Es geht immer um alles

Philipp Otto, Chefredakteur

"Image-Werte der Banken auf Talfahrt." So titelten Studien, Wirtschaftsmagazine und auch Tageszeitungen noch vor wenigen Jahren. Das war normal. Und daran hatte sich die Branche in den vergangenen zehn Jahren fast schon gewöhnt. Denn Banken und Sparkassen gaben lange Zeit nur zu einfach den Buhmann der Nation. Es war aus Sicht von Politikern und Medienmachern einfach, die sicherlich zum Teil auch übersteigerte Sensationsgier und den Neid der Öffentlichkeit zu bedienen, denn die Finanzbranche machte es ihnen so wunderbar einfach und lieferte so herrlich viele Schlagzeilen.

Als die Schweizer Media Tenor International im Jahr 2017 eine Auswertung von mehr als 2 500 Beiträgen in Fernsehnachrichtensendungen aus mehreren Ländern über den Zeitraum von sieben Jahren veröffentlichte, zeigte sich, dass lediglich gut 2 Prozent der Nachrichten sich mit dem Kerngeschäft der Banken, nämlich den Produkten und Dienstleistungen auseinandersetzten. Fast 14 Prozent hatten hingegen Gerichtsverfahren, Ermittlungen und Skandale der Geldinstitute zum Inhalt.

Das betraf keineswegs nur die großen internationalen Investmentbanken oder die Heuschrecken, sondern auch die deutschen Institute waren dabei. Und das, obwohl die Werbeausgaben der Banken und Finanzdienstleister hierzulande in diesem Zeitraum recht stetig bis auf rund eine dreiviertel Milliarde Euro im Jahr anstiegen. Aktuell zahlt jedes Institut laut Research Tools rund 5,5 Millionen Euro jährlich an Werbeausgaben. Innerhalb des vergangenen Jahres investierten die werbungtreibenden Banken und Finanzdienstleister also rund 1 042 Millionen Euro und knackten damit erstmals die Milliarden-Euro-Marke. Beworben werden Wertpapiere, Ratenkredite, Baufinanzierungen und der bargeldlose Zahlungsverkehr. Über 80 Prozent der Werbeausgaben entfallen auf Produktspending. Berichtet wird aber nach wie vor am liebsten über Skandale. Was läuft da falsch im Bankmarketing?

Ganz grundsätzlich gar nicht so viel. Zumindest dann nicht, wenn man das Thema Bankmarketing nicht fälschlicherweise nur als Imagepflege oder nur als reine Absatzförderung betrachtet, sondern in den größeren Kontext der marktorientierten Unternehmensführung einbettet. Dann geht es im Kern nämlich darum, dass - egal, was eine Unternehmung produziert, ob Äpfel, Autos, Zeitungen oder eben Baufinanzierungen - das zentrale Problem der Unternehmensführung darin besteht, diese Leistungen so zu entwickeln und zu gestalten, dass der Markt sie annimmt. Zumindest in einer funktionierenden Marktwirtschaft, von der wir ja immer noch ausgehen. Hätten unsere Banken und Sparkassen ihre Geschäfte in den vergangenen zweihundert Jahren grundsätzlich nach anderen Maximen geführt, wären sie längst keine Marktteilnehmer mehr und all die schönen Jubiläen der letzten Zeit wären nicht gefeiert worden.

In diesem Zusammenhang wäre es unfair, dem Bankmarketing allein die Schuld für schlechte Presse und schlechtes Image zu geben. Es kann die Last einer marktorientierten Unternehmensführung nicht alleine tragen, weder eine ungeschickte Konditionenpolitik noch eine lückenhafte Mitarbeiterausbildung, weder eine falsche Zweigstellenplanung noch eine mangelhafte Öffentlichkeitsarbeit ausgleichen. Gute Produkte sind nur die eine Seite. Ein gutes Bild der Banken die andere.

Und das wird in Zeiten enormer Transformationen mit gewaltigen Unsicherheiten, in Zeiten immer komplexer werdender Geschäfte, in Zeiten mit immer weniger Zeit von einer umfassenden Imagepflege, die sich über das Herausstellen des sozialen Engagements über erfolgreiche Lobbyarbeit in Brüssel, Berlin oder dem Landratsamt bis hin zu Youtube oder Twitter erstreckt, über ein bescheidenes und dienstbares Auftreten bis hin zu ehrenwertem Verhalten bestimmt.

In den vergangenen Monaten, während der Krise, haben plötzlich alle gemerkt, was sie an ihrer Bank oder Sparkasse doch haben. Dann kam das BGH-Urteil - und wieder haben alle gewusst: "Man kann den Banken nicht trauen." Es bleibt viel zu tun - packen wir's an.

Philipp Otto , Geschäftsführer, Verleger, Chefredakteur , Verlag Fritz Knapp, Verlag Helmut Richardi, Verlag für Absatzwirtschaft
Noch keine Bewertungen vorhanden


X