GELDANLAGE

Vermögensaufbau an der Ladenkasse

Foto: Quirion

Schon vor Jahren hat die Finanzbranche damit herumexperimentiert, ihre Produkte in Kooperation mit dem Einzelhandel zu verkaufen - Kontoeröffnung im Supermarkt, Versicherungsabschluss beim Kaffeeröster zum Beispiel. Etliche dieser Kooperationen wurden gerichtlich gestoppt, vor allem dort, wo es um den Vertrieb von Versicherungen ging. Denn auch dann, wenn der jeweilige Händler nicht als Verkäufer, sondern nur als "Tippgeber" interpretiert wurde, folgten die Gerichte dieser Deutung in vielen Fällen nicht. Da ein Großteil der Vertriebsvereinbarungen ohnehin nur begrenzten Erfolg zeitigte, wurde das Thema nicht weiter verfolgt - zumal die Digitalisierung inzwischen ohnehin bessere Wege eröffnet, potenzielle Kunden zu erreichen und ihnen den Produktabschluss leicht zu machen.

Die Quirin Bank wagt nun dennoch eine Neuauflage: In Zusammenarbeit mit der Supermarktkette Edeka vertreibt sie Gutscheinkarten, die für die Geldanlage bei ihrem Robo Advisor Quirion eingesetzt werden können. In mehr als 3 600 teilnehmenden Märkten sind solche Gutscheinkarten in Höhe von 25, 50 oder 100 Euro erhältlich, die wie andere Gutscheinkarten an der Kasse aufgeladen werden und dann auf der Website von Quirion für die ETF-basierte Vermögensverwaltung eingelöst werden können.

Bestandskunden des digitalen Vermögensverwalters müssen sich dazu lediglich in ihr Depot einloggen und können dann den Gutscheincode eingeben, um ihn für die Depotaufstockung zu verwenden. Neukunden müssen zuerst ein Depot eröffnen.

Die Idee der Zusammenarbeit mit Edeka ist es, einfacher auch solche Sparer zu erreichen, die sich bisher noch nicht mit der Anlage am Kapitalmarkt beschäftigt haben. Deshalb wurde zugleich die bisher notwendige Mindestanlage sowie Mindestsumme für Depotaufstockungen im globalen Portfolio gestrichen. Ein regelmäßiger Sparplan ist jetzt bereits ab einer Sparrate von 25 Euro - dem Wert der kleinsten Gutscheinkarte - möglich.

In welchem Ausmaß es tatsächlich gelingt, auf diesem Wege Neukunden zu gewinnen, wird spannend zu beobachten sein. Auf jeden Fall bietet das Angebot Eltern oder Großeltern, die ihren erwachsenen Kindern und Enkeln etwas zukommen lassen wollen, eine Alternative zum Bargeld oder der Einzahlung auf das Sparbuch, wie sie es früher vielleicht getan haben. Dabei ist es gut möglich, dass mancher, der sich dazu für einen Quirion-Gutschein entscheidet, sich gar nicht bewusst ist, dass er den Beschenkten damit in Richtung Wertpapiersparen steuert. Denn man wird wohl davon ausgehen dürfen, dass nicht jedem vollumfänglich bewusst ist, was sich hinter dem Begriff "digitale Geldanlage" verbirgt, der auf dem Kartenträger aufgedruckt ist.

Das muss nicht unbedingt ein Nachteil sein. Denn es ist ja kein Schaden, wenn Menschen, die selbst ganz konservativ sparen, andere an das Wertpapiersparen heranführen. Es ist aber natürlich auch denkbar, dass so mancher Beschenkte den Gutschein als eine Art Danaer-Geschenk empfindet - dann nämlich, wenn er zum Einlösen erst ein Depot eröffnen und einen Sparplan einrichten muss. Vielleicht wird der eine oder andere Beschenkte einen solchen Gutschein dann verfallen lassen - und dem Schenker nahelegen, künftig vielleicht doch lieber die Gutscheinkarte eines Einzelhändlers zu kaufen. Einen Versuch ist es aber sicherlich wert. Red.

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