Flaschenhals IT

Swantje Benkelberg

sb - Noch braucht ein Bankvorstand keinen Doktortitel in Informatik, sondern es dominiert das fachliche Know-how. Und doch ist die Festlegung der strategischen Positionierung ebenso wie das Abschätzen von Risiken ohne ein gewisses technisches Grundverständnis kaum noch möglich. Denn das Wohl und Wehe von Kreditinstituten hängt immer stärker von der IT ab. Ohne IT verliert man den Kontakt zum Kunden, lassen sich aufsichtsrechtliche Anforderungen nicht erfüllen, kommt alles zum Stillstand. Die IT ist damit gleichzeitig Lebenserhaltungssystem einer Bank und eine ihrer größten Schwachstellen. Deutlich wird dies immer dann, wenn die Technik einmal ausfällt oder wegen größerer Anpassungsarbeiten für einen definierten Zeitraum abgestellt werden muss.

Wie der Betrieb einer Herz-Lungen-Maschine im Krankenhaus ist auch der Betrieb der Banken-IT immens teuer. Nur über große Volumina, die über die Plattformen laufen und die Stückkosten sinken lassen, ist das alles noch bezahlbar. Die Frage, wie lange die Sparda-Banken an ihrem eigenen Rechenzentrum noch würden festhalten können, stand deshalb schon lange im Raum. In wenigen Bereichen ist die von den Genossen propagierte "Bündelung der Kräfte" so dringend wie im Bereich der Technik. Das gilt für die Abwicklungsplattformen wie auch für die darauf laufende Software. Die Zeiten, in denen jede Bank ihre eigenen Systeme pflegte, um sich mit "handgestrickter" Haus-Software da und dort vom Wettbewerb zu differenzieren, sind freilich auch jenseits der beiden kreditwirtschaftlichen Verbünde vorbei. Noch immer gibt es diese Altsysteme, für die immer häufiger die damit noch vertrauten Programmierer fehlen. Doch der Trend geht in Richtung Standardsoftware oder zu im Rahmen größerer Kooperationen entwickelten Lösungen (Beispiel LBS-Bausparsoftware). Das hat vor allem Kostenvorteile. Denn wenn die Innovationszyklen immer kürzer werden und - auch regulierungsbedingt - ständig neue Anforderungen an die Systeme gestellt werden, dann ist der Aufwand einfach zu groß, dies alles für jedes Haus einzeln umzusetzen - ganz abgesehen davon, dass es dafür vermutlich gar nicht genügend IT-Fachkräfte gäbe. Setzt man dann noch auf das Konzept "Software as a Service", dann atmen auch die Kosten abhängig vom Geschäftsverlauf. Das ist auch das, was die Sparda-Banken mit ihrem Outsourcing-Vertrag mit T-Systems in erster Linie erreichen wollten.

Auch in Sachen Innovation wird die Technik immer mehr zum Flaschenhals. Natürlich können agile Teams täglich neue Ideen generieren, wie eine Bank ihren Kunden das Leben noch einfacher machen kann, wie sich Prozesse automatisieren lassen und der Vertrieb noch zielgenauer werden kann, wie sich mögliche Partner anbinden und auf diese Weise neue Ertragsquellen erschließen lassen. Wichtig ist das - doch die eigentliche Arbeit fängt danach erst an, wenn es nämlich an die Umsetzung geht. Oft können deshalb nicht alle Vorstellungen verwirklicht werden. Manche, aber nicht alle Engpässe kann die Kooperation mit Fintechs beseitigen, so etwa die Tatsache, dass gewachsene Altsysteme auf die Anforderungen der heutigen Zeit nur unzureichend vorbereitet sind. Vieles lässt sich hier andocken. Doch der Flickenteppich, der sich daraus ergibt, lässt häufig genug Wünsche offen, wenn es um kanalübergreifende Datenverfügbarkeit und Prozesse geht.

Hinzu kommt: Die neue Vielfalt hilft nicht nur, Probleme zu lösen, sie schafft auch neue. Da ist zum einen eine gewisse Abhängigkeit von Partnern, wenn es um neue Services geht. Der DKB beispielsweise kann die Insolvenz ihres Partners Cringle im Bereich der P2P-Zahlungen nicht gefallen haben - nicht umsonst hat die Bank die Mitarbeiter des Start-ups übernommen, um sich deren Know-how zu erhalten. Mit jedem neuen Partner werden die Systeme zudem immer offener und damit auch angreifbarer. Denn jede Schnittstelle zu einem wie auch immer gearteten Partner kann auch zum Einfallstor für Cyberkriminelle werden. Diese Risiken lassen sich heute kaum mehr vermeiden. Allenfalls lassen sie sich durch die Auswahl der richtigen Partner minimieren.

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