Sicherheit

Identitätsplattformen starten langsam

Aus Kundensicht hat die Idee auf jeden Fall Charme: ein "Generalschlüssel" fürs Internet, mit dem man sich bei allen genutzten Webshops oder Diensten einloggen kann, ohne sich eine Vielzahl unterschiedlicher Zugangsdaten merken zu müssen oder das Risiko einzugehen, das damit verbunden ist, überall die gleichen Passwörter anzugeben.

Google und Facebook haben sich des Themas längst angenommen. Weil beide aber nicht unbedingt das Vertrauen der in Sachen Datenschutz sensiblen Deutschen genießen, gibt es parallel dazu gleich zwei deutsche Initiativen: die im Mai 2017 gestartete Verimi GmbH, Berlin, und die European netID Foundation mit Sitz in Montabaur. Verimi ist im April dieses Jahres gestartet, netID am 8. November.

Der große Wurf ist es bei beiden noch nicht - vor allem mit Blick auf die Finanzindustrie. Bei Verimi sind zumindest die Deutsche Bank und die Allianz dabei, bei netID fehlen die Finanzdienstleister noch ganz.

Die Zurückhaltung der Finanzbranche ist sicher nachvollziehbar. Wo Sicherheit und Datenschutz ein so großes Asset ist, da gibt man die Hoheit über die Login-Daten vielleicht weniger leicht aus der Hand als dies ein Online-Händler tut. Es kann aber auch andere Gründe für das Abwarten geben. Zum einen hat die Branche eine Positionierung als vertrauenswürdiger "Identitätsdienstleister" für sich entdeckt - bei den Sparkassen etwa unter dem Namen Yes. Die Erschließung einer solchen möglichen neuen Ertragsquelle würde die Nutzung eines anderen Idientitätsdienstes zumindest erschweren.

Vielleicht wartet mancher Marktteilnehmer aber auch erst einmal ab, welche der beiden Allianzen sich durchsetzt und ob es nicht doch zu einem Schulterschluss kommt. Denn wie beim mobilen Bezahlen muss der Wettbewerb konkurrierender Systeme dem Durchbruch nicht in jedem Fall förderlich sein.

Einstweilen versuchen sowohl netID als auch Verimi erst einmal Nutzer und Partnerunternehmen zu gewinnen und stehen damit vor dem gleichen Henne-Ei-Problem wie etwa Paydirekt. Verimi hat dafür eine zunächst einmal auf ein Jahr angelegte Sponsoringpartnerschaft mit dem Fußball-Club Werder Bremen geschlossen. Der Verein integriert dafür das Verimi-Login in seine digitalen Angebote. Über die Plattform sollen zukünftig auch ergänzende Zahlungsmöglichkeiten bei werder.de integriert werden können. Wichtiger, um die Bekanntheit der Marke Verimi zu stärken, sind aber vermutlich Marketingmaßnahmen wie Logopräsenz und Bandenwerbung bei Heimspielen im Weserstadion. Das alles nützt aber vermutlich wenig, solange dem Kunden, der bei der Registrierung hinterlegte Kundendaten übertragen will, allein die Deutsche Bank als Option angeboten wird.

Und dennoch: Wenn Kreditinstitute in diesen Markt einsteigen wollen, dann haben sie dazu vermutlich nicht mehr viel Zeit. Sonst geht es ihnen auch damit wie mit Paydirekt und sie laufen einem verteilten Markt hinterher. Das Zeitfenster ist auf jeden Fall begrenzt. Red.

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