IDD-Umsetzung: Bürokratie auf Kosten des Beratungsangebots?

Quelle: Bundeswirtschaftsministerium

Am 23. Oktober 2017 hat das Bundeswirtschaftsministerium einen Entwurf für eine Verordnung zur Umsetzung der IDD vorgelegt, der noch innerhalb der Bundesregierung abgestimmt und dann dem Bundestag zur Zustimmung vorgelegt werden muss.

Der Entwurf bringt die noch ausstehenden Anforderungen an Versicherungsvermittler und konkretisiert unter anderem, wie die Weiterbildung in der Branche erfolgen soll. Besonders hier sieht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Berlin, Änderungsbedarf.

Lernerfolgskontrollen nicht immer praktikabel

Kritikpunkt Nummer 1 sind verpflichtende Lernerfolgskontrollen für jede einzelne Weiterbildungsmaßnahme. Diese Vorgabe geht nicht nur über eine Eins-zu-Eins-Umsetzung der IDD hinaus. Sondern sie macht auch keine Unterschiede nach Lernformaten. So ist etwa eine Lernerfolgskontrolle bei der Teilnahme an Vorträgen oder Konferenzen kaum möglich, obwohl auch diese unbestreitbar der Fortbildung dienen.

Der GDV verweist auch auf einen Entschließungsantrag des Bundesrats zum IDD-Umsetzungsgesetzes vom 7. Juli 2017, in dem die Länderkammer ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass bei der Konkretisierung der Weiterbildungspflicht in der VersVermV auf unverhältnismäßige Anforderungen verzichtet werden soll. Die Konkretisierung der Weiterbildungsanforderung in der Rechtsverordnung solle mit Augenmaß erfolgen und unnötige bürokratische Belastungen, wie unverhältnismäßige formale Anforderungen an Formate, Dokumentation und Nachweis der Weiterbildung, vermeiden, heißt es in der Entschließung.

Kritikpunkt zwei der Assekuranz ist die jährlich abzugebende, detaillierte und formalisierte Erklärung über die erfolgte Weiterbildung gegenüber den Industrie- und Handelskammern. Auch diese regelmäßige Erklärung in dem vorgesehenen Detaillierungsgrad würde die Bürokratie in den Vermittlerbetrieben erheblich verstärken. So müssten etwa für einen Mitarbeiter, der die 15 Stunden Weiterbildung in 15 Einzelstunden absolviert, 15 Lernmaßnahmen gemeldet werden, was auch zu hohem Prüfaufwand bei den IHKs führen würde.

Anwesenheitsbescheinigungen beim E-Learning?

Auch die inhaltlichen Anforderungen an die Weiterbildung sind nach Einschätzung des GDV zu eng gefasst und stellen zu sehr die Fachkompetenz in den Vordergrund, während die kommunikativen und sozialen Kompetenzen, die für die Beratungskompetenz ebenfalls erforderlich sind, nicht genügend Beachtung finden.

Wenig praxistauglich scheinen zudem die Vorgaben für die Planung und Organisation von Weiterbildungsmaßnahmen. So wird beispielsweise vorgegeben, dass die Teilnehmer eine schriftliche Einladung in Textform erhalten, was zum Beispiel bei selbstgesteuertem E-Learning wenig praktikabel scheint. Gleiches gilt für die Bescheinigung der Anwesenheit.

Weniger Beratungsangebot?

Unter dem Strich wird mit den Vorgaben des Verordnungsentwurfs aus Sicht der Assekuranz der Fokus auf die Verwaltung der Weiterbildung gelegt, während der notwendige Spielraum für die zugelassenen Lernformen und -formate fehlt. Dies wird vor allem deshalb kritisiert, weil die Branche schon ohne gesetzlichen Druck mit der frei willigen Weiterbildungsinitiative "gut beraten" in die Beratungsqualität investiert hat. Ein starres Korsett detaillierter administrativer Vorgaben wird deshalb als falscher Weg zum richtigen Ziel bezeichnet.

Denn durch überbordende Bürokratie sieht der GDV die Gefahr, dass aus Wirtschaftlichkeitsgründen viele bisher in der Kundenberatung tätige Personen künftig von der Vermittlungstätigkeit ausgeschlossen werden könnten. Dann würde der beabsichtigte Verbraucherschutz zu einer Reduktion des Beratungsangebots führen, wie es in der Wertpapierberatung teilweise schon zu beobachten ist. Diese Sorge der Assekuranz dürfte insofern nicht gänzlich von der Hand zu weisen sein.

Gold-Plating bei Informationspflicht über Beratungsangebot

Wie es der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung europäischer Vorgaben gerne tut, gibt es auch im Entwurf der Versicherungsvermittlungsverordnung einige Punkte, die im Sinne des immer wieder kritisierten "Gold-Plating" über die europäischen Vorgaben hinausgehen.

Das betrifft zum Beispiel die verpflichtende Information darüber, dass eine Beratung angeboten wird (§ 15 Abs. 1 Nr. 4). Tatsächlich muss gemäß Art. 18 lit. a) ii) IDD darüber informiert werden, ob eine Beratung angeboten wird. Weil die IDD auch den beratungsfreien Verkauf zulässt, ist diese Informationspflicht durchaus nachvollziehbar. Der deutsche Gesetzgeber lässt jedoch einen Verkauf ohne Beratung gar nicht zu. Deshalb hat die genannte Regelung nicht nur keinen erkennbaren Mehrwert. Sondern sie trägt eher zur Verwirrung bei. Zudem sieht der GDV hier mögliche Konflikte mit dem Wettbewerbsrecht. Wettbewerbsrechtlich könnte die Information über das Beratungsangebot nämlich als "unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten" bewertet werden.

Lebensversicherung: einheitliche Standmitteilungen

Zu den Anforderungen, die in der EU-Richtlinie IDD nicht angelegt sind, zählen darüber hinaus:

- ein vorgegebener Inhalt für die Standmitteilung in der Lebensversicherung mit Überschussbeteiligung,

- zusätzliche Transparenzvorschriften und Maßnahmen für Restschuldversicherungen, die den Vertrieb verbraucherfreundlicher gestalten sowie

- die Festschreibung des Provisionsabgabeverbots.

Diese Punkte scheinen verhältnismäßig unstrittig. Dass bei den Standmitteilungen eine bessere Vergleichbarkeit wünschenswert wäre, hat die Branche ja bereits selbst thematisiert. Und mit dem Festhalten am Provisionsabgabeverbot ist eine wichtige Forderung der Vertriebe erfüllt worden.

Bei der Information über Art und Quelle der Vergütung weicht der Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft bei der Definition der Vergütungen von der IDD ab. in § 15 Abs. 1 Nr. 7 VersVermV-E wird der Vermittler dazu verpflichtet, darüber zu informieren, ob er als Vergütung "Zuwendungen" erhält - definiert als alle Geldleistungen wie Provisionen oder Gebühren und alle geldwerten Vorteile. Damit wird ein Begriff eingeführt, der im Zusammenhang mit der Offenlegung der Vergütung in der IDD nicht verwendet wird. Hier fordert der GDV sicher zu Recht einen Gleichlauf der Definitionen mit der IDD und dem VAG.

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