Vertriebswege im Wettbewerb

Baufinanzierungs-Broker als Sparringspartner der Banken

In der Finanzdienstleistung ist mit dem Konzept der "Open Architecture" seit den frühen neunziger Jahren ein Trend auf dem Vormarsch, der dem Privatkunden eine anbieterunabhängige Produktauswahl ermöglicht. Zunächst bei Investmentfonds begonnen, verlangen Kunden heute in allen Bereichen des Privatkundengeschäfts eine möglichst breite Anbieter- und Produktauswahl.

So sind auch bei der Baufinanzierung Privatkunden immer seltener bereit, sich auf das Angebot nur einer Bank zu verlassen - immerhin geht es in der Regel um die größte finanzielle Investition im Leben. Und mit dem Siegeszug des Internet haben Baufinanzierungsinteressenten rasch gelernt, dass ein Vergleichsangebot nur einen Mausklick weit weg ist.

Dass produzentenunabhängige Anbieter, neudeutsch Broker genannt, längst nicht mehr nur als Preisvergleich benutzt werden, sondern durch eine breite Leistungspalette und unabhängige Beratung punkten und relevantes Geschäft auf sich ziehen, zeigen die erreichten Volumina.

So hat allein Interhyp unter den Baufinanzierungs-Brokern in Deutschland das abgeschlossene Baufinanzierungsvolumen im vergangen Jahr auf 4,4 Milliarden Euro gesteigert und bereits im ersten Quartal 2007 1,3 Milliarden Euro verbucht - das war noch 2004 das im Gesamtjahr erzielte Finanzierungsvolumen. Und unabhängige Experten bestätigen, dass dieser Siegeszug erst am Anfang steht und prognostizieren, dass der Marktanteil für unabhängige Broker von derzeit 12,0 bis 13,5 Prozent auf über 30 Prozent in den nächsten Jahren weiter erheblich ansteigen wird.

Wege der Zusammenarbeit zwischen Bank und Broker

Für Baufinanzierungs-Spezialbanken ohne eigenen Privatkundenvertrieb war schell klar, dass sich mit den neuen Baufinanzierungs-Brokern, die internetbasiert arbeiten und mittels Technologieplattformen die gewünschte Ein-reich-qualität gewährleisten, ein neuer Vertriebskanal entwickelt. Schließlich lässt sich hier Arbeitsteilung leben: Der Vermittler übernimmt die Kundengewinnung, die Kundenberatung und die Kreditvorprüfung gemäß der Bankvorgaben, die Bank wiederum konzentriert sich auf ihr Kerngeschäft - die "Herstellung" der Kredite und die Abwicklung.

Für Banken, die selbst auch im Privatkundengeschäft aktiv sind, stellt sich die Situation auf den ersten Blick etwas schwieriger dar: Denn der neue Vertriebskanal Broker ist vordergründig Wettbewerber für die bestehenden Filialbeziehungsweise Vertriebsnetze. Richtig konzipiert ergeben sich jedoch auch hier unterschiedliche Ansatzpunkte für eine Kooperation zwischen Broker und Bank.

- Als Produktanbieter kann die Bank den Broker als Vertriebskanal nutzen.

- Als Vertrieb kann die Bank Kredite, die sie selbst nicht auf ihr Buch nehmen möchte, über Broker platzieren.

Das Zusammenspiel in der Kundengewinnung

Der Vertriebsweg Broker eröffnet Banken den Zugang zu attraktiven Kundengruppen und ermöglicht die gezielte Ansprache ganz bestimmter Segmente. Außerdem können Kunden, die man sonst verlieren würde, angesprochen werden. Denn Broker stehen heute für eine Dienstleistung, die den Erwartungen einer wachsenden Zahl an Privatkunden entspricht, von klassischen Ein-Produkt-Banken aber nicht mehr erfüllt werden kann: Sie beginnt in der Regel mit einem Webangebot, auf dem Informationen und interak-tive Rechner zur Annäherung an das Thema Baufinanzierung zur Verfügung gestellt werden. Der Kunde behält so seine Autonomie und bestimmt den Prozess.

Zur ausführlichen Beratung kommt es, wenn ein konkretes Objekt beziehungsweise Vorhaben zur Finanzierung vorliegt und dem Kunden mittels Finanzierungsanfrage die wichtigsten Informationen übermittelt. Jetzt entwickeln die Baufinanzierungsberater des Brokers eine Lösung und suchen dann die am besten passende Finanzierung - nicht ohne sie vorher gemäß der Kreditvergaberichtlinien der jeweiligen Bank vorgeprüft zu haben. Dabei kann der Kunde heute vielfach frei den von ihm bevorzugten Beratungsweg wählen - sei es virtuell per E-Mail, Telefon oder vor Ort in einer Niederlassung.

Prozessintegration und Produktgestaltung

Kunden, die diesen Weg wählen, entscheiden sich bewusst für ein anderes System in der Baufinanzierung. Banken, die sich diesem Segment als Produktanbieter öffnen, erschließen sich Kunden für weitergehende Aktivitäten (Cross-Selling), sie erreichen preissensible Kunden, ohne den eigenen Vertrieb öffnen zu müssen und sie können sich als regionaler Anbieter in anderen Regionen positionieren, ohne ein eigenes Vertriebsnetz aufbauen zu müssen.

Um dieses Potenzial optimal zu nutzen, ist es wichtig, dass sich die Bank mit ihren Prozessen öffnet und auf die Bedürfnisse des Brokers und seiner Kunden einstellt. Die großen Broker arbeiten heute auf Technologieplattformen, die eine Abbildung der Kreditvergaberichtlinien der Partnerbanken problemlos möglich machen. Je genauer diese Parameter und Vorgaben auf der Plattform abgebildet sind, desto besser die Passgenauigkeit des gelieferten Geschäfts und umso höher die Abschlussquoten. Um sich hier optimal aufeinander abzustimmen, startet Interhyp beispielsweise immer mit einem gemeinsamen Workshop in eine solche Kooperation. Ziel ist es, die Parameter für das gewünschte Geschäft zu erarbeiten, verbindlich zu definieren und in Prozesse zu gießen.

Vor allem aber gilt es, Produkte ins Rennen zu schicken, die Akzeptanz finden. Schließlich hat der Baufinan-zierungs-Broker nicht die Aufgabe, ein bestimmtes Produkt zu verkaufen, sondern die Erwartung zu erfüllen, eine für den Bedarf des Kunden individuelle Lösung anzubieten. Dabei ist der Preis ein wichtiges, aber nicht das einzige Argument. Gerade Variantenreichtum und Flexibilität sind gefragt - hier einige Beispiele:

- Hohe Flexibilität und Sonderausstattungen zu günstigen Konditionen oder ohne Aufpreis sind Trumpf, starre Produktlösungen dagegen ohne Chance. So ist es zum Beispiel wichtig, bei Annuitätendarlehen Sondertilgungsoptionen anzubieten. Aber auch Produktfeatures, die auf bestimmte Themen oder Zielgruppen abstellen, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Beispiele dafür sind die jüngst eingeführten Darlehen mit Baby- oder Klima-Bonus. Kurzum: Individualität stößt auf Nachfrage und ist ein attraktives Unterscheidungsmerkmal.

- Ausstattungen, Besonderheiten und Kosten müssen einfach und transparent für den Kunden sein. Produktlösungen dürfen zum Beispiel wegen ihrer Gebühren- beziehungsweise Kostenstruktur keinesfalls auch nur den Anschein einer "Mogelpackung" aufkommen lassen. Entsprechend konsequent weisen die großen Broker immer Effektivsätze aus, dokumentieren Gebühren oder berechnen standardmäßig Monatsrate und Restschuld in ihren Angeboten.

- Zunehmende Bedeutung gewinnen zudem Finanzierungslösungen, die den Immobilienerwerb mit nur wenig oder ganz ohne Eigenkapital möglich machen. Attraktive Konditionen für hohe Beleihungsausläufe auf der einen Seite, aber auch das Möglichmachen von Finanzierungen für Kunden, die über solide Einkommen verfügen, aber noch kein Eigenkapital ansparen konnten, stellen ein zentrales Wachstumssegment dar.

Vorteile offener Architekturen

Ein weiterer interessanter Mehrwert entsteht für die klassischen Filialbanken durch die Möglichkeit der Weitergabe von Finanzierungen, die selbst nicht abgebildet werden können. Gerade kleinere Institute haben häufig nicht für alle Kundenwünsche eine Lösung im hauseigenen Sortiment parat. Die Folge: Der Berater muss den Kunden ablehnen und verliert ihn damit an den Wettbewerb. Hier kann ein B2B-Broker, der auf zahlreiche Banken und deren Kreditkombinationen zugreifen kann, einen "Overflow" bieten. Anstatt den Kunden wegzuschicken, kann der Bankberater nun einen anderen Finanzierungsgeber finden, der genau zu den Bedürfnissen und der Bonität des Kunden passt. Die Folge: Der Kunde bekommt von seiner Bank eine Lösung und wird gehalten, zusätzlich entstehen Provisionserlöse, die im heutigen Retail Banking immer wichtiger werden.

Banken, die sich dem Trend zum Broker kategorisch verschließen, lassen attraktive Chancen in der Baufinanzierung ungenutzt. Als Produktgeber lässt sich mit diesem Vertriebskanal attraktives Kundenpotenzial gezielt erschließen ganz gleich, ob man mit seinem bekannten Markennamen oder einer gezielt für das Vermittlersegment positionierten Zweitmarke agiert. Die Nutzung eines B2B-Brokers wiederum dient einer sehr effektiven Kundenbindung in Segmenten, die man selbst nicht darstellen will und kann. Die Broker sehen sich bewusst als Sparringspartner, um nachhaltige Win-Win-Situationen zu schaffen.

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