Wer trägt das Insolvenzrisiko des Lieferanten beim Finanzierungsleasing?

Kritik an der Rechtsprechung des BGH

Heiner Beckmann

Heiner Beckmann - In der Literatur sind in den letzten Jahren zahlreiche Argumente gegen die uneingeschränkte Tragung des Insolvenzrisikos des Lieferanten durch den Leasing-Geber bei Beteiligung eines Unternehmers als Leasing-Nehmer vorgebracht worden. Diese wird unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks von Finanzierungsleasing-Geschäften sowie der Interessenlage der drei am typischen Leasing-Dreieck beteiligten Vertragspartner zunehmend als ungerecht empfunden, wenn der Leasing-Nehmer Kaufmann beziehungsweise Unternehmer ist. Der Beitrag befasst sich mit dieser Problematik.

Bei einem Finanzierungsleasing-Geschäft im typischen Leasing-Dreieck schließt der Leasing-Geber zwei rechtlich selbstständige, wirtschaftlich miteinander verknüpfte Verträge mit zwei Vertragspartnern: den Leasing-Vertrag mit dem Leasing-Nehmer und den Liefervertrag mit dem Lieferanten. Die sich daraus ergebenden Folgen sind nach wie vor noch nicht abschließend in allen Punkten geklärt.

Dieser Beitrag geht erneut der Frage nach, ob es gerechtfertigt ist, dem Leasing-Geber grundsätzlich und uneingeschränkt, insbesondere auch im unternehmerischen Verkehr, das Risiko aufzuerlegen, dass Ansprüche aus der Rückabwicklung des Liefergeschäfts auf Rückzahlung des Kaufpreises/Werklohns gegen den Lieferanten wegen dessen Insolvenz nicht mehr durchgesetzt werden können.

Ferner soll der Frage nachgegangen werden, ob der Leasing-Geber in der Insolvenz des Lieferanten dem Leasing-Nehmer nachrangig für schuldhafte Pflichtverletzungen des Lieferanten im Rahmen der Anbahnung und Abwicklung des Finanzierungsleasing-Geschäfts haftet.

Vertragsanbahnung

Ein Finanzierungsleasing-Geschäft besteht immer aus mindestens zwei Verträgen: dem Liefervertrag (= Beschaffungsvorgang als Kauf- oder Werkvertrag) und dem Leasing-Vertrag.

Der künftige Leasing-Nehmer verhandelt als Leasing-Kunde mit dem von ihm ausgesuchten Lieferanten sämtliche Modalitäten des Liefervertrags; der Leasing-Geber übernimmt die Verhandlungsergebnisse, nimmt das Angebot des Lieferanten auf Abschluss des Liefervertrags an beziehungsweise steigt in den bedingt geschlossenen Liefervertrag ein und überlässt die Ware dem Leasing-Nehmer zur Nutzung im Rahmen eines Leasing-Vertrags. Der Leasing-Geber wird dabei Vertragspartner beider Verträge, der Leasing-Nehmer nur Vertragspartner eines Vertrages, nämlich des Leasing-Vertrags.1)

Abtretungskonstruktion

Leasingtypisch vereinbaren die Leasing-Vertragspartner in der Regel, dass der Leasing-Nehmer wegen der Ansprüche aus Mängeln der Leasing-Sache, aber auch wegen sonstiger auf einer Pflichtverletzung des Lieferanten beruhenden Pflichtverletzungen, vorrangig gegen den Lieferanten vorgehen muss. Hierzu tritt der Leasing-Geber seine Ansprüche aus dem Liefervertrag an den Leasing-Nehmer ab. Dieser ist verpflichtet, bei einer Leistungsstörung aus dem Liefervertrag vorrangig gegen den Lieferanten vorzugehen und die abgetretenen Ansprüche durchzusetzen. Diese sogenannte leasingtypische Abtretungskonstruktion wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als zulässig und wirksam angesehen.

