Im Blickfeld

Angst vor den Billigheimern

Wohl nur noch Spielhallen sind bei Vermietern, benachbarten Einzelhändlern und Kommunen unbeliebter als die sogenannten Ein-Euro-Läden. Wird doch befürchtet, dass die als Resterampe angesehenen Discounter eine Kundschaft in die etablierten Ladenpassagen ziehen, die von den übrigen Händlern als unerwünscht, wenn nicht sogar störend angesehen werden. Dennoch wächst die Zahl der Billigläden rasant. So eröffnete beispielsweise der Ein-Euro-Discounter Tedi im ersten Jahr seines Bestehens 120 Filialen, im Jahr 2008 waren es dann schon 650 und 2011 zählt das Filialnetz 1 200 Geschäfte. Schum Euroshop und Mäc Geiz verfügen jeweils über 190 Läden.

Nach Einschätzung von Marktbeobachtern kommen die Ein-Euro-Läden jedoch aufgrund der geringen Warenwerte nur auf einen Umsatz von zwei Milliarden Euro. Trotz der hohen Expansionsgeschwindigkeit wird erwartet, dass dieser Wert in Zukunft höchstens 2,5 Milliarden Euro erreicht. Gemessen am Gesamtumsatz des deutschen Einzelhandels von 414 Milliarden Euro im Jahr 2011 erreichen die Discount-Shops also nur einen Marktanteil von 0,5 Prozent und seien daher nach Meinung des Beratungsunternehmens eigentlich auch keine Gefahr für etablierte Ladenstandorte. Zudem würden die Discounter nicht allein Kunden mit kleinem Budget, sondern auch Schnäppchenjäger ansprechen. Letztere hätten durch das schnell wechselnde Warenangebot den Eindruck von Knappheit und kauften aus Angst, eine günstige Gelegenheit zu verpassen, vor allem spontan ein.

Trotzdem wird eine Ansammlung von Billig-Labels stets als Zeichen des sozialen Abstiegs eines Quartiers und des qualitativen Niedergangs einer Einkaufslage angesehen. Deshalb fürchten Einzelhändler, deren Waren im mittleren und höheren Preissegment angesiedelt sind, dass ihre Kunden andere Lokalitäten zum Einkaufsbummel bevorzugen. Daher suchen diese Mieter neue Standorte oder meiden bei der Filialsuche von vornherein Straßen mit hoher Discounter-Dichte. Somit mag ein einzelner Discounter vielleicht noch als eine Bereicherung der Angebotspalette in gewachsenen Einzelhandelslagen angesehen und geduldet werden, eine Häufung dieser Handelskonzepte birgt jedoch die Gefahr sinkender Ladenmieten und damit zwangsläufig auch fallender Immobilienwerte. Eine Vermietung an den erstbesten Interessenten nach dem Motto "Hauptsache der Laden ist voll" kann für den Immobilieneigentümer und die finanzierende Bank daher langfristig nachteiliger sein als temporärer Leerstand. L.H.

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