Vertriebsstrategie

"Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie für die Baufinanzierung"

Sie sind jetzt knapp ein halbes Jahr bei der DG Hyp, kennen die
Immobilienbank und den genossenschaftlichen Finanzverbund aus Ihrer
Zeit als Vorsitzender des Vorstandes der Westerwald Bank eG schon viel
länger. Wie stellt sich Ihnen aus der jetzigen Perspektive das
Immobilienfinanzierungsgeschäft dar?
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Grundsätzlich muss man zunächst einmal feststellen, dass sich der
Markt deutlich gewandelt hat. Strukturelle Veränderungen, eine
deutlich verschärfte Wettbewerbssituation und nicht zuletzt die
veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen durch Basel II erfordern
mittlerweile eine ganzheitliche strategische Betrachtung des
Immobilienfinanzierungsgeschäfts. Diese eigenen Erfahrungen, aber auch
Rückmeldungen der Volksbanken und Raiffeisenbanken, die einen
zunehmenden Bedarf nach einer umfassenderen Beratung und Betreuung
signalisieren, haben wir umgesetzt und die DG Hyp im Vertrieb neu
ausgerichtet.
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Wie sieht das konkret aus?
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Wir betreuen unsere Kunden nach dem bewährten Grundsatz "one face to
the customer". Für die Volksbanken und Raiffeisenbanken bedeutet das,
dass sie ab sofort wieder einen festen, qualifizierten Ansprechpartner
haben. Diese Regionaldirektoren des Verbundvertriebs fungieren als
Berater für die Steuerung des gesamten Geschäftsfeldes
Immobilienfinanzierung, als Produktanbieter für die private,
gewerbliche und kommunale Immobilienfinanzierung sowie das
Portfoliomanagement, als Marketingberater für
Verkaufsförderungsmaßnahmen und als Problemlöser in kritischen Fällen.
Ihre Aufgabe ist es, in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den
Primärinstituten ganzheitliche Lösungen für das
Immobilienfinanzierungsgeschäft zu entwickeln, die die individuellen
Geschäftsstrategien der regional tätigen Volksbanken und
Raiffeisenbanken unterstützen.
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Was macht Sie so sicher, dass dieses neue Betreuungsmodell von den
Banken akzeptiert wird?
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Mit unserem qualifizierten Team haben wir eine wesentliche Grundlage
für die Akzeptanz bei den Banken geschaffen. Um die notwendige
Beratungsqualität sicherzustellen, wurde bei der Besetzung der Stellen
großen Wert auf eine klar definierte Qualifikation gelegt. Alle
Regionaldirektoren besitzen eine betriebswirtschaftliche Ausbildung,
eine Bankleiterqualifikation beziehungsweise einen vergleichbaren
Abschluss.
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Neben umfangreichem Know-how im Immobilienkreditgeschäft sowie
langjährigen Erfahrungen im genossenschaftlichen Finanzverbund
verfügen die Fachleute über umfassende Kenntnisse zu sämtlichen
Leistungen der DG Hyp. Daher sind sie in der Lage, die Kunden vor Ort
ganzheitlich zu unterstützen und gemeinsam mit ihnen - also auf
Augenhöhe - eine Erfolg versprechende Strategie zu entwickeln.
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Trotz der dargestellten Qualifikationen - überfordern Sie den Vertrieb
damit nicht?
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Ohne Zweifel haben die Regionaldirektoren eine anspruchsvolle Aufgabe,
sie sind aber nicht auf sich allein gestellt. Je nach Anforderung
kommen beispielsweise für die Steuerung von
Immobilienkreditportfolien, für strukturierte Finanzierungslösungen
oder für PPP-Projekte mit kommunalen Geschäftspartnern Spezialisten
aus den Fachabteilungen aus Hamburg hinzu. Für die gewerbliche
Immobilienfinanzierung werden die Experten aus den dezentralen,
regionalen Immobilienzentren der DG Hyp hinzugezogen.