Bei Auftreten einer vom Lieferanten zu vertretenden Leistungsstörung ist der Leasing-Nehmer verpflichtet, die Ansprüche des Leasing-Gebers auf Rückzahlung des Kaufpreises/ Werklohns und auch eigene Ersatzansprüche gegenüber dem Lieferanten geltend zu machen.

Klage gegen den Lieferanten

Akzeptiert der Lieferant ein Rückabwicklungsverlangen des Leasing-Nehmers nicht, muss der Leasing-Nehmer Klage gegen den Lieferanten auf Rückzahlung des Kaufpreises/ Werklohns an den Leasing-Geber beziehungsweise auf Ersatz eigener Schäden und Aufwendungen erheben.2) Demzufolge trägt der Leasing-Nehmer das Prozessrisiko, also das Risiko, dass er den Rechtsstreit gegen den Lieferanten verliert. Obsiegt der Leasing-Nehmer im Lieferprozess gegen den Lieferanten, sind Liefer- und Leasing-Vertrag nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln.

Im Rahmen der Abrechnung des Leasing-Vertrags kann der Leasing-Geber nach bislang herrschender Meinung (h. M.) nicht einwenden, der Rückzahlungsanspruch gegen den Lieferanten sei wegen dessen Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz nicht zu realisieren. Der Leasing-Nehmer allerdings soll eigene Ersatzansprüche wegen dem Leasing-Geber zurechenbarer Pflichtverletzungen dem Leasing-Geber entgegenhalten können.

Zwangsvollstreckung gegen den Lieferanten

Erfüllt der Lieferant die titulierten Ansprüche nicht freiwillig, sind im Wege der Zwangsvollstreckung der Anspruch auf Rückzahlung vom Leasing-Geber selbst und eigene Ersatzansprüche vom Leasing-Nehmer gegen den Lieferanten durchzusetzen.

Ist dem Leasing-Nehmer ein außergerichtliches oder gerichtliches Vorgehen und die Durchsetzung der Ansprüche aus einer Leistungsstörung des Liefervertrags gegen den Lieferanten nicht zumutbar oder nicht möglich, zum Beispiel weil der Lieferant im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit gelöscht3) oder zahlungsunfähig verstorben ist, kann der Leasing-Nehmer unmittelbar gegen den Leasing-Geber vorgehen, also die Zahlung der Leasing-Raten verweigern, Rückabwicklung beziehungsweise Minderung des Leasing-Vertrags oder Schadenersatz wegen nach § 278 BGB zurechenbarer Pflichtverletzung verlangen.

Insolvenz des Lieferanten

Der Leasing-Nehmer kann in der Insolvenz des Lieferanten seinen Rückzahlungsanspruch gemäß den §§ 87, 174 InsO zur Eintragung in die Insolvenztabelle anmelden. Bleibt die Forderung im Prüfungstermin unbestritten und wird er zur Tabelle festgestellt (§ 178 Abs. 1 InsO), sind Leasing-Vertrag und Liefervertrag rückabzuwickeln.

Bestreitet der Insolvenzverwalter die Ansprüche, liegt keine Unzumutbarkeit der prozessualen Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche vor, weil der Leasing-Nehmer bei Obsiegen im Rechtsstreit gegen den vermögenslosen Lieferanten Prozesskostenerstattung vom Leasing-Geber nach Auftragsrecht verlangen kann.4)

Ein zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags oder der Insolvenzeröffnung bereits rechtshängiges Verfahren des Leasing-Nehmers gegen den Lieferanten auf Rückabwicklung des Liefervertrags oder Minderung wird nach § 240 ZPO unterbrochen. Wird der Rückzahlungsanspruch vom Insolvenzverwalter bestritten, muss der Leasing-Nehmer den Prozess unter den Voraussetzungen der §§ 250 ZPO, 86, 179 ff. InsO aufnehmen und die erhobene Leistungsklage auf Feststellung des Anspruchs zur Insolvenztabelle gegen den Verwalter umstellen.5) Das Risiko der erfolgreichen Durchführung dieses Prozesses obliegt dem Leasing-Nehmer.6) Der Rückzahlungsanspruch ist gewöhnliche Insolvenzforderung. Nach bislang h. M. muss der Leasing-Geber das Risiko tragen, dass der Anspruch im Insolvenzverfahren ganz oder teilweise nicht realisierbar ist.

