DISPOZINSEN

Kunden in der Eigenverantwortung

Um das Thema Negativzinsen ist es seit Beginn der Corona-Krise vergleichsweise still geworden. Bankkonditionen bleiben aber natürlich im Fokus von Verbraucherschützern. So hat der Verein "Bürgerbewegung Finanzwende" mit Sitz in Berlin das Thema Dispozinsen wieder einmal aufs Tapet gebracht. Eine bei der FMH Finanzberatung in Auftrag gegebene Untersuchung, für die Mitte April 2020 deutschlandweit 3 428 Kontomodelle von 1 250 Banken und Sparkassen herangezogen wurden, ergab: Der durchschnittliche Dispozins beträgt 9,96 Prozent - mit einer Bandbreite von 0 bis zu 13,75 Prozent.

In einem offenen Brief hat Finanzwende deshalb an die drei großen Bankenverbände appelliert, ihre Mitgliedsinstitute zur Mäßigung aufzufordern. Sie sollten in der Corona-Krise und angesichts der Nullzinszeiten keine Dispozinsen von zehn Prozent oder mehr verlangen. Diese Forderung ist weit weniger radikal als vieles, was bisher von Verbraucherschützern verlangt wurde. Bemerkenswert ist vor allem, dass man die Kosten für Refinanzierung, Eigenkapital, Kreditausfälle und den laufenden Betrieb gar nicht in Abrede stellt. Ebenso wird anerkannt, dass diese Kosten von Institut zu Institut unterschiedlich hoch ausfallen können. Gleichwohl wird der große Unterschied zwischen einlagen- und Dispozinsen als nicht gerechtfertigt kritisiert - zumal in Krisenzeiten, in denen Menschen unverschuldet in eine finanziell schwierige Lage geraten können. Hier wird an die gesellschaftliche Verantwortung der Banken appelliert.

Dass die Institute dieser Verantwortung gerecht werden, indem sie bei regulären Krediten zum Beispiel dem Wunsch nach einer zeitweiligen Aussetzung der Ratenzahlung entsprechen, wird hierbei nicht berücksichtigt. Natürlich kann ein Dispositionskredit zu einem hohen Zins dazu beitragen, die Schuldenlast weiter ansteigen zu lassen. Dann liegt es allerdings auch in der Verantwortung des Kunden, sich in einer Notlage an seine Bank zu wenden, damit man gemeinsam nach einer Lösung suchen kann. Wie immer bei der Diskussion um den Dispositionskredit wird auch diesmal nicht berücksichtigt, dass diese Kreditlinie im Grunde lediglich als Kulanzlösung für kurzfristige Engpässe gedacht ist. Für einen längerfristigen Finanzierungsbedarf gibt es andere - in der Regel deutlich günstigere - Lösungen. Darauf hat zum Beispiel die Volksbank Dreieich hingewiesen, die in diesem Kontext als eines der teuersten Institute an den Pranger gestellt wurde. Viele Institute verstehen den Dispozins deshalb ein Stück weit als "Erziehungsmaßnahme" beziehungsweise als "Abwehrzins", um die Kunden zur Nutzung anderer Lösungen zu bewegen.

Das muss der Kunde aber natürlich auch wollen. Wenn Verbraucher es sich allzu einfach machen und einfach ihr Girokonto längerfristig ins Minus laufen lassen, dann ist das nichts, was man den Banken vorwerfen kann. Natürlich muss es das Ziel sein, diese Kunden aktiv anzusprechen und ihnen andere Lösungen vorzuschlagen. In der Regel wird das auch so gehandhabt. In Krisenzeiten lässt sich aber nicht ausschließen, dass das nicht flächendeckend klappt. Ein bisschen Eigenverantwortung darf man dem Kunden da schon zugestehen. Bei der Suche nach einem kostenlosen Girokonto - auch das gibt es übrigens bei der Volksbank Dreieich - kann er ja auch aktiv werden. Red.

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