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Diese Fachleute für großvolumige Immobilienfinanzierungen in Hamburg,
Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart und München nehmen im
Übrigen auch das Direktgeschäft mit Investoren wahr. Regionale
Marktkenntnisse und die dezentrale Marktbearbeitung sehen wir hierbei
als eine wesentliche Stärke im Wettbewerb.
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Welche Ziele verfolgt die neue Vertriebsstrategie?
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Wir nutzen immer noch viel zu wenige der vielen Chancen, die dieser
Markt uns täglich bietet. Deshalb werden wir die Marktbearbeitung im
Geschäftsfeld Immobilien weiter optimieren. Das kann im
genossenschaftlichen Finanzverbund aus meiner Sicht über eine
sinnvolle Bündelung der Kompetenzen erreicht werden.
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Konkret geht es darum, die lokale beziehungsweise regionale
Marktkenntnis der Mitarbeiter in den rund 1 300 Volksbanken und
Raiffeisenbanken vor Ort mit dem bundesweiten Know-how der DG Hyp zu
kombinieren. Und dabei geht es nicht nur um private
Immobilienfinanzierungen. Gerade im gewerblichen
Immobilienkreditgeschäft oder bei der Steuerung von
Immobilienkreditportfolien können wir die Primärbanken mit zahlreichen
Dienstleistungen unterstützen und uns stärker einbringen als bisher.
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Aus diesem Grund haben Sie den Vertrieb, der in der privaten
Immobilienfinanzierung bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall lag,
wieder komplett in die DG Hyp zurückgeholt?
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Ja. Wichtig ist mir dabei aber, dass es nicht primär um den
Produktverkauf geht, sondern um das Angebot von ganzheitlichen
Lösungen, die dazu beitragen, die individuelle Strategie jeder
einzelnen Genossenschaftsbank im Immobilienfinanzierungsgeschäft
optimal zu unterstützen. Ich denke hier zum Beispiel an die Steuerung
des Aktivgeschäfts in den Volksbanken und Raiffeisenbanken. Auch dort
richtet sich der Blick in zunehmendem Maße auf die Risikobetrachtung
des privaten und gewerblichen Immobilienkreditportfolios.
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Deshalb und aufgrund des Regionalitätsprinzips wird das
Portfoliomanagement zu einer immer wichtigeren Aufgabe der
Banksteuerung. Das Leistungsangebot der DG Hyp umfasst die Beratung
und sämtliche Produktaspekte bei der Adressrisikosteuerung wie die
Verbriefung, die Ausplatzierung und das Servicing von Portfolien.
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Natürlich muss am Ende eines solchen Prozesses auch ein Plus unter dem
Strich stehen - für alle Beteiligten. Die Frage ist nur, wie man dies
am besten und vor allem nachhaltig erreicht. Wir sind der festen
Überzeugung, mit unserem neuen Betreuungskonzept die Marktchancen der
Volksbanken und Raiffeisenbanken im Immobiliengeschäft noch besser
unterstützen zu können.
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Im Übrigen: Mit der Bausparkasse Schwäbisch Hall wird es auch
weiterhin eine enge Vertriebspartnerschaft geben. Schwäbisch Hall ist
bei der Vermittlung von privaten Immobilienfinanzierungen für die DG
Hyp ein wichtiger Partner und wir wollen die Zusammenarbeit weiter
intensivieren.
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Wo sehen Sie konkrete Geschäftspotenziale?
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Ein attraktives Geschäftsfeld, das im genossenschaftlichen
Finanzverbund noch viel Potenzial bietet, ist die gewerbliche
Immobilienfinanzierung. Die Volksbanken und Raiffeisenbanken haben
durch ihre regionale Verankerung in den Märkten Zugang zu den
mittelständischen Kunden und Immobilieninvestoren und wissen um die
anstehenden Immobilienprojekte. Wir als Immobilienbank haben das
spezifische Immobilienfi-nanzierungs-Know-how und uns durch unsere
dezentrale Organisationsstruktur in den Immobilienzentren
verbundgerecht aufgestellt. Wir sind im Wettbewerb also gut
positioniert, um das gewerbliche Immobiliengeschäft mit den
genossenschaftlichen Banken weiter voranzubringen und neue
Marktpotenziale zu erschließen.
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Zudem hat die DG Hyp geschäftlichen Kontakt zu rund 40 Prozent der
Kommunen in Deutschland. Hier liegen viele interessante Marktchancen,
die wir gemeinsam mit den Kollegen aus den Volksbanken und
Raiffeisenbanken nutzen wollen. Deshalb engagieren wir uns auch im
Geschäftssegment Public-Pri-vate-Partnership, also bei der
privatwirtschaftlichen Finanzierung öffentlicher Investitionen. Hier
haben wir in den vergangenen Jahren eine hohe Kompetenz entwickelt.
Ziel muss es sein, die Immobilienfinanzierung gemeinsam mit den
Volksbanken und Raiffeisenbanken zum Erfolgsfaktor des Finanzverbundes
zu machen.
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Der gesamte Markt steht gehörig unter Druck. 2004 hatte der
Finanzverbund einen Marktanteil von etwa 22 Prozent bei der privaten
Immobilienfinanzierung. Das sind knapp 27 Milliarden Euro bei einem
stagnierenden Gesamtmarktvolumen von rund 120 Milliarden Euro. Ziel
muss es sein, diesen Marktanteil sukzessive zu steigern. Die
flächendeckende Präsenz der Volksbanken und Raiffeisenbanken bietet
große Chancen. Wir müssen allerdings feststellen, dass neue
Wettbewerber in den vergangenen Jahren unsere gute Position in
zunehmendem Maße gefährden.
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Wie sieht denn Ihre Strategie aus, um den Marktanteil im privaten
Immobilienfinanzierungsgeschäft zu steigern? Die Konditionen der
angesprochenen Wettbewerber sind für die Volksbanken und
Raiffeisenbanken sicherlich nur bedingt kopierbar?
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Richtig. Allein über den Preis ist dieser Wettbewerb für eine
dezentrale Bankenorganisation sicherlich nicht zu gewinnen. Aber wir
müssen uns trotzdem bewusst sein, dass der Preis bei der Entscheidung
unserer Kunden eine wichtige Rolle spielt. Vor diesem Hintergrund muss
sich der Finanzverbund intensiv mit der Frage beschäftigen, wie er auf
diese Herausforderungen des Marktes reagieren will. Um auf diesem
Markt wieder stärker in die Offensive zu kommen, brauchen wir im
genossenschaftlichen Finanzverbund eine gemeinsame Strategie. Denn die
Immobilienfinanzierung ist ein entscheidendes Ankerprodukt im
Bankgeschäft. Hier dürfen wir der Konkurrenz nicht einfach das Feld
überlassen.
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Welche Chancen sehen Sie für den Geno-Verbund im harten Preis- und
Verdrängungswettbewerb?
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Der Finanzverbund hat deutschlandweit über 50 000 Markt-Mitarbeiter
und mehr als 30 Millionen Kunden. Das ist ein riesiges Potenzial, das
bis auf die Sparkassen kein anderer Wettbewerber aufweisen kann. Die
Mitarbeiter wohnen vor Ort, kennen ihr Umfeld und haben viele
regionale Kontakte. Hier können noch enorme Akquisitionschancen
genutzt werden.
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Und sicherlich ist es nicht verwerflich, sich mit den Erfolgskonzepten
der Wettbewerber zu befassen. Beispielsweise nutzen die Direktanbieter
ein intensives Marketing für ein so genanntes "Leucht-turm-Produkt",
das mit Top-Konditionen lockt. Ich bin der Meinung, dass das auch für
den Finanzverbund - in Ergänzung unserer Produktpalette - ein Erfolg
versprechender Ansatz ist.

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