Insolvenzrisiko des Lieferanten

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH)7) wird der Leasing-Geber durch die Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche an den Leasing-Nehmer nicht von dem Risiko befreit, dass ein begründetes Wandlungsbegehren bezüglich des Kaufvertrags wegen Vermögenslosigkeit des Lieferanten des Leasing-Objektes nicht realisierbar ist. Dem liegt die Befürchtung zugrunde, dass andernfalls die im Rahmen der Abtretungskonstruktion getroffenen Gewährleistungsregelungen leerlaufen und der Leasing-Nehmer im Ergebnis rechtlos gestellt wird. Zur Begründung führt der BGH das eher formale Argument an, die Rückabwicklung des Kaufvertrags sei Sache der daran beteiligten Vertragsparteien. Scheitere die Realisierung der Wandlung an der Vermögenslosigkeit des Lieferanten, so müsse der Leasing-Nehmer im Verhältnis zum Leasing-Geber so gestellt werden, wie er stünde, wenn die Wandlung des Kaufvertrages vollzogen worden wäre.

Danach muss leasingtypisch der Leasing-Geber das Risiko tragen, dass der Lieferant als sein Vertragspartner insolvent wird. Eine hiervon abweichende Vereinbarung ist allenfalls durch Individualvereinbarung möglich.8) Eine Abwälzung des Insolvenzrisikos des Lieferanten auf den Leasing-Nehmer durch Allgemeine Leasing-Bedingungen (ALB) ist wegen schwerwiegender Störung des leasingtypischen Äquivalenzprinzips grundsätzlich unwirksam.9)

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung soll das Risiko der Insolvenz des Lieferanten selbst im kaufmännischen Verkehr nicht durch ALB auf den Leasing-Nehmer abgewälzt werden können.10) Mit Urteil vom 29. Oktober 200811) hat der BGH seine Auffassung ausdrücklich auch bei Beteiligung eines unternehmerischen Leasing-Nehmers nochmals bestätigt und ausgeführt:

- "Das Risiko, dass die Rückzahlung des Kaufpreises bei einem Rücktritt des Leasing-Nehmers aufgrund der ihm abgetretenen Mängelhaftungsansprüche wegen der Insolvenz des Lieferanten nicht durchgesetzt werden kann, kann auch im unternehmerischen Verkehr nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auf den Leasing-Nehmer abgewälzt werden". Es seien keine Gründe ersichtlich, die"im Hinblick auf das Insolvenzrisiko der Lieferantin eine anderweitige Risikoverteilung rechtfertigen" könnten.

Mit dem weiteren Urteil vom 13. November 2013 stellt der BGH12) in einem obiter dictum bei einem Finanzierungsleasing-Geschäft ebenfalls mit Beteiligung eines Unternehmers als Leasing-Nehmer fest, dass das

- "Risiko, dass die leasingtypisch an den Leasing-Nehmer abgetretenen Ansprüche auf Nacherfüllung und im Falle eines Rücktritts auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen einer Insolvenz des Lieferanten nicht mehr durchgesetzt werden können, grundsätzlich dem Leasing-Geber zugewiesen" sei.

