletter, Blogs, Twitter oder Facebook).

Die internationale Wirtschafts- und Finanzmarktkrise hat eindrucksvoll gezeigt, dass viele Manager es immer häufiger versäumen, einer kritischen Situation mit Bedachtsamkeit und Charakter zu begegnen und damit die gesellschaftliche Dimension ihres unternehmerischen Handelns deutlich unterschätzen. Die dadurch entstehenden wirtschaftlichen Folgen können jedoch schwerwiegend sein und sehr lange nachwirken.

Prädestinierte Beispiele für eine schlechte Unternehmenskommunikation liefern beispielsweise nach wie vor die Deutsche-Bank-Chefs Hilmar Kopper und Josef Ackermann, die der Deutschen Bank durch ihre unüberlegten Verhaltensweisen erheblichen Schaden zufügten. So bezeichnete Hilmar Kopper im Jahr 1994 auf einer Pressekonferenz die Schadenssumme von rund 50 Millionen DM als Peanuts, während Josef Ackermann vor Gericht das Victory-Zeichen machte und damit (ob bewusst), oder unbewusst, dokumentierte, dass ihm die Gesetze nicht viel anhaben können.

In der jüngeren Zeit haben hingegen der ehemalige BP-Chef Tony Hayward sowie die Deutsche Bahn für Schlagzeilen gesorgt, die nur wenig Mitgefühl mit der Umwelt beziehungsweise ihren "überhitzten" Fahrgästen zeigten.

Sparkassen und Deka-Bank mit positivem Image

Allerdings sind auch viele Positiv-Beispiele zu nennen. So etwa die Sparkasse München, deren Pressestelle als kommunikativ und hilfsbereit gilt, sowie die Frankfurter Sparkasse, die schnelle Antworten und Stellungnahmen auch außerhalb ihrer offiziellen Statements gibt und sich stets um Transparenz bemüht. Als äußerst positiv wird von den befragten Journalisten zudem die Pressestelle der Deka-Bank eingestuft, die mit Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und der Vermittlung adäquater Ansprechpartner punkten kann. Diese Positiv-Beispiele zeigen, dass es mittlerweile auch Unternehmenslenker gibt, die begriffen haben, dass eine transparente Unternehmenskommunikation die Basis für weiteren wirtschaftlichen Erfolg schafft und dass Verantwortung nicht nur als ein moralisches Ideal, sondern durchaus praktisch zu verstehen ist sowie Nachhaltigkeit, also das Denken in zumindest mittleren Fristen verlangt.

Prof. Dr. Diethard B. Simmert , Studiengangsleiter Finance & Management , International School of Management (ISM), Dortmund, Frankfurt am Main
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