Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Anleiheemissionen von Immobilienunternehmen aus Sicht der begleitenden Bank

Seit Beginn der Dekade treten eher mittelständisch geprägte Unternehmen am Kapitalmarkt als Emittenten von Unternehmensanleihen auf, die daher als sogenannte Mittelstandsanleihen bezeichnet werden.

Für das Entstehen dieses Marktes gibt es sicherlich eine Vielzahl von Gründen, entscheidend ist aber, dass eine erhebliche Kapitalnachfrage von Emittenten aus verschiedenen Branchen auf eine signifikante Anlagebereitschaft trifft. Diesen Trend machen sich auch Immobiliengesellschaften zunutze, die vermehrt Unternehmensanleihen begeben.

Die bestehende Finanzierungsstruktur von Immobilienunternehmen wird durch eine Anleiheemission gestärkt und diversifiziert. In den meisten Fällen verwenden die Emittenten den Emissionserlös nicht als Ersatz für eine klassische grundschuldlich besicherte Bankfinanzierung, sondern stellen damit den Eigenkapitalanteil bei Immobilienprojekten- beziehungsweise -finanzierungen dar.

Die eingeworbenen Mittel verkörpern somit eine Alternativfinanzierung zu Junior-Darlehen, Mezzaninkapital oder auch zu Eigenkapital, weswegen die Unternehmen in der Lage sind, einen Kupon in der Höhe von sechs bis neun Prozent anzubieten und dies immer noch eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung ist. Die Mittelverwendung als Eigenkapitalsurrogat ist kein spezifisches Merkmal von Immobilienanleihen, es sollte jedoch jedem Marktteilnehmer bewusst sein, dass das Anleihekapital in der Regel nachrangig zu anderen Finanzierungsbestandteilen (zum Beispiel Bankdarlehen) ist.

Auswahl der Emittenten

Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Marktansprache ist immer die Kapitalmarktfähigkeit der Emittentin. Dazu zählt neben einem qualifizierten Management, das den Anforderungen der Börsenfolgepflichten nachkommen kann, die technische Börsenreife in klusive eines bestehenden Risikomanagements und Reportings. Für private und eher mittelständisch geprägte Gesellschaften bedeutet daher die mit einer Börsennotierung einhergehende Öffentlichkeit eine große Umstellung.

Daher ist es vorteilhaft, wenn das emittierende Unternehmen selbst an der Börse gelistet ist - zum einen aufgrund der vorliegenden Transparenz und der Historie, da das Geschäftsmodell, das Management sowie für die Vergangenheit die Geschäftszahlen bekannt sind. Zum anderen gibt es bereits Investoren, die bei dem Unternehmen engagiert sind und gegebenenfalls auch potenzielle Zeichner einer Anleihe sind.

Mittelverwendung im Vordergrund

Als emissionsbegleitende Bank steht für die VEM die Mittelverwendung im Vordergrund und wie aus den damit getätigten Investitionen die Rückzahlung der Anleihe sichergestellt beziehungsweise die Refinanzierungsfähigkeit gestärkt werden kann. Leider hat dieser noch recht junge Markt bekanntermaßen bereits einige Insolvenzen verkraften müssen. Wenngleich davon im Besonderen die Erneuerbare-Energien-Branche betroffen ist, so gelten die grundlegenden Kriterien für alle Emissionen.

Kapitalmarktgeeignet sind sowohl Gesellschaften aus der Projektentwicklung als auch Bestandshalter. Für die Einordnung der Geschäftsmodelle sollte eine klare Positionierung entlang der Wertschöpfungskette möglich sein. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob die Emittentin im Bereich von Gewerbeoder Wohnimmobilien tätig ist. Wichtig ist die klare Definition der Geschäftstätigkeit, die sich zum Bespiel bei einem Immobilienveredeler für Gewerbe- und Wohnimmobilien auch auf den gleichen Teil der Wertschöpfungskette beziehen kann.

In Ableitung der Mittelverwendung spielt die Cash-Flow-Planung eine entscheidende Rolle, wobei aufgrund der höheren Umschlagshäufigkeit der Objekte bei projektierenden Gesellschaften die Belastbarkeit des Geschäftsmodells mit seinen Marktannahmen von besonderer Bedeutung ist. Nachdem sich, trotz aller Planung, Verkaufszeitpunkte und -erlöse nicht sicher planen lassen, ist die Frage nach der Risikodiversifikation und einem bestandsbasierten Sicherungskonzept bei Immobilienanleihen häufig von zentraler Wichtigkeit.

Im Maximalfall kann durch im Bestand befindliche Objekte eine grundpfandrechtliche Besicherung der Anleihe dargestellt werden. Dies kann über die Bestellung von in der Regel nachrangigen Grundschulden für die Anleihegläubiger erfolgen, aber auch über die Verpfändung von Anteilen an Geschlossenen Fonds respektive Gesellschaftsanteilen oder über sonstige Treuhandmodelle. Alle diese Varianten sind bei den am Markt platzierten Anleihen (siehe Tabelle) bereits angewandt worden.

Wenngleich die Werthaltigkeit eines Sicherheitenportfolios in einem Verwertungsszenario immer einem Stresstest unterworfen sein wird, bietet dieses Instrument zumindest einen gewissen Mindestschutz für Investoren, was sich grundsätzlich in einer positiven Wirkung des jeweiligen Sicherungskonzeptes auf ein Anleiherating zeigen sollte. Um Anlegern einen besonderen Komfort zu gewähren, haben Emittenten ihre Anleihen zunehmend mit einem teilweisen Inflationsschutz und anderen "Sicherungsmechanismen" (Covenants) wie vorzeitiger Rückzahlungsmöglichkeit in bestimmten Fällen ausgestattet.

Emissionsprozess

Obwohl Mittelstandsanleihen in der Regel als Eigenemission begeben werden, kommt der begleitenden Bank eine zentrale Bedeutung zu. Die beschriebenen Strukturierungsmerkmale erfolgen mithin vor dem Hintergrund der anschließenden Vermarktung und Platzierung der Anleihe. Die Bank koordiniert den gesamten banktechnischen Prozess von der Verbriefung bis zur Platzierung und Börseneinführung der Anleihe.

Neben der Erstellung des Wertpapierprospektes ist die Erstellung des Unternehmens- beziehungsweise Anleiheratings ein weiterer wichtiger Meilenstein. Das Rating übt einen hohen Einfluss auf die Entscheidung der Höhe des Kupons der Anleihe aus. Ein gutes Rating sorgt allerdings nicht automatisch dafür, dass die Anleihe auch gut zu platzieren ist. Gerade Privatanleger schauen eher auf die Höhe des Kupons, und machen davon ihre Anlageentscheidung abhängig.

Trotzdem ist ein Rating üblicherweise gepflegte Marktusance, da viele Vermögensverwalter oder andere institutionelle Anleger ein Rating zur Dokumentation ihrer Investmententscheidung benötigen. Wenn eine Besicherung vorliegt, sollte das Anleiherating besser ausfallen als das Unternehmensrating, was sicherlich auch für ein Besicherungskonzept spricht.

Die marktgängigen Emissionsvolumen beginnen ab 15 Millionen Euro, da darunter die Handelsliquidität schlicht zu gering ist. Idealerweise hat eine Anleiheemission ein Volumen von mindestens 30 Millionen Euro, da in etwa ab dieser Größenordnung auch kleinere Fondsgesellschaften in Anleihen investieren dürfen. Je größer eine Anleiheemission ist, desto mehr erweitert sich der Kreis der potenziellen Investoren.

Die Platzierung

Blickt man auf die Käufer von Immobilienanleihen, so sind die meisten Investorengattungen vertreten: institutionelle und semi-institutionelle Anleger, Vermögensverwalter, Family Offices, Pensionskassen und Versicherungen im In- und Ausland. Die Erfahrung zeigt, dass Immobilienanleihen ein Stück weit polarisieren. Auf der einen Seite schätzen affine Investoren den Sachwertcharakter und die planbaren Zahlungsströme, auf der anderen Seite ist die Assetklasse Immobilien bei einer Vielzahl von Marktteilnehmern auch negativ behaftet durch entsprechende Erfahrungen mit meist (Geschlossenen) Immobilienfonds.

Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Platzierung sind eine schlüssige Bondstory und ein attraktives Rating-Kupon-Verhältnis. Wenn der Emittent darüber hinaus noch einen gewissen Bekanntheitsgrad - gegebenenfalls auch nur regional - vorweist oder zumindest der Financial Community geläufig ist, unterstützt dies die Attraktivität des Angebots. Flankiert wird die Vermarktung der Anleihe durch eine gezielte IR/PR-Kampagne.

Die richtige Wahl des Zeitpunktes der Emission ist mitunter ein entscheidender Transaktionsparameter. Durch die Vielzahl an Emissionen, die in kurzer Zeit an den Markt kommen, ist es wichtig, eine entsprechende Aufmerksamkeit bei Investoren zu erzielen. Es ist daher von Vorteil, wenn die Platzierung zu einer Zeit startet, in der nicht parallel diverse weitere Emittenten an den Markt drängen. Dies ist jedoch nicht vollends planbar und somit bleibt dieser Punkt mit Unsicherheiten behaftet, was natürlich ebenso für das Marktsentiment beziehungsweise die grundsätzliche Aufnahmebereitschaft der Anleger zutrifft.

Die jeweiligen Börsen selbst haben bei den Anleiheemissionen eine neue Rolle eingenommen, indem sie selbst in der Platzierung mitwirken. Privatanleger können über eine gewöhnliche Börsenorder Neuemissionen zeichnen, dies gilt für alle speziellen Anleihesegmente der deutschen Börsen. Diese Form der Disintermediation ist neu, hat sich aber als Marktstandard etabliert.

Nach der Handelsaufnahme

Im Gegensatz zu einer Kreditaufnahme ist eine Anleiheemission keine einmalige Aktion, sondern lediglich der Auftakt für die Präsenz am Kapitalmarkt. Die Publizitätspflichten umfassen Themen wie (Quasi-)Ad-hoc-Meldungen, Geschäfts- und Halbjahresberichte, aber auch jährliche Ratingaktualisierungen, ein gepflegter Investor-Relations-Bereich auf der Firmenwebsite, die Teilnahme an Analystenveranstaltungen respektive Kapitalmarktkonferenzen und Roadshows.

Eine offene und klare Kommunikation mit den Anleihegläubigern, die eine andere Interessenslage haben als die Aktionäre des Unternehmens, ist der Schlüssel für ein erfolgreiches Being Public als Anleiheemittent und damit die Basis für weitere Kapitalmarktfinanzierungen.

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