PLATTFORMÖKONOMIE

ING finanziert Amazon-Händler

Die ING Deutschland hat es geschafft: Als erste Bank in Deutschland ist sie mit Amazon ins Geschäft gekommen, um Händler auf der Amazon-Plattform zu finanzieren und ihnen Kredite zwischen 10 000 und 750 000 Euro mit Laufzeiten von bis zu drei Jahren zur Verfügung zu stellen. Anträge für das Programm können Verkäufer mit Firmensitz in Deutschland stellen, die bestimmte Kriterien der ING erfüllen, etwa in Bezug auf ihre Verkaufshistorie.

Das Ziel von Amazon ist klar: Da mittlerweile mehr als die Hälfte des weltweit über Amazon erwirtschafteten Handelsumsatzes von unabhängigen kleinen und mittleren Unternehmen stammt, ist es im ureigenen Interesse des Internetgiganten als Betreiber der Plattform, diesen Händlern beim Ausbau ihres Geschäfts zu helfen - Händlerfinanzierung eingeschlossen, beispielsweise für die Lagerfinanzierung.

Für die ING Deutschland, die seit 2018 in der gewerblichen Finanzierung aktiv ist, bietet sich hier reichlich Potenzial, quasi am Wettbewerb vorbei. Denn den teilnahmeberechtigten Verkäufern, die von Amazon bereits auf Basis der Händlerhistorie ausgewählt, also gewissermaßen vorselektiert werden, wird das Kreditangebot der ING auf dem Amazon-Verkäuferportal präsentiert, zum Kreditantrag werden sie dann auf die Website der Bank weitergeleitet. Im Grunde ist dieses Konstrukt spiegelbildlich zum Konsumentenkredit direkt am Point of Sale, der an den Hausbanken vorbeigeht.

Von einer Exklusivität der Vereinbarung ist in der Mitteilung nicht die Rede. Als erste Bank in Deutschland, an die der Online-Gigant Kredite vermittelt, hat die ING allerdings auf jeden Fall die Nase vorn. Und vermutlich ist davon auszugehen, dass das Portfolio an Partnern auch dann überschaubar bleibt, wenn weitere Banken hinzukommen.

In Sachen Plattformökonomie ist die ING mit dieser Kooperationsvereinbarung jedenfalls ein gutes Stück vorangekommen und hat sich bei einer der weltweit größten Plattformen etabliert. Der Neid so manches Wettbewerbers dürfte ihr damit sicher sein. Das Beispiel zeigt überdies, wie schnell die Entwicklung in Sachen Plattformen voranschreitet und dass Marktanteile jetzt schon verteilt werden. Natürlich sind solche Kooperationen nicht in Stein gemeißelt. Doch vermutlich ist es nicht so einfach, sich zu positionieren, wenn das Portfolio der Partner erst einmal komplett ist. Das Zeitfenster ist jedenfalls knapp. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X