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Hat sich N26 verzettelt?

Quelle: N26

Am 18. November hat N26 bekannt gegeben: Das Unternehmen wird sein Geschäft auf dem nordamerikanischen Markt einstellen. Das Angebot wird für Kunden in den USA ab dem 11. Januar 2022 nicht mehr verfügbar sein. Stattdessen will das Unternehmen seinen Fokus stärker auf das europäische Geschäft legen und hier in weitere osteuropäische Märkte expandieren. Zudem sollen neue Produkte integriert werden.

Mit Blick auf das Image des Fintech-Standorts Deutschland ist diese Entscheidung sicher zu bedauern. Denn natürlich verstärkt sie den Eindruck, dass deutsche Fintech-Unternehmen verstärkt zu Übernahmekandidaten werden, anstatt selbst zu expandieren.

Mit Blick auf die offensichtlichen Compliance-Probleme der Neobank ist die Entscheidung gleichwohl die richtige. Denn was hat es für einen Sinn, nicht nur im Heimatmarkt, sondern auch noch in Übersee den "Kundenstaubsauger" anzustellen, wenn man dann nicht in der Lage ist, die entsprechenden Identifikationsprozesse sauber abzubilden? Solange die Bankenaufsicht N26 an der Kandare hat und eine Begrenzung des Neukundenwachstums auf 50 000 Kunden pro Monat angeordnet ist, scheint es durchaus sinnvoll, sich hierbei verstärkt auf den deutschen Heimatmarkt und Europa zu konzentrieren. Und solange hierzulande noch Wartelisten für Interessenten angelegt werden, ist somit vermutlich auch die angekündigte Expansion nach Osteuropa eher Zukunftsmusik.

Noch in anderer Hinsicht scheint es für das Unternehmen ratsam, in Sachen Wachstum erst einmal auf die Bremse zu treten und stattdessen die Prioritäten zunächst an anderer Stelle zu setzen. Mag sein, dass Negativschlagzeilen wie der Hickhack rund um die Betriebsratswahlen oder selbst das Eingreifen der BaFin, von vielen (potenziellen) Kunden gar nicht so stark wahrgenommen werden. Doch auch an der

Kundenschnittstelle sind Defizite offenbar sehr deutlich geworden. Das geht zumindest aus der von Finnoconsult herausgegebenen Studie "Finnoscore 2022" heraus, die die digitale Kompetenz von Banken in Deutschland, der DACH-Region und international aus Sicht von Kunden und potenziellen Neukunden vergleicht. Hier hat N26, im Vorjahr noch Spitzenreiter im Ranking, den Siegerplatz diesmal nicht nur an die Sparda-Bank Baden-Württemberg abgeben müssen, sondern rutschte in der Rangliste gleich vom ersten auf den 17. Platz ab.

Dabei wird N26 ausdrücklich als Beispiel für Neobanken genannt, die sich in ihren Bemühungen, zum komplexeren Angebotsspektrum traditioneller Banken aufzuschließen, "verzettelt" hätten. Nach einem raschen Kundenwachstum in der Vergangenheit gingen die Bemühungen, die Produktangebote und damit auch die Website auszuweiten, der Studie zufolge deutlich zulasten der Übersichtlichkeit und der Preistransparenz. Als weiteres Manko wird die Einstellung der Chatfunktion genannt, durch die die ohnehin limitierten Möglichkeiten, mit der Bank Kontakt aufzunehmen, noch stärker reduziert wurden. Umgekehrt punktet der deutsche Sieger, die Sparda-Bank BW nicht zuletzt mit der mitunter geschmähten Banking-App Teo, die mittlerweile viele hilfreiche Zusatzfunktionen bietet. Red.

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