Kapitalanlage

Chancen und Risiken der Logistikimmobilien im aktuellen Konjunkturzyklus

Die Konjunktur hat wieder Katerstimmung - weltweit. Nachdem bis vor kurzem die Risikofreude bei Anlageentscheidungen ja eher zugenommen hatte, dürfte vor dem Hintergrund der zunehmenden Verunsicherung an den Märkten nun wieder konservatives, vorsichtiges Handeln an Bedeutung gewinnen. Auf den ersten Blick folgt hieraus für die Immobilienmärkte: Die klassischen Segmente wie Wohn-, Einzelhandels- oder Büroimmobilien in guten Lagen und mit hohen Vermietungsständen werden attraktiver. Den jungen, erst seit kurzem etablierten Segmenten wie beispielsweise der Logistikimmobilie droht hingegen das Abseits.

Zweit- und Drittverwendungsfähigkeit

Auf den zweiten Blick jedoch wird deutlich: Selbst die vermeintlich in hohem Maße konjunkturabhängige Nische wie die besagte Logistikimmobilie kann in Deutschland ein sicherer Hafen in einem nervösen Marktumfeld sein.

Ob dies gelingt oder nicht, hängt maßgeblich von einem Aspekt ab: der Kompatibilität der Immobilie mit einer möglichst großen Zahl von Nutzern, also von einer hohen Zweit- und Drittverwendungsfähigkeit. Die Nutzer von Logistikimmobilien sind traditionell stark vom Export abhängig. Daher besteht die Gefahr, dass sie im Sog einer sich abkühlenden globalen Wirtschaft vergleichsweise härter getroffen werden als Nutzer von Büro- oder Einzelhandelsimmobilien.

Zwar gilt: Bereits produzierte Waren lösen sich selbstverständlich nicht in Luft auf, nur weil die Wirtschaftsdynamik nachlässt. Sie werden schlicht und ergreifend länger gelagert. Ein geringerer Warenumschlag bedeutet genaugenommen, dass sich der Umschlag verlangsamt - die Lagerzeiten werden länger, sodass Betreiber von Logistikimmobilien nicht zwangsläufig vor leeren Hallen stehen.

Aber dennoch sind die Mieter von Logistikimmobilien natürlich nicht vor Umsatzeinbußen gefeit, und die Probleme der Nutzer können schließlich zu Problemen der Eigentümer werden. Für die Eigentümer von Logistikimmobilien kann die Gefahr von Ertragsausfällen infolge schwächelnder Nutzer wachsen, die ihre Miete nicht mehr zu zahlen in der Lage sind. Dieser Gefahr kann jedoch bereits bei der Konzeption von Logistikimmobilien erfolgreich begegnet werden.

So sollten Logistikimmobilien nie ausschließlich auf einen Nutzer ausgerichtet sein - selbst wenn die Immobilie konkret für einen Nutzer konzipiert wird. Wenn bei Logistikimmobilien im Vorfeld auf eine mögliche Zweitverwendungsfähigkeit geachtet wird, kann eine Immobilie 60 bis 80 Prozent aller Anforderungen aus dem Logistiksektor am Markt abdecken. Für den Eigentümer sind so die Chancen entsprechend groß, schnell einen Nachnutzer zu finden, sollte der ursprüngliche Nutzer die Immobilie nicht mehr benötigen oder zahlungsunfähig werden.

Konstruktive Parameter bedenken

Um für möglichst viele Nutzer attraktiv zu sein, müssen die konstruktiven Parameter der Immobilie richtig gewählt sein. Logistikimmobilien mögen für Außenstehende kaum Unterschiede aufweisen - einfache Hallen, überwiegend aus Blech, von vier Seiten angedient. Sie gleichen einem besseren Wetterschutz, um die Ware in der Halle vor Regen zu schützen.

Tatsächlich aber sind Logistikimmobilien sehr verschieden und zum Teil hochkomplex. Dies beginnt bereits bei vermeintlich einfachen Hallen. Je nach Nutzer müssen die Immobilien dort enormen Bodenbelastungen und Verkehr durch Flurförderfahrzeuge standhalten. Dies setzt sich in Lagern für Lebensmittel fort. Solche Hallen müssen unter Umständen Tiefkühlwaren beherbergen können - also muss das Gebäudeinnere für Temperaturschwankungen bis minus 30 Grad Celsius oder mehr ausgelegt sein, ohne dass mögliche Schäden wie Risse in den Bodenplatten auftreten.

Die Anforderungen wachsen weiter, wenn die Immobilie konstruktiv auf Gefahrengüter wie explosive, leichtentzündliche, umweltgefährliche oder giftige Stoffe und Gase vorbereitet sein muss. Ein noch vergleichsweise simples Beispiel für hieraus resultierende bauliche Anforderungen ist eine vollflächige Sprinkleranlage.

Bereits komplizierter wird es bei der Konzeption von Lüftungs- und Klimaanlagen mit entsprechenden Luftfiltervorrichtungen. Hinzu kommen grundsätzliche, übergeordnete Anforderungen wie Lärmschutz und beispielsweise die Nachhaltigkeit der Gebäude. Im Extremfall ist eine Logistikhalle sogar eine Industrieimmobilie mit angedocktem Warenumschlag. In der Halle erfolgen dann Montagen und Vorfertigungen beispielsweise von Fahrzeugkomponenten, die nach Fertigstellung sofort an die Endabnehmer geliefert werden (sogenannte Kontrakt-Logistik). Oftmals bieten Logistikunternehmen wertschöpfende Zusatzleistungen (Value-Added Services) an, die jenseits der Grenzen ihres Kerngeschäfts liegen.

Die Anbieter unterscheiden zwischen produkt- und prozessorientierten Value-Added Services. Erstere umfassen Zusatzleistungen wie die Qualitätskontrolle, technische Inspektionen oder die Durchführung von Reparaturen, letztere können beispielsweise in der Übernahme des Retouren- und Reklamationsmanagements oder der Etikettierung bestehen. Indem sie ihr Angebotsspektrum um solche Mehrwertdienste erweitern, können sich Logistikunternehmen ein individuelles Leistungsprofil erstellen und sich so von anderen Wettbewerbern abgrenzen. Bei der Projektion von Logistikimmobilien muss dies entsprechend berücksichtigt werden.

Einzelgebäude versus Gebäudekomplex

Um die Vielzahl an Nutzern abbilden zu können, gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten. Zum einen kann eine Immobilie so konzipiert werden, dass sie unterschiedliche Zonen mit unterschiedlichen Anforderungen aufweist. Temperaturen bis minus 30 Grad Celsius sind dann nicht überall möglich, genauso wenig können überall Gefahrgüter im Gebäude umgeschlagen werden - in jeweils explizit darauf ausgelegten Modulen des Gebäudes hingegen durchaus.

Die zweite Möglichkeit ist, keine große, sondern mehrere kleinere Hallen mit unterschiedlichem Ausstattungsstandard zu konzipieren. Die Hallen sind dann baulich nicht miteinander verbunden, jedoch horizontal und vertikal miteinander vernetzt. Solche Beispiele finden sich etwa in Bremen.

Unabhängig davon, ob es sich um eine zusammenhängende oder mehrere unabhängige Immobilien handelt - ideal für solche Multi-User-Konzepte sind Logistikparks. Durch das räumliche Miteinander einer größeren Zahl von Nutzern ergeben sich Synergien. Oft werden die Parks von einem übergreifenden Property oder Facility Manager betrieben, woraus größere Kostenvorteile für die einzelnen Nutzer resultieren, als wenn jede Halle ein eigenes Immobilienmanagement hätte. Je nachdem, wie stark die Nutzer in Konkurrenz zueinander stehen, werden in der Praxis auch durchaus Flurförderfahrzeuge oder sogar Personal untereinander getauscht, um Umsatzspitzen abzufedern. Zudem werden gemeinsame Dolmetscher beispielsweise für Fernfahrer aus anderen Ländern beauftragt oder nutzerübergreifende Shuttle-Services für die Belegschaft von den Wohnorten zum Logistikpark aufgebaut.

Vorteil Logistikparks

Die Vorteile von Logistikparks werden mittlerweile auch von Investoren erkannt. So zeigt eine aktuelle Befragung der Berlin Hyp beziehungsweise der Landesbank Berlin unter überwiegend deutschen Akteuren der Immobilienwirtschaft: Rund sieben von zehn Marktteilnehmern halten Logistikparks für ein zukunftsorientiertes Konzept, um das klassische Single-Tenant-Risiko dieser Immobilien zu reduzieren.

Oft handelt es sich in der Praxis um große sogenannte Güterverkehrszentren (GVZ) oder Logistikdienstleistungszentren (LDZ), in denen Logistikunternehmen, logistikintensive Industrie- und Handelsunternehmen wie Produktion und Großhandel sowie verkehrswirtschaftliche Betriebe an einem Standort zusammengeführt werden. Die branchenübergreifende Vernetzung sorgt auch hier für Synergieeffekte. Viele GVZs, beispielsweise in Bremen oder Nürnberg, verfügen über weit mehr als eine Million Quadratmeter Hallenfläche. Dabei handelt es sich wohlgemerkt um die reine Hallenfläche. Als Faustformel gilt, dass die zusätzlich erforderlichen Frei-, Verkehrs- und Expansionsflächen noch einmal genauso groß sind.

Bereits die Dimensionen deuten es an: Ein Privatinvestor allein kann ein GVZ in der Regel nicht stemmen. Hinzu kommt, dass häufig Flächen der öffentlichen Hand oder aber Privatflächen mit öffentlichen Funktionen - je nach Standort können dies Häfen sein, Bahnhöfe oder Flughäfen - eng mit dem GVZ verzahnt sind. Daher werden GVZs in der Regel von privaten und öffentlich-rechtlichen Trägern gemeinsam in sogenannten Public Private Partnerships (PPP) betrieben. Beispiele für eine solche Trägerschaft sind erneut Bremen und Nürnberg.

Insourcing und Pufferlager

Neben den großflächigen Konzepten kann es aus Anlegersicht aber auch durchaus sinnvoll sein, auf kleinere einzelne Logistikimmobilien zu setzen. In der Vergangenheit hat die deutsche Industrie vermehrt Teilleistungen - auch konstruktiver Art, wie dargestellt - an Zulieferer und Logistiker ausgelagert. Die Eigenleistung der Automobilindustrie in Deutschland liegt teilweise nur noch bei 20 bis 25 Prozent, das Gros der Leistungen wird von Zulieferern erbracht. Die Produktionsprozesse und die Wertschöpfungskette der Industrie sind dadurch effizienter, aber auch störanfälliger geworden. Naturkatastrophen wie der Vulkanausbruch auf Island oder politische Veränderungen können dazu führen, dass der Warenfluss ins Stocken gerät. Waren Zulieferer von derartigen Ereignissen betroffen, standen die Bänder beispielsweise in der deutschen Automobilindustrie teilweise still.

Daher sind einige Industrieunternehmen wieder dazu übergegangen, Prozesse ins Unternehmen zurückzuholen. Dafür brauchen sie Regional- oder sogenannte Pufferlager, um für Störfälle gerüstet zu sein. Für die Immobilienwirtschaft und Investoren bieten solche kleinere Lager die Chance, auch innerhalb des Segments Logistikimmobilie zu diversifizieren. Neben Investments in großen LDZ können Puffer- und Regionallager beigemischt werden.

Lage, Lage, Lage

Wie für jede Immobilie gilt auch für Logistikimmobilien: Die Lage spielt eine entscheidende Rolle. Ideal ist eine trimodale Anbindung - also ein direkter Anschluss an Wasser-, Schienen- und Autoverkehr (vor allem ein direkter Autobahnanschluss). Dabei wird meist die Bedeutung eines Schiffsverkehrsanschlusses in der Öffentlichkeit unterschätzt. Fakt ist jedoch, dass rund 90 Prozent des grenzüberschreitenden Warenhandels von Schiffen auf Seewegen erbracht werden. Entsprechend groß sind die Chancen für Logistikstandorte, wenn sie direkten Zugang zu Häfen oder Wasserstraßen aufweisen. Je nach Konzept kann zudem der Luftverkehr relevant sein. Optimal ist die Nähe zu den großen Frachtumschlagszentren wie Frankfurt oder Leipzig. Aber auch Standorte mit größerem räumlichen Abstand können attraktiv sein, sofern die Anbindung über Straße oder Schiene gut ist und zeitlich "kurze Wege" möglich sind.

Große Nachfrage institutioneller Anleger

Für kleinere Pufferlager hingegen gelten wiederum andere Standortvoraussetzungen, da hier oft die Nähe zum jeweiligen Werk wichtiger ist als ein Zugang zu den globalen Märkten. Das Lagekriterium ist letztendlich auch ein Faktor der Multi-User-Kompatibilität. Ein Standort ohne direkte Autobahnanbindung wird naturgemäß eher für eine eingeschränkte Nutzerklientel attraktiv sein.

Insgesamt gilt: Bis zur Jahreshälfte 2011 sah die Logistikimmobilie noch wie einer der Gewinner auf den deutschen Immobilienmärkten aus. Es schien ein Rekordjahr für Deutschland zu werden. Der Vermietungsmarkt für Logistik- und Lagerflächen boomte in den ersten sechs Monaten. Das zog Investoren an.

Der Assekuranz-Studie von Ernst & Young Real Estate zufolge planten 53 Prozent der deutschen Versicherer und Pensionskassen, in diesem Jahr in Logistik zu investieren. Nur sechs Prozent wollten sich von Logistikimmobilien trennen. Zum Vergleich: Bei Büroimmobilien überwogen die Verkaufsabsichten. Und es blieb nicht nur bei Ankündigungen. Tatsächlich lagen die Transaktionen im Logistikimmobiliensegment deutlich über dem Volumen des vorangegangenen Halbjahrs.

Und: Die Nachfrage dürfte auch in einem potenziell schwächeren konjunkturellen Umfeld anhalten. Zum einen reagieren die Nutzer von Logistikimmobilien grundsätzlich weniger konjunktursensibel, als dies häufig postuliert wird. Wie dargestellt, bedeutet ein geringerer Warenumschlag im Wesentlichen, dass nicht weniger gelagert wird - sondern länger.

Für eine anhaltende Nachfrage spricht zudem, dass sich Logistikimmobilien zunehmend als ein Baustein für diversifizierte Portfolios institutioneller Investoren etablieren. Insbesondere, wenn bei der Investitionsentscheidung der Faktor Mehrfachverwendbarkeit berücksichtigt wird, stehen die Chancen auf attraktive Erträge auch weiterhin gut. Hierbei sind sowohