Im Gespräch

"Wir akzeptieren das aktuelle Umfeld als neue Normalität"

I&F Die Aareal Bank begeht in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag. Wie viel Grund zum Feiern hat die Bank?

Sie hat allen Grund, auf das Erreichte stolz zu sein. Die Aareal Bank und ihre Vorgängerinstitute haben es im Laufe ihrer 90-jährigen Geschichte immer wieder verstanden, sich weiter zu entwickeln und die jeweils passenden Produkte für die Bedürfnisse ihrer Kunden anzubieten, um auch in einem sich wandelnden Umfeld erfolgreich bestehen zu können. Zudem hat auch die Führung der Bank in diesen 90 Jahren augenscheinlich strategisch nachhaltig geplant und gehandelt. Allerdings ist dieser Erfolg nicht die Leistung einzelner Personen, sondern des gesamten Teams. Daran haben die ehemaligen Mitarbeiter ebenso wie die derzeitig Beschäftigten ihren Anteil.

I&F Sie sind in einer Zeit zur Aareal Bank gekommen, die für das

Institut schwierig war. Wo sehen Sie das Institut heute? 2004 bis 2006 waren schwierige Jahre der Neuorientierung. Inzwischen steht das Institut mit den Segmenten Strukturierte Immobilienfinanzierungen und Consulting/Dienstleistungen auf zwei starken Beinen. Diese Solidität zeigt sich darin, dass die Bank seit Ausbruch der Finanzmarktkrise im Herbst 2008 in jedem Quartal schwarze Zahlen geschrieben hat. Darüber hinaus: Im Dax und im M-Dax finden Sie heute nur noch drei Banken. Eine davon ist die Aareal Bank. Und nicht zuletzt sind wir eine der wenigen Banken, die schon heute komplett Basel III erfüllen. Alle Zahlen, die wir im vergangenen Jahr geliefert haben und die wir dieses Jahr liefern werden, basieren bereits auf den neuen regulatorischen Anforderungen.

I&F Woran bemisst sich nachhaltiger Erfolg in der Immobilienfinanzierung?

Hier spielen mehrere Komponenten eine Rolle: Erstens sollte die Bank kontinuierlich Ergebnisse erzielen, die ihrem Risiko angemessen sind. Zweitens kommt es darauf an, mit einem gut diversifizierten Portfolio von unterschiedlichen Zyklen und Marktentwicklungen profitieren zu können. Drittens ist die Motivation der Mitarbeiter ein wesentlicher Indikator, der wiederum davon abhängt, wie sicher die Arbeitsplätze und wie attraktiv die beruflichen Perspektiven sind. Viertens zeigt sich Nachhaltigkeit darin, ob die Eigentümer eine angemessene Rendite auf ihr Kapital bekommen und in welchem Umfang und zu welchen Konditionen Investoren der Bank über Pfandbriefe, Schuldverschreibungen oder Einlagen ihr Geld anvertrauen. Fünftens - und das ist eigentlich der wichtigste Punkt - bemisst sich nachhaltiger Erfolg daran, ob Kunden mit uns Geschäft machen, und zwar nicht nur einmal, sondern immer wieder.

I&F Welche Zukunft haben die gewerbliche Immobilienfinanzierung und die Immobilienbanken?

Die gewerbliche Immobilienfinanzierung hat immer eine Zukunft. Bei einem Industrieunternehmen kann ein Produkt durch technische Innovation überholt werden. Bei Immobilien ist das grundsätzlich nicht der Fall, die Nachfrage wird nie gesättigt sein - und damit auch die Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen. Die Frage ist nur, welche Stadt oder welches Land gerade besonders attraktiv ist, wie sich das wirtschaftliche Umfeld entwickelt und welche Finanzierungen die Kunden nachfragen. Und natürlich: Zu welchen Konditionen ist

unser Produkt refinanzierbar. In den Metropolen dieser Welt wird es stets einen Bedarf an Immobilien für gewerbliche Nutzer geben. Mit einer Intensivierung des internationalen Handels und der Entwicklung der Schwellenländer wird diese Nachfrage sogar noch steigen. Um diese zu bedienen, braucht es zwei Komponenten: Zum einen den Unternehmer, der in die gewerbliche Immobilie investiert und zum anderen den Spezialisten, der diesen Immobilienunternehmer nicht nur als Bankpartner, sondern im Sinne eines umfassenden Dienstleistersberät.

I&F Auch die Immobilienfinanzierung unterliegt als Produkt einem Wandel. 2007 sah man noch Konstruktionen, die heute so nicht

mehr möglich scheinen. Wie wird es weitergehen?

Durch die Regulierung ist Liquidität teurer geworden. Es muss also mehr Eigenkapital in die Finanzierung eingebracht werden. Das Kreditangebot wird knapper. Weil Banken für ihre internen Ratingverfahren detaillierte Informationen von ihren Kunden brauchen, wird die Kommunikation zwischen Bank und Kunde intensiver. Künftig werden Kreditnehmer noch intensiver analysiert, Kunde und Bank werden näher zusammenrücken. Trotzdem werden wir sicherlich nicht mehr die Finanzierungsausläufe sehen, wie man sie aus der Vergangenheit gewohnt war. Als Ergänzung werden sich alternative Finanzierungsformen herausbilden. Wie diese am Ende reüssieren, das wird man sehen.

I&F Es geht also für die Banken nicht mehr darum: Hauptsache überleben?

Auch in der Krise ging es bei uns immer um Zukunftsgestaltung. Zudem sehen wir, dass sich die Gesamtsituation verbessert. Natürlich ist die europäische Staatsschuldenkrise noch lange nicht gelöst, aber die Ankündigung der Europäischen Zentralbank, notfalls in unbegrenztem Umfang Staatspapiere der Krisenländer zu kaufen, hat doch zu einer nachhaltigen Entspannung beigetragen. Mittlerweile beginnen die Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung in den Mitgliedsstaaten zu greifen. Und auch der europäische Bankensektor zeigt - trotz teilweise noch ungelöster Probleme - deutliche Anzeichen einer nachhaltigen Stabilisierung.

I&F Einst führende Immobilienfinanzierer sind vom Markt verschwunden oder müssen deutlich schrumpfen. Gibt es eine ideale Größe für eine Immobilienbank?

Wir müssen davon wegkommen, Volumen sei wichtig. Heute entscheidet einzig die Profitabilität. Unternehmen, auch Banken, müssen für ihre Eigentümer eine dem Risiko angemessene Rendite erwirtschaften. Das drückt sich bei uns darin aus, dass wir spätestens 2016 eine Eigenkapitalrendite vor Steuern von rund zwölf Prozent erreichen wollen und außerdem planen, in Abhängigkeit von den Marktbedingungen 2014 für das Geschäftsjahr 2013 wieder eine Dividende ausschütten zu können.

I&F Fordern die Aktionäre die Dividende?

Unsere Aktionäre sind unserer Entscheidung, in den vergangenen Jahren keine Dividende zu zahlen und stattdessen die Substanz weiter zu stärken, mit viel Verständnis gefolgt. Aber grundsätzlich sind Aktionäre natürlich an Ausschüttungen interessiert, und zwar im Rahmen einer kontinuierlichen und verlässlichen Dividendenpolitik.

I&F Nehmen Sie die jetzt häufiger als Finanzierer gewerblicher Immobilien auftretenden Versicherungen als Wettbewerber oder als Partner wahr?

Solvency II ermöglicht es Versicherungsunternehmen, verstärkt in den Immobilienfinanzierungsmarkt einzusteigen. Das ist einerseits vorteilhaft, weil sie bei großen Transaktionen Partner im Rahmen eines Club Deals sein können. Damit kann im Interesse des Kunden ein viel größeres Volumen dargestellt werden als das eine Bank alleine könnte. Das ist unternehmerisch für den Kunden von Vorteil und volkswirtschaftlich von großem Nutzen, weil dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden. Andererseits ist es aber notwendig, dass Finanzdienstleister, die das gleiche Produkt anbieten auch gleich reguliert werden. Das ist derzeit noch nicht gegeben. Diese Wettbewerbsfairness aber muss kommen. Und wir sollten damit nicht zu lange warten.

I&F Hat die Aareal Bank heute gegenüber Wettbewerbern den Vorteil, dass sie mit der Neuorientierung früher anfangen musste?

Die Fokussierung auf die Bestandsimmobilie, der weitgehende Verzicht auf Entwicklungsfinanzierungen und damit die Ausrichtung auf langfristiges Kundengeschäft haben sich als richtig herausgestellt. Es war in der Phase des Hypes zur Mitte des vergangenen Jahrzehnts manchmal auch für das Management schwer, diesen auf dauerhaften Erfolg ausgerichteten Kurs zu halten. Denn damals gab es spürbaren Druck von Investoren, deren Commitment zur Bank nur auf sechs bis zwölf Monate beschränkt war, dass wir höhere Risiken eingehen, um kurzfristig mehr Erträge zu generieren. Wir haben jedoch damals wie heute stets betont, das Unternehmen perspektivisch ausrichten zu wollen. Für die Glaubwürdigkeit bei den Kunden und damit für den nachhaltigen Erfolg als Bank ist es enorm wichtig, langfristig zu denken und zu planen. Nicht zuletzt deshalb orientieren wir uns bereits seit 2007 am Stakeholder-Ansatz, also nicht nur alleine am Interesse der Aktionäre.

I&F Lassen sich im aktuellen Umfeld mit einer sich rasant wandelnden Regulierung, einem immer noch nicht funktionierenden Interbanken- und Syndizierungsmarkt überhaupt strategische Visionen für einen Immobilienfinanzierer entwickeln?

Unternehmen müssen immer Visionen entwickeln, erst recht, wenn sie sich in einem Umfeld mit hohen Unsicherheiten bewegen. Gerade dann braucht es strategischen Weitblick und eine Idee, an der es festzuhalten gilt, sofern man von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.

Wir akzeptieren das aktuelle Umfeld als "neue Normalität". So wird uns die Volatilität an den Märkten sicher weiter begleiten, darauf muss man sich einstellen. In der Regulierung haben wir eine große Wegstrecke hinter uns. Mehr und mehr kristallisiert sich heraus, was mit Basel III auf die Banken zukommt. Darauf haben wir uns eingerichtet und erfüllen deshalb schon heute alle Kriterien. Für uns als börsennotiertes Unternehmen ist das ein klarer Anspruch, denn wir werden permanent gefragt, wie gut wir für die Zukunft aufgestellt sind. Es ist für alle Seiten beruhigend, wenn man darauf antworten kann: Wir haben rechtzeitig gehandelt und sind für die kommenden Herausforderungen gerüstet.

I&F Die "neue Normalität" bedeutet für Banken höhere Kapitalanforderungen, strengere Liquiditätsvorschriften und niedrigere Rentabilitätserwartungen. Ist das in der Kreditwirtschaft schon angekommen?

Im Zuge der gravierenden Veränderungen der Regulierungslandschaft haben alle Banken ihre Strategien überdacht und jeweils eigene Antworten gesucht, mit unterschiedlichem Erfolg. Die Anbieterseite in der gewerblichen Immobilienfinanzierung hat sich insbesondere in Deutschland und Europa nachhaltig verändert.

Viele Banken sind vom Markt verschwunden, einige Institute konzentrieren sich auf den Heimatmarkt, neue Akteure sind hinzugekommen. Jeder versucht, sich optimal aufzustellen und sein Unternehmen bestmöglich zu positionieren. Das ist die neue Normalität in unserer Branche.

Aus dieser Situation heraus wird zwar künftig wieder mehr Wettbewerb stattfinden. Die desaströsen Margen wie vor der Krise dürften jedoch der Vergangenheit angehören. Die Eigenkapitalrenditen werden geringer ausfallen, doch nicht so niedrig sein, dass sie für Investoren uninteressant wären.

I&F Sie plädieren für ein Regulierungsmemorandum. Was erhoffen Sie sich davon?

Die Banken werden aus unterschiedlichen Gründen mit einer Vielzahl von Regulierungsmaßnahmen konfrontiert. Dazu gehören neben Basel III neue Vergütungsregeln und Veränderungen im Meldewesen, der internationalen Rechnungslegung, dem Zahlungsverkehr und so weiter und so fort. Regulierung betrifft ja nicht nur eine Bank und ihre Mitarbeiter, sondern unmittelbar auch die Kunden und Dienstleister wie beispielsweise Wirtschaftsprüfer. Allein das Regelwerk zur Umsetzung von Basel III umfasst 5 000 DIN-A4-Seiten. Das muss alles gelesen und in interne und externe Prozesse umgesetzt werden.

Das Problem dabei: Es wird viel mehr auf der politischen Ebene angestoßen, als in vertretbarer Zeit operativ vor Ort umgesetzt werden kann - und zwar nicht nur bei den Banken selbst, sondern auch bei den Aufsichtsbehörden. Alle Beteiligten müssen also aufpassen, in der Umsetzung nicht unsolide zu werden. Zudem ist völlig unklar, welche kumulativen Folgen das gewaltige Bündel an Maßnahmen für eine Bank, für die Aktionäre, für die Kunden und für die Mitarbeiter haben wird. Dieses Nichtwissen ist sehr gefährlich.

Wir brauchen Zwischenstationen auf dem richtigen Weg zu einer besseren Regulierung. An diesen Zwischenstationen müssen wir uns versichern, dass wir noch auf dem richtigen Weg sind. Denn irgendwann wollen wir erreichen, dass einerseits das Finanzsystem stabil ist, andererseits aber die Wettbewerbs- und Handlungsfähigkeit der Banken gewahrt bleiben, um die Volkswirtschaft unterstützen zu können. Die Komponenten "Markt" und "Regulierung" müssen also ausgewogen bleiben.

I&F Welchen Effekt hat das vom Bundestag beschlossene Trennbanken-System für die Aareal Bank?

Für die Aareal Bank ergeben sich keine unmittelbaren Auswirkungen, da wir keine Investmentbankaktivitäten haben, sondern ein Institut mit zwei stabilen kundenbezogenen Geschäftsbereichen sind. In meinen Augen macht das Trennbankensystem keinen Sinn. Seine Einführung ist politisch getrieben und hat keine positiven Effekte. Im Gegenteil. Es wird die Produkte insbesondere für den deutschen Mittelstand verteuern, ohne zusätzliche Sicherheit zu bringen. Ich hätte es so gelassen, wie es ist.

I&F Ursprünglich kam die Bank aus der Wohnungsfinanzierung. Könnte das wieder ein Geschäftsfeld werden?

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels hat die Eigenheimfinanzierung für den Einzelhaushalt eine hohe gesellschaftliche Relevanz, denn Wohneigentum wird als Bestandteil der Einkommenssicherung im Alter immer wichtiger. Es war jedoch eine strategische Entscheidung der Bank, dieses Geschäft nicht mehr zu betreiben, sondern sich einerseits auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung und andererseits auf Dienstleistungen für die Wohnungswirtschaft zu konzentrieren. Dieses Geschäftsmodell hat sich während der Finanzmarktkrise bewährt. Es besteht kein Anlass, das Unternehmen neu auszurichten.

I&F Sie verwalten Kundeneinlagen der Wohnungswirtschaft in Milliardenhöhe. Zählt sie auch zu ihren Kreditnehmern?

Wir stellen Wohnungsunternehmen Betriebsmittelkredite zur Verfügung und begleiten Investoren beim Kauf von Wohnungsportfolios. Der Fokus in der gewerblichen Immobilienfinanzierung liegt jedoch ganz klar auf die Finanzierung von Bürogebäuden, Einkaufszentren, Logistikimmobilien und Hotels. Dabei verfolgen wir einen konservativen Ansatz mit einer abgestuften Risikopolitik und finanzieren als Senior Lender nur fertige Objekte, die sich in einem gefragten Stadtteil einer Metropole befinden und einen ausgewogenen Mietermix aufweisen. Kurz: Wir suchen Core-Kunden, Core-Objekte und

Core-Locations. Die Kundeneinlagen der Wohnungswirtschaft sind einerseits ein strategischer Vorteil, weil sie neben dem Pfandbrief und Schuldverschreibungen eine dritte langfristige Refinanzierungsquelle der Bank darstellen. Insbesondere unter der neuen Regulierung erfahren Einlagen eine viel höhere Wertschätzung als in der Vergangenheit. Die Einlagen sind aber andererseits auch Ausdruck des hohen Vertrauens unserer Kunden in ihre Hausbank. Welche Bank kann heute noch Kundenverbindungen vorweisen, die viele Jahrzehnte bestehen? Einige Wohnungsunternehmen halten uns sogar seit den zwanziger Jahren die Treue. Das zeigt, wie viel Vertrauen dem Institut geschenkt wird und wie fest es in der Wohnungswirtschaft verankert ist. Wir wollen der wichtigste Bankpartner der Wohnungsunternehmen bleiben.

I&F Mit zwei Milliarden Euro hat die Aareal Bank im ersten Quartal deutlich mehr Immobilienkredite zugesagt als im Vorjahresquartal. Ist das ein Indikator für die weltwirtschaftliche Erholung oder Zeichen einer fortgesetzten Konsolidierung unter den Hypothekenbanken?

Im vergangenen Jahr haben wir aus Gründen der Vorsicht erst die Refinanzierung angestoßen und anschließend Neugeschäft geschrieben. Dieses Jahr haben wir den Markt vom 2. Januar an kontinuierlich bearbeitet. In den Zusagen von knapp zwei Milliarden Euro sind rund 1,2 Milliarden Euro Neugeschäft enthalten, der Rest entfällt auf Prolongationen. Allerdings kann diese Zahl nicht mit dem Multiplikator vier auf das Gesamtjahr hochgerechnet werden. Wir gehen für das laufende Jahr von einem Zusagevolumen - Neuabschlüsse inklusive Prolongationen - zwischen sechs und sieben Milliarden Euro aus.

I&F Mit ihrer Drei-Kontinente-Strategie unterscheidet sich die Aareal Bank von vielen Wettbewerbern, die sich wieder auf Europa oder sogar nur Deutschland zurückziehen. Lassen sich global noch Marktzyklen nutzen?

Wir können noch immer von unterschiedlichen Immobilienzyklen in verschiedenen Ländern profitieren. Eine hohe Diversifizierung nach Regionen und Objekttypen ist Teil unserer konservativen Risikopolitik. Wir setzen auf verschiedene Metropolen in unterschiedlichen Ländern und eine breite Palette von Objekttypen. Wir definieren pro Region und Land, welche Objekte mit welchen spezifischen Kennzahlen finanziert werden. Die Drei-Kontinente-Strategie hat sich ausgezahlt und deshalb werden wir sie fortsetzen.

I&F Welche Effekte hat die Leitzinssenkung auf 0,5 Prozent für Ihr Haus? Wo ist Schluss?

Die Zinsen sind auf einem historisch niedrigen Niveau, und das könnte durchaus noch lange Jahre so bleiben. Ansonsten könnten die südeuropäischen Länder ihre Zinsen nicht adäquat bedienen. Dabei steckt die EZB in dem Dilemma, dass der Leitzins für diese Länder eigentlich noch weiter gesenkt werden müsste,

während er für die deutsche und einige andere europäische Volkswirtschaften viel zu niedrig ist. Für Kreditnehmer und den deutschen Staat wird die Verschuldung dadurch billiger. Auf der Einlagenseite verdienen die Banken allerdings deutlich weniger. Gleichzeitig ist es extrem schwer geworden, freie Liquidität sicher und trotzdem rentierlich anzulegen. Das werden auch diejenigen spüren, die derzeit in die Altersvorsorge investieren. Gesund ist ein so niedriges Zinsniveau nicht.

Wir haben immer noch in erheblichem Umfang Anlagemittel bei der EZB geparkt. Trotzdem ist im ersten Quartal erstmals seit einer Reihe von Quartalen der Zinsüberschuss wieder gestiegen und wir gehen für das Gesamtjahr von einem etwas über dem Vorjahr liegenden Saldo aus. Wir sehen also durchaus eine Trendumkehr.

I&F Hat die EZB also bisher alles richtig gemacht?

Einige Länder sind jahrelang in die falsche Richtung gefahren. Da kann man keine Korrektur innerhalb von zwölf oder 24 Monaten erwarten. Aber wir sind schon ein gutes Stück vorangekommen. Und bei aller berechtigten Kritik am Krisenmanagement und wohlfeilen Aussagen, was man vielleicht hätte besser machen können oder noch besser machen kann - eines dürfen wir nicht vergessen: Europa bietet uns viele Vorteile.

Da ist zum Beispiel die Vielfalt der Ideen und Kulturen. Oder der Wohlstand, den uns Europa über die Jahrzehnte beschert hat und den wir manchmal als zu selbstverständlich ansehen. Nicht zuletzt hat uns Europa ein friedliches Miteinander der Völker gebracht, wie es noch vor wenigen Generationen kaum denkbar gewesen ist. Wir stellen diese Vorteile im Augenblick jedoch viel zu wenig heraus. Wir müssen mehr Europa wagen. Der Euro ist ein Weg dahin. Nach der gemeinsamen Währung braucht es jetzt eine gemeinsame Regierung. Denn alle Maßnahmen, die Europa bislang beschließt, müssen erst durch die nationalen Parlamente und womöglich noch durch deren juristische Instanzen. Europa steht auf der einen Seite, nationale Souveränität auf der anderen. Das führt zu häufig zu einer gegenseitigen Blockade. Und die müssen wir in Schritten überwinden.

Europa bedeutet Wohlstand, Freiheit und Frieden. Das sollte nicht vergessen werden. Wir müssen deshalb um den Erhalt und die Fortentwicklung der Friedenszone Europa kämpfen.

I&F Zum Geburtstag darf man sich etwas wünschen. Wenn Sie für die Bank drei Wünsche frei hätten, welche wären das?

Erstens wünschte ich mir eine Regulierung mit Augenmaß. Das bedeutet, auch einmal inne zu halten, um einführen zu können, was bereits beschlossen ist. Zweitens wäre es schön, wenn bei einigen die Einsicht zurückkehrte, dass Politik und Banken nach der Bundestagswahl wieder an einem Strang ziehen müssen, um ihre Verantwortung für die Volkswirtschaft und das soziale Miteinander wahrzunehmen. Und drittens sollte man nicht in jedem Banker einen Kriminellen sehen: Die weit überwiegende Mehrzahl der rund 670 000 Menschen, die in Deutschland im Bankgewerbe tätig sind, haben einen guten Job gemacht. Es wäre schön, wenn die auch wieder stolz auf ihre Arbeit sein dürften.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X