DIGITALISIERUNG

Digital Detox im Bankgeschäft?

Rund jeder zehnte Bundesbürger (11 Prozent) hat sich vorgenommen, 2020 zeitweise bewusst auf alle digitalen Medien zu verzichten. Das zeigt eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom im November 2019 durchgeführt hat. Dabei wurden 1 003 Bundesbürger ab 16 Jahren telefonisch danach befragt, ob es Tage im Jahr gibt, an denen sie bewusst auf alle digitalen Medien verzichten und nicht für andere via E-Mail, soziale Netzwerke oder Handy erreichbar sind.

In diesem Kontext stellen sich gleich mehrere Fragen: Die erste ist die, ob die Menschen diesen Digitalentzug auch konsequent umsetzen. Darauf gibt die Bitkom-Umfrage eine Antwort. Fast jeder Vierte (24 Prozent) gab an, es mit dem Digital Detox schon einmal versucht, dies jedoch nicht durchgehalten zu haben. 7 Prozent verzichten bewusst regelmäßig für ein paar Stunden darauf, auf Twitter, Facebook oder Instagram zu gehen, zwischendurch eine Nachricht zu schreiben oder durchs Netz zu klicken. Immerhin 16 Prozent haben Digital Detox schon über einen oder mehrere Tage praktiziert.

35 Prozent haben überhaupt kein Interesse daran, auf digitale Medien zu verzichten. Dabei ist diese Einstellung unter den Jüngeren stärker ausgeprägt: 45 Prozent der 16- bis 29-Jährigen wollen immer online bleiben, bei den über 65-Jährigen ist es immer noch jeder Vierte (24 Prozent).

Nicht aus der Erhebung ablesbar ist die Frage, was genau Digital Detox konkret beinhaltet: Geht es nur um soziale Kontakte und Medienkonsum - oder auch um Dinge wie Bankgeschäfte? Werden die an digitalfreien Tagen einfach aufgeschoben? Wird für sie eine Ausnahme gemacht? Oder greifen die Menschen dann für Überweisungen oder auch Bezahlvorgänge wieder aufs Altbewährte zurück? Fällt Mobile Payment unter "Digital Detox"?

Das sind Fragen, die angesichts von gerade einmal 11 Prozent der Verbraucher, die bewusst eine Weile auf digitale Medien verzichten wollen, vielleicht noch vernachlässigbar sind. Wenn diese Quote in den nächsten Jahren ansteigen sollte, könnte das anders aussehen. Dramatisch wird dieser Anstieg vermutlich nicht sein. So hat die in der Klimadiskussion um sich greifende "Flugscham" nicht zu einem Rückgang des Flugverkehrs geführt. Und der Kaufrausch der Verbraucher im Bereich Textilien sowie der E-Commerce sind trotz der Diskussion um die damit verbundenen Umweltschädigungen ungebrochen.

Es ist somit eher unwahrscheinlich, dass die Nutzung digitaler Banking-Services dadurch zurückgeworfen wird, dass mittlerweile immer häufiger über die klimaschädlichen Folgen der Digitalisierung, vor allem über den enormen Energieverbrauch des rasant zunehmenden Datenverkehrs, gesprochen wird. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass ein Teil der bisherigen Online-Banking-Verweigerer in dieser Diskussion neue Argumente findet oder dass echte Klimaschützer, die ihr eigenes Verhalten an den erhobenen Forderungen messen, künftig vielleicht doch wieder die Filiale aufsuchen werden, um ihre Bankgeschäfte vor Ort anstatt auf dem Smartphone zu erledigen. Diese Entwicklung gilt es im Auge zu behalten.

Vor allem aber kann "Digital Detox" die Kundenkommunikation und das Marketing beeinflussen. Denn wer wirklich für eine Weile onlineabstinent ist, den erreichen Banken zum Beispiel auch mit Social-Media-Kampagnen nicht. Red.

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