Entgegen der Ansicht des BGH13) sind jedenfalls bei einem Finanzierungsleasing-Geschäft, an dem kein Verbraucher beteiligt ist, sehr wohl gewichtige Gründe ersichtlich, die eine abweichende Verteilung des Insolvenzrisikos des Lieferanten bei einem unternehmerischen Finanzierungsleasing-Geschäft rechtfertigen können. Die mit der bloßen Wahl einer Investitionsfinanzierung im Wege des Leasings einhergehende Risikoverlagerung auf den Leasing-Geber ist wertungsmäßig kaum zu rechtfertigen.14)

Argumente des Schrifttums

In der Literatur sind in den letzten Jahren zahlreiche Argumente gegen die uneingeschränkte Tragung des Insolvenzrisikos des Lieferanten durch den Leasing-Geber bei Beteiligung eines Unternehmers als Leasing-Nehmer vorgebracht worden.15) Diese wird unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Zwecks von Finanzierungsleasing-Geschäften sowie der Interessenlage der drei am typischen Leasing-Dreieck beteiligten Vertragspartner zunehmend als ungerecht empfunden, wenn der Leasing-Nehmer Kaufmann beziehungsweise Unternehmer ist.

Gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung spricht, dass allein der Leasing-Kunde eine Investitionsentscheidung über den Leasing-Gegenstand, über dessen Eignung, seine Eigenschaften und dessen Brauchbarkeit für seine kaufmännischen, betrieblichen Zwecke sowie über den Lieferanten, damit über dessen Lieferfähigkeit, Zuverlässigkeit und Bonität, getroffen hat. Der Leasing-Kunde tritt in den Verhandlungen mit dem Lieferanten wie ein Käufer oder Besteller auf. Er veranlasst erst den Leasing-Geber, den von ihm bestimmten und bereits konkretisierten Liefergegenstand bei dem von ihm "vor Ort" ausgesuchten Lieferanten zu erwerben. Er hat sich für die Finanzierung seiner Investition - der von ihm benötigten und ausgesuchten Sache - im Wege des Leasings entschieden und damit bewusst das Auseinanderfallen von Warenlieferant und Leasing-Geber gewählt.16) Weist man das Risiko der Insolvenz des Lieferanten dem Leasing-Nehmer zu, wird dieser damit exakt so gestellt, wie er bei Kauf des Leasing-Gutes und Finanzierung auf andere Art und Weise gestanden haben würde. Die Rechtslage ist vergleichbar der bei einem finanzierten Abzahlungskauf, bei dem eine Risikoabwälzung auf das Kreditinstitut bislang noch nicht erwogen worden ist.17)

Nachträglicher Eintritt des Leasing-Gebers

Diese Argumente greifen insbesondere beim nachträglichen Eintritt des Leasing-Gebers in einen bedingt oder sogar unbedingt geschlossenen Liefervertrag.18) Wolfgang Ball stellt daher zu Recht ausdrücklich die Frage, ob nicht bei einem Leasing-Vertrag mit einem Unternehmer jedenfalls für den Fall eine Ausnahme von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu machen sei, dass der Leasing-Kunde selbst mit dem Lieferanten einen Kaufvertrag über das Leasing-Objekt abgeschlossen hat, in den der Leasing-Geber anschließend eingetreten ist.19) Gerade in diesen Fällen kann der Leasing-Geber das Insolvenzrisiko des Lieferanten in keiner Weise beherrschen. Es ist der Leasing-Nehmer, der sich den Lieferanten aussucht, mit ihm über den Preis der Ware verhandelt und gegebenenfalls den Vorteil günstiger Konditionen für sich vereinnahmt. Aus diesem Grund hat der BGH20) auch eine Zurechnung sogenannter atypischer Zusagen des Lieferanten an den Leasing-Geber bei einem nachträglichen Eintritt des Leasing-Gebers in das Liefergeschäft mit der Begründung abgelehnt, die Leasing-Gesellschaft sei

- "bei Anbahnung des Kaufvertrages nicht (...) am Geschehen beteiligt" und "zu diesem Zeitpunkt auch in keiner Weise (...) als potenzielle Leasing-Geberin in Erscheinung getreten".

Damit hat der Bundesgerichtshof dem Leasing-Nehmer das Risiko atypischer Zusagen des Lieferanten als seines Verhandlungspartners mit der Folge auferlegt, dass der Leasing-Kunde insofern nur Ansprüche gegen den Lieferanten hat und damit auch insoweit das Risiko der Uneinbringlichkeit seiner Forderungen zu tragen hat.

Stellungnahme

Den im Schrifttum erhobenen Bedenken ist zuzustimmen. Die Risikoverteilung im Leasing-Dreiecksverhältnis ist wenig ausgewogen. Der Leasing-Geber trägt nach gegenwärtiger Rechtsprechung das Insolvenzrisiko des Leasing-Nehmers und das Insolvenzrisiko des Lieferanten; der Lieferant trägt lediglich das - regelmäßig geringere - Insolvenzrisiko des Leasing-Gebers. Der Leasing-Nehmer hingegen trägt nur das Insolvenzrisiko des Leasing-Gebers, dies jedoch allenfalls formal, aber nicht wirtschaftlich, da sich der Leasing-Vertrag in der Insolvenz des Leasing-Gebers regelmäßig entsprechend § 108 Abs. 1 S. 2 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortsetzt.

Während Lieferant und Leasing-Nehmer mit dem Eintritt in das Leasing-Dreiecksverhältnis ihre Risikoposition sehr vorteilhaft zu ihren Gunsten verändern, verbleiben letztlich sämtliche Insolvenzrisiken beim Leasing-Geber als Finanzier der Investition. Es erscheint daher im Rahmen des Leasing-Dreiecksverhältnisses nur schwer verständlich, dass der Leasing-Geber das Risiko beider Vertragspartner zu tragen hat, während selbst der Unternehmer als Leasing-Nehmer wirtschaftlich keinerlei Insolvenzrisiko tragen soll.

Jedenfalls der unternehmerische Leasing-Nehmer wird bei einer Abwägung der Interessen beider am Leasing-Vertrag im typischen Leasing-Dreieck beteiligten Vertragspartner im Ergebnis nicht rechtlos gestellt. Das bloße Abstellen auf die formale Stellung des Lieferanten als Vertragspartner des Leasing-Gebers beim Liefervertrag wird der Sach- und Rechtslage beim typischen Finanzierungsleasing-Geschäft - jedenfalls bei Beteiligung eines unternehmerischen Leasing-Kunden - nicht gerecht. Nicht der unternehmerische Leasing-Nehmer, sondern der Leasing-Geber ist in diesen Fällen schutzbedürftig, weil er durch die einseitige Auferlegung des Zahlungsausfalls im Ergebnis rechtlos gestellt wird.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist deshalb die Stellung des unternehmerischen Leasing-Kunden, der als "Quasi-Käufer/Besteller" eine Investitionsentscheidung "über Leasing" auch zu seinem eigenen Vorteil realisiert, in den Vordergrund zu stellen. Auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erkennt die käuferähnliche Position des Leasing-Nehmers, dessen "Quasi-Käuferstellung", die den Weg zur Anlegung kaufrechtlicher Maßstäbe öffnet,21) in zahlreichen Fällen an, zum Beispiel bei der Vollamortisationsgarantie des Leasing-Nehmers, bei Auftreten von Spätschäden nach Ablauf der kaufrechtlichen Verjährungsfristen im Rahmen der Sachmängelhaftung, bei der Übertragung der Sach- und Preisgefahr sowie bei Unterhalts- und Versicherungspflichten bezüglich der Leasing-Sache.

In all diesen Fällen werden die Besonderheiten von Finanzierungsleasing-Geschäften im typischen Leasing-Dreieck berücksichtigt und entsprechende Regelungen im Rahmen von ALB als zulässig angesehen. Der BGH bezeichnet den Leasing-Kunden ausdrücklich als Käufer, der nach dem Eintritt des Leasing-Gebers in die Rolle des Leasing-Nehmers wechselt.22)

Auch die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als zulässig angesehene Freizeichnung des Leasing-Gebers von seiner Haftung aus dem Leasing-Vertrag unter Abtretung der Ansprüche aus dem Liefervertrag berücksichtigt die besondere Situation im typischen Leasing-Dreieck. Die Regelungen der Sachmängelhaftung bei Finanzierungsleasing-Geschäften im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion nach kauf- beziehungsweise werkrechtlichem Vorbild - so als sei der Leasing-Nehmer selbst Käufer des Leasing-Gegenstandes - gibt dem Finanzierungsleasing sein typisches, insoweit vom Leitbild des Mietvertrages abweichendes Gepräge. Der Leasing-Nehmer muss die Rechte aus einer vom Lieferanten zu vertretenden Leistungsstörung so durchsetzen, als wäre er Vertragspartner des Lieferanten geworden.

Ausblick

Es bleibt zu hoffen, dass sich der BGH in Zukunft nochmals mit der Frage der Zurechnung des Insolvenzrisikos des Lieferanten im Unternehmergeschäft eingehend befasst und die hier dargestellten Gesichtspunkte in seine Erwägungen einfließen lässt. Von daher ist zu beachten, dass es dabei in der Praxis nicht nur um den Rückzahlungsanspruch des Leasing-Gebers, sondern auch um eigene Ersatzansprüche des Leasing-Nehmers gegen den Lieferanten geht.

Zumindest wegen dieser Ansprüche muss der unternehmerische Leasing-Nehmer das Risiko der fehlenden Realisierbarkeit tragen; eine schwerwiegende Störung des leasingtypischen Äquivalenzprinzips liegt unter Berücksichtigung aller Umstände und der am Finanzierungsleasing-Geschäft beteiligten Vertragspartner nicht vor.

1) Vgl. H. Beckmann in Beckmann/Scharff, Leasingrecht, 4. Auflage 2015, § 2 Rn.1 ff. mwN.

2) Vgl. BGH NJW 2014, 1583.

3) BGH NJW 2014, 1583; WM 2010, 2362.

4) BGH NJW 2014, 1583; R. Koch in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, Kap. P Rn. 149.

5) BGH NJW 2014, 1583.

6) BGH NJW 2014, 1583; vgl. H. Beckmann in Beckmann/Scharff, Leasingrecht, § 3 Rn. 317 ff.

7) NJW 1982, 105; 1985, 129; 1986, 179; 1990, 314; 1991, 1746; 1996, 1888.

8) BGH NJW 1991, 1746.

9) BGH NJW 1985, 129; 1990, 314; 1991, 1746.

10) BGH NJW 1991, 1746.

11) NJW 2009, 575 - "Bundle-Lease".

12) NJW 2014, 1583.

13) NJW 2009, 575.

14) Vgl. Stoffels in Staudinger, Leasing Rn. 256; Hansen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, Kap. N Rn. 156.

15) Vgl. Habersack WM 2008, 809; Hansen in Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag Kap. N Rn. 156; Scharff in H. Beckmann/ Scharff, Leasingrecht, 4. Auflage 2015, § 19 Rn. 55 ff.; Stoffels in Staudinger, Leasing, Rn. 256 mwN.

16) Scharff in H. Beckmann/Scharff, Leasingrecht, § 19 Rn. 59.

17) Vgl. Stoffels in Staudinger, Leasing, Rn. 256.

18) Vgl. H. Beckmann in Beckmann/Scharff, Leasingrecht, § 3 Rn. 24 ff. mwN; s. auch Weber NJW 2005, 2198; Löbbe BB-Beilage 6/2003, 13 f; Godefroid BB-Beilage 5/2002, 10).

19) Ball in Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Auflage, Rn. 1906.

20) NJW 2011, 2877.

21) Vgl. Ball aaO Rn. 1751; H. Beckmann in Beckmann/Scharff, Leasingrecht, § 2 Rn. 114 ff.

22) NJW 2014, 1519.

DER AUTOR: Heiner Beckmann, Münster, war bis zum 30. November 2012 Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Hamm. Seit dem 1. Januar 2013 ist er als Rechtsanwalt in der Sozietät Apel, Weber & Partner (AWPR) in Dortmund tätig.E-Mail: heiner_beckmann[at]web[dot]de
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