Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Anforderungen institutioneller Investoren an börsennotierte Immobiliengesellschaften

Einige institutionelle Investoren und Börsianer erinnern sich noch an Zeiten als Geschäftsberichte zu den zentralen Informationsmöglichkeiten über Strategie, Tätigkeit und die wichtigsten Eckdaten eines Unternehmens zählten und in der Ausgestaltung lediglich die gesetzlich festgeschriebenen Publizitätspflichten erfüllten. In den vergangenen Jahren hat nicht nur der Gesetzgeber zahlreiche neue Regelungen erlassen, die für mehr Transparenz sowie Fairness auf den Kapitalmärkten sorgen sollen, auch die Märkte, in denen die gelisteten Unternehmen tätig sind, unterlagen einem starken Wandel. So sind die Anforderungen der Eigen- und Fremdkapitalgeber an die kapitalsuchenden Unternehmen deutlich gestiegen.

Die Unternehmens- und Kursentwicklung einer Aktiengesellschaft befindet sich langfristig im Gleichlauf mit der Qualität ihrer Unternehmensführung. Ist die Qualität nicht vorhanden, wenden sich viele Anleger schnell ab. Auch mangelnde Transparenz wirkt sich unmittelbar negativ auf die Höhe des Unternehmenswertes aus - selbst bei eigentlich guter Unternehmensführung.

Nicht zuletzt leidet unter mangelnder Kommunikation auch die Geschäftsbeziehung zu den Endkunden, was ebenfalls das operative Ergebnis belastet. Der Aktienkurs eines Unternehmens hängt vom Unternehmenswert sowie seinem operativen Erfolg ab und zu einem großen Teil auch von seiner Reputation am Kapitalmarkt. Investoren erwarten heute von Unternehmen tiefer gehende Informationen und eine schlüssige Strategie, Unternehmen hingegen langfristige Investoren. Ohne Reputation keine Investoren. Und ohne Investoren keine Mittel.

Steigende Anforderungen an Mandatsträger

Die Anforderungen für die Bestellung von Vorständen und Aufsichtsräten werden insgesamt höher. Dies erfordert einerseits eine professionelle Organisation, andererseits sind umfassende Kenntnisse über jedes Gremienmitglied in puncto Corporate Governance unverzichtbar. Interessenskonflikte müssen vermieden und Qualifikationen umfassend dargelegt werden. Neben der Unabhängigkeit des zu wählenden Aufsichtsratsmitglieds gehört die Vorlage eines aussagekräftigen Lebenslaufes zu den Mindestanforderungen der institutionellen Investoren. Diese Informationen sollten eine Selbstverständlichkeit sein, die Realität sieht leider anders aus: Lebenslaufveröffentlichungen bleiben eine Ausnahme.

Die Vergütungskomponenten des Vorstands sowie der Aufsichtsräte sorgen immer wieder für Diskussionsbedarf. Über die vergangenen Jahre haben Unternehmen in immer stärkerem Maße die Hauptelemente ihrer Vergütungsstrukturen offengelegt. In den Mittelpunkt der Diskussion rückt zunehmend die Langfristigkeit der Vergütungsmodelle sowie deren Gleichlauf mit den Aktionärsinteressen. Abgelehnt wird grundsätzlich eine nicht leistungsgerechte oder unverhältnismäßige Entlohnung, die nicht zum längerfristigen und nachhaltigen Erfolg der Gesellschaft führt oder auch zum Eingehen unangemessener Risiken verleitet.

Auch bei Immobilienaktiengesellschaften spielt die Incentivierung des Managements eine wichtige Rolle, damit Anreizsysteme geschaffen werden, die im Interesse der Aktionäre liegen. Die wesentliche Einnahmequelle eines Immobilienbestandshalters sind die Mieterträge. Um die operative Geschäftsentwicklung beurteilen und Dividenden zahlen zu können, wird dieser Cash-Flow - in der Immobilienbranche "FFO" (Funds From Operations) genannt - zugrunde gelegt. Eine reine Betrachtung des absoluten FFO ist jedoch nicht zielführend und kann sogar im Kern den Interessen der Anteilseigner entgegenstehen. Wichtig für den Aktionär ist, dass sein Anteil am operativen Ergebnis pro Aktie steigt. Dies kann neben einem guten Immobilienmanagement auch über Kapitalerhöhungen geschehen. Hierbei ist es von höchster Bedeutung, dass beim Kauf neuer Immobilien nicht nur die absolute Höhe der Mieten steigt, sondern auch der FFO pro Aktie.

Nun finden sich in Deutschland Gesellschaften, deren Vorstände, aber auch Aufsichtsräte, einen Teil ihrer variablen Vergütung in Form eines prozentualen Anteils am FFO erhalten und nicht im Hinblick auf den FFO pro Aktie. Dies steht im direkten Widerspruch zu den Interessen der Aktionäre. Das Risiko für den Anteilseigner sind Kapitalerhöhungen der Gesellschaft, die verwässernd wirken. Der Vorstand erhöht hiermit sein Gehalt, da die absoluten Mieteinnahmen steigen; der Aktionär wird bestraft, da die Mieteinnahmen relativ zur einzelnen Aktie sinken. Die Anforderung muss entsprechend lauten: Variable Vergütung des Vorstands im Hinblick auf die positive Entwicklung des FFO pro Aktie.

Kapitalerhöhung

Insbesondere REITs sind beim Thema Kapitalerhöhung sensibel. Anders als andere gelistete Unternehmen und Immobilienaktiengesellschaften sind sie gesetzlich gezwungen nahezu ihren kompletten handelsrechtlichen Jahresüberschuss an die Anleger auszuschütten. Dies hat wesentliche Auswirkungen: Einerseits kann der Investor sicher sein, dass er jährlich über seine Dividende am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens nahezu vollständig partizipieren kann. Andererseits ist das Unternehmen auf neu aufzunehmendes Kapital angewiesen, wenn weitere Immobilien gekauft werden sollen. Transaktionen sind oftmals sehr zeitkritisch. Damit Aktionäre einem Unternehmen jedoch zügig frisches Kapital geben, müssen sie von der Strategie des Vorstands überzeugt sein und ihm vertrauen. Erfolgreiche REITs sind somit zu Transparenz und bester Corporate-Governance-Anwendung gezwungen, denn ansonsten ist kein profitables und kontinuierliches Wachstum möglich.

Immobilien stehen für regelmäßige und schwankungsarme Mieterträge. Dies gilt unabhängig von der Rechts- und Anlageform, in die Immobilien verpackt sind - so auch bei gelisteten Immobiliengesellschaften und REITs. Immobilienbestandshalter müssen alles daran setzen, eine kontinuierliche und im Zeitablauf steigende Dividende auszuschütten. Dass diese nicht aus der Substanz bezahlt wird, sollte eine Selbstverständlichkeit darstellen.

SEB Asset Management analysiert die potenziellen Gesellschaften, in die es investiert, vorwiegend im Hinblick auf die Nachhaltigkeit der ausschüttbaren Dividende. Hierbei werden Unternehmen präferiert, die eine gesunde und konservative Bilanz aufweisen. Der sogenannte "LTV" (Loan to Value, also das Verhältnis der Hypotheken zum Verkehrswert der Immobilien) sollte keinesfalls höher als 50 Prozent sein. Hierdurch kann das Unternehmen unabhängig von der weiteren Zinsentwicklung solide operative Gewinne einfahren. Einhergehend damit sind Fremdfinanzierungsausläufe gleichmäßig über die kommenden Jahre zu verteilen, damit es nicht zu unternehmensgefährdenden Refinanzierungsproblemen kommen kann, sollten Banken wieder einmal in einer Krise stecken.

Je konkreter die Daten bei der Analyse der Gesellschaften, desto besser für die Berechnung möglicher Kursziele für den Investor. Hierbei gehen nicht selten die Meinungen von Vorstand und Investor auseinander. Während manche Chief Executive Officer der Ansicht sind, sie seien in der Lage sowohl Miet- als auch Zinszyklen zu spielen und danach ihre Mietausläufe und Refinanzierungen zu optimieren, verringert dies jedoch die Prognosefähigkeit für den externen Investor. Seine Anforderung ist vielmehr ein möglichst hoher Anteil fixer Zinsen - insbesondere im derzeitigen Zinsumfeld - sowie eine Vollvermietung ohne strategischen Leerstand.

Verantwortliches Investieren

Institutionelle Investoren werden sich mehr und mehr ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst. Sie stellen Unternehmen Kapital zu deren Wachstum zur Verfügung. Immobilienbesitz und -nutzung gehen mit einem großen Ressourceneinsatz und -verbrauch einher. Mehr und mehr werden Stimmen laut, die eine Integration von SRI 1)- und ESG 2)-Kriterien in den Managementansatz sowie deren Nachweis in Form von Nachhaltigkeitsberichten fordern.

Schaut man sich die Situation außerhalb der etablierten Märkte an, so gibt es noch größere Unterschiede sowohl bei den Corporate-Governance-Strukturen als auch beim Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen. Insbesondere in Asien lässt sich jedoch sehr gut erkennen, dass diejenigen Immobiliengesellschaften und REITs, die im Interesse ihrer Investoren handeln, kontinuierlichere Kurssteigerungen aufweisen, als diejenigen, die hier noch Nachholbedarf haben. Asien ist ein Wachstumsmarkt, neues Kapital ist für Immobilienunternehmen unersetzlich für weiteres Wachstum. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der in den etablierten Märkten entwickelte Stand erreicht wird.

Transparenz - Pflicht oder Kür?

Erfolgreiche Unternehmen müssen transparent sein. Dies gilt gleichermaßen für herkömmliche Aktiengesellschaften wie auch für Immobilienunternehmen im Allgemeinen und REITs im Speziellen. Denn nur durch Transparenz gewachsenes Vertrauen hält den Gesellschaften den Zugang zum Kapitalmarkt offen. Vorstände und Aufsichtsräte müssen bestmöglich qualifiziert sein und ihre Vergütungsstrukturen dem Interesse ihrer Aktionäre anpassen. Wesentlicher Erfolgsfaktor für die Unternehmen sind die Dividendenzahlungen, die den Investor am Unternehmenserfolg beteiligen. Diese müssen nachhaltig, berechenbar und über die Zeit hinweg steigend sein. Viele Vorstände sagen in Gesprächen, ihr Ziel sei eine Steigerung des Aktienkurses. Ihr eigentliches Ziel muss jedoch die Erfüllung der dargestellten Mindestanforderungen sein - die Aktien steigen danach von ganz alleine.

Fußnoten

1) Socially Responsible Investments2) Environmental, Social und Governance

Thomas Körfgen , Geschäftsführer und Leiter indirekte Immobilienanlage, Savills Investment Management KVG GmbH, Frankfurt am Main
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