Fit für den Wandel

Swantje Benkelberg, Chefredakteurin, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

Die große Mehrheit der Bankkunden in Deutschland hat seit Beginn der Corona-Krise keine Veränderungen in den Leistungen ihrer Bank festgestellt. So hat es eine Online-Umfrage von ti & M ermittelt. Das ist an sich schon eine gute Nachricht, zeigt es doch, dass die Branche ihr Leistungsniveau halten konnte, obwohl die Zugangsmöglichkeiten über Wochen hinweg stark eingeschränkt waren. Mittlerweile aber, so lässt es sich aus diesen Zahlen herauslesen, ist der Kanalmix so ausdifferenziert, dass das Wegbrechen der Filiale aus diesem Portfolio an Zugangswegen nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Selbst unter den über 55-Jährigen sind mehr als drei Viertel der Meinung, dass sich heute nahezu alle finanziellen Angelegenheiten über Computer, Tablet oder Smartphone erledigen lassen und ihre Bank trotz geschlossener Filialen immer für sie erreichbar war. Lediglich 6 Prozent aller Befragten empfanden eine Verschlechterung der Bankleistungen. Hier darf sich die Branche getrost ein bisschen selbst auf die Schulter klopfen. Die Herausforderungen der Corona-Krise wurden bisher offenbar gut gemeistert.

Daraus ergibt sich allerdings zugleich eine Herausforderung für die Zukunft. 14 Prozent der Kunden haben sich nicht nur gezwungenermaßen mit der neuen Situation arrangiert und ihr Nutzungsverhalten verändert, sondern bewerten das noch stärkere Umschwenken von Banken und Sparkassen auf digitale Kanäle als Verbesserung. Deshalb gilt es, in Zukunft dieses Niveau mindestens zu halten und nicht wieder in bewährte Muster zurückzukehren, so groß die Versuchung auch sein mag. Wenn etwa während der Pandemie die telefonische Beratung das Mittel der Wahl ist, dann kann man den Kunden in Zukunft schwer verständlich machen, weshalb das plötzlich nicht mehr möglich sein sollte und sie für ein vergleichbares Anliegen wieder in die Filiale kommen sollen. Damit wiederum gehört das Geschäftsstellennetz noch stärker als bisher auf den Prüfstand. Manche Institute haben bereits angekündigt, einen Teil der Filialen gar nicht erst wieder öffnen zu wollen, auch wenn sie "vor Corona" vielleicht noch gar nicht auf der Streichliste standen. Mancherorts werden allerdings Berater möglicherweise flexibel zwischen den Kanälen hin und her wechseln müssen, je nach dem Wunsch des Kunden. Eine klassische Beratung im direkten persönlichen Kontakt könnte dann auf eine Videoberatung folgen, anschließend vielleicht eine Beratung per Telefon. Dafür müssen freilich die entsprechenden Prozesse geschaffen werden, damit der persönliche Ansprechpartner für die Kunden über die verschiedenen Kanäle erreichbar ist.

Überhaupt hat die Pandemie die Prozesse in der Branche mächtig durcheinandergewirbelt - im Kundenkontakt wie auch intern. Denn natürlich galt das Social-Distancing-Gebot für interne Meetings und Gremiensitzungen genauso wie an der Kundenschnittstelle. Auch hier hatte die Furcht vor der Verbreitung von Covid-19 vielleicht auch einen positiven Nebeneffekt, indem sie dazu beitrug, Vorbehalte gegenüber digitalen Prozessen und Kommunikationsformen abzubauen. Das bot beispielsweise die Chance, Aufsichtsräte - typischerweise eher keine Digital Natives - von den Möglichkeiten digitaler Kommunikation zu überzeugen. Das kann auch dann von Vorteil sein, wenn Gremienmitglieder in Zukunft wieder in persona zusammenkommen. Denn so kann die Vorbereitung von Sitzungen vermutlich effizienter ablaufen. Auch bei Hauptversammlungen oder General-/Vertreterversammlungen wäre es vielleicht wünschenswert, in Zukunft ein Nebeneinander von Präsenz- und virtueller Teilnahme zu ermöglichen, um auch denjenigen die Partizipation zu erlauben, die - aus welchem Grund auch immer - nicht persönlich erscheinen können.

Wenn es eine Lehre aus der Krise gibt, dann vielleicht die: Die Zukunft ist hybrid. Das gilt für das Nebeneinander von Homeoffice und Arbeiten im Büro ebenso wie für das von persönlicher und virtueller Beratung oder auch Robo Advice. Der Trend ging auch vor dem Ausbruch von Covid-19 bereits in diese Richtung. Die Pandemie wird ihn allerdings weiter beschleunigen. Die Bankenbranche hat diese Herausforderung nolens volens gut angenommen und gezeigt, dass sie fit für den Wandel ist - und das, obwohl die Herausforderung für sie besonders hoch ist: Schließlich gelten im Finanzbereich noch einmal schärfere Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz.

Swantje Benkelberg , Chefredaktion, bank und markt, Cards Karten Cartes , Fritz Knapp Verlag
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