MIPIM-Special

"Ausnahmezustand" im spanischen Markt für Immobilienkredite

Rund dreieinhalb Millionen leere Wohnungen in Spanien - davon zirka 800 000 während des Booms bis 2007 entstandene Einheiten - bei einem Wohnungsstock von rund 25 Millionen für etwa 17 Millionen Haushalte sind schon ein ernstes Wort. Die Fehlallokationen - sei es bei der Errichtung von Feriensiedlungen an den Küsten oder im gewerblichen Wohnungsbau - haben enorme negative Folgen für Spanien.

Eine unkoordinierte öffentliche Genehmigungspraxis bei der Umwidmung von Flächen in Bauland, laxe und ohne Blick für das Ganze agierende Sparkassen und Banken, die Kredite in exorbitanten Volumen mit zum Teil abenteuerlich hohen Loan-to-Value-Ratios (LTV) ausgelegt haben, und nicht zuletzt Bauträger (Promotoras) und Immobiliengesellschaften von klein bis groß, viele unter der Last nicht bedienbarer Kredite zusammengebrochen, die an diesem gewaltigen Pyramidenspiel mitgewirkt haben, sind die Hauptakteure in einem auf rund 180 Milliarden Euro bezifferten Markt für Non-Performing-Loans (NPL).

Das Umfeld

Während in Deutschland der Markt für leistungsgestörte Kredite wenig Dynamik aufweist, weil Finanzinstitute und auch die Bad Banks in einem historisch niedrigen Zinsumfeld keinen Druck verspüren, sich von ihren Bes tänden zu lösen, agiert die spanische Bad Bank Sareb - ein zu 45 Prozent in Staatshand befindliches, ansonsten überwiegend von spanischen Banken gehaltenes Vehikel - recht agil am Markt und bringt in kurzen Abständen NPL-Portfolios an den Markt. So sind bislang rund 9 000 Objekte mit einem Volumen von rund 700 Millionen Euro an überwiegend internationale Investmentadressen veräußert worden.

Was also treibt internationale Investoren in den letzten Monaten verstärkt dazu an, sich im spanischen NPL-Markt zu positionieren, noch dazu in einem wirtschaftlichen Umfeld mit einer Erwerbslosenquote von 25 Prozent, nahezu 100 Prozent Staatsverschuldung sowie einem Wertverfall von Wohnimmobilien. Alles in allem also nicht gerade das Abbild einer tanzenden Carmen.

Glaubt man den Experten, dann sähe Spanien wirtschaftlich gar Licht am Ende des Tunnels und das, obwohl regional abhängig noch Spielraum scheint für einen weiteren Wertverfall von Wohn- und Ferienimmobilien - in Größenordnungen von fünf bis zehn Prozent. Diesen Wert stufen die aktiven Marktteilnehmer jedoch als vertretbare Bandbreite ein, den es beim Ankauf zu berücksichtigen gilt.

Die strukturelle Eigenheit einer hohen Wohneigentumsquote in Spanien - inzwischen 79 Prozent mit fallender Tendenz, nach über 80 Prozent in den vorangehenden Jahren - stellt einen Kernaspekt für die Investitionen in NPL-Portfolios dar. Hinzu kommt, dass aufgrund des Risikoprofils hohe Renditen erzielt werden können.

Im europäischen Durchschnitt liegt die Eigentumsquote bei unter 70 Prozent. Demnach wäre in Spanien noch eine Menge Potenzial vorhanden und "mieten statt kaufen" wird - insbesondere in jüngeren Bevölkerungsschichten - zunehmend attraktiv. Ein dabei von Investoren verfolgter Ansatz dürfte die Bündelung der erworbenen Kreditportfolios in Zweckgesellschaften sein, um durch aktives Asset und Loan Management durch Special Servicer substanzielle Verbesserungen der Ertragsfähigkeit herbeizuführen. Bei entsprechender Vermarktung ist dieses bei leer stehenden Wohnungen in überschaubaren Zeiträumen gut realisierbar.

Attraktive Rendite bei granularem Risikoprofil

Geht man von Kaufpreisen von rund 60 000 bis 70 000 Euro je Wohnungskredit nach Abschlag (80 bis 90 Quadratmeter Gesamtmietfläche - GLA) und einer Nettokaltmiete von etwa 6 000 bis 7 000 Euro per annum je Wohnung aus, ergibt sich eine Bruttorendite von zehn Prozent ohne Finanzierungseffekt. Davon die Transaktionskosten für Rechtsberater, Closing, Asset Management und Loan Servicer abgezogen, je nach Größenordnung zwischen einem und zwei Prozent per annum, läge man immer noch bei ordentlichen acht beziehungsweise neun Prozent jährlich und das bei einem recht granularen Risikoprofil.

Da die Banken inzwischen auch langsam wieder zu einer ihrer Kernaktivi-täten - der Kreditvergabe - zurück finden, sind im historischen Niedrigzinsumfeld entsprechende Hebel erzielbar. Nach Herstellung stabiler Umsätze aus der Vermietung werden diese Zweckgesellschaften am Kapitalmarkt für institutionelle Investoren platziert und der NPL-Investor ent sprechend honoriert.

Bewohnte Objekte weisen zwangsläufig eine höhere Komplexität auf, und sofern kein Einvernehmen mit dem Schuldner getroffen werden kann, ist eine langwierigere Prozedur, unter Umständen auch eine sogenannte "Desahucio" - die Zwangsräumung nach Hypothekenvollstreckung - erforderlich.

NPL-Markt für Commercial Real Estate

Von rund 6,6 Millionen abgeschlossenen Hypotheken stellten diese auch "politisch unerwünschten" Maßnahmen in der ersten Hälfte des abgelau fenen Jahres einen marginalen Anteil dar. Ein weiteres Element im spanischen NPL-Sektor ist die "Dación en Pago", also die einvernehmliche und schuldbefreiende "Schlüsselübergabe" vom Schuldner an den Gläubiger. Bei rund 35 000 aufgrund von "distressed situations" erfolgten Eigentumsübertragungen konnte ein Drittel der Fälle damit "schonend" gelöst werden.

Auch der NPL-Markt für Commercial Real Estate (CRE) hat an Dynamik gewonnen und so sind neben der Sareb mit ihren CRE-Kreditportfolios aus spanischen Bankbeständen auch zunehmend ausländische Finanzinstitute bereit, sich von ihren Beständen an NPL-, Sub-Performing-Loans und Non-Core-Assets zu attraktiven Konditionen zu lösen.

Ein deutliches Signal und ein wichtiger Test für den Markt dürfte die Platzierung eines Portfolios über fünf Milliarden Euro gewerblicher Darlehen seitens einer deutschen Pfandbriefbank am spanischen Markt sein, die ihre Aktivitäten dort einstellt. An diesem, bezogen auf die Beleihungsobjekte, recht heterogenen "Brocken" werden sich die Aufnahmefähigkeit und der Appetit auf spanische CRE-Risiken gut messen lassen.

Neben solchen großen Transaktionen veräußern ausländische Finanzinstitute auch Anteile an Konsortialkrediten für spanische Gewerbeobjekte, weil diese nicht mehr ins Portfolio passen.

Auch hier stoßen Special Loan Servicer auf fruchtbaren Boden, weil viele Investoren schon in der Vorbereitungsphase für einen Markteinstieg zu prüfen haben, wie die erworbenen Kredite weiterverarbeitet werden sollen und welche Prozesse, bezogen auf Darlehensnehmer, Konsortialpartner oder das Meldewesen gegenüber der Zentralbank, um nur einige zu nennen, erforderlich sein werden. Bereits in der Frühphase für einen Portfolioerwerb können die Loan Servicer also von großem Nutzen sein, um die Qualität der Due Diligence für Investoren zu verbessern.

Wie bei der Finanzierung von NPL-Portfolios im Residentailbereich lassen sich für CRE in Spanien nach einer langen Flaute inzwischen wieder Banken finden, die bereit sind, solche Transaktionen nach dem Erwerb zu refinanzieren, unter anderem deshalb, weil man - in den Heimatmärkten mit hohem Konkurrenz- und Margendruck konfrontiert - in Spanien gute Ertragsmöglichkeiten bei akzeptablen Risikoprofilen sieht.

Noch mit moderaten LTV-Ratios - bezogen auf die angepasste Wertentwicklung, die nicht ganz so signifikant ausgefallen ist wie im wohnwirtschaftlichen Bereich - und mit etwas üppigeren Margen als zu Boomzeiten bewaffnet, finden Finanzinstitute den Immobilienstandort Spanien also inzwischen wieder "bankable".

Fragiler Aufbruch

In der Tat sind in den vergangenen Monaten von Investoren ganze Asset-Management-Einheiten lokaler Banken erworben worden. Auch bei den vom Sareb in den Markt gestellten Portfolios wurde kräftig mitgeboten und sogar ganze Banken wechselten den Besitzer - wie kürzlich die galizische EVO Banco, die ein amerikanischer Fonds übernahm. Nach und nach finden in größerem Umfang auch im CRE-Sektor NPL-Transaktionen statt.

Mit Blick auf das Zinsumfeld und die historisch hohen Kreditausfallquoten von Sparkassen und Banken bleibt die Aufbruchsstimmung fragil. Zudem stellt sich auch weiterhin die Frage, ob die gewaltigen Bestände an NPL so rasch verarbeitet werden können, wie es sich manch ein Investor mit angestrebten Exit-Szenarien von zwei bis vier Jahren vorstellen mag. Die Anlageszenarien dürften durchaus längerfristig sein. Und bis der Ausnahmezustand wieder aufgehoben werden kann, bleibt es auf jeden Fall spannend in Spanien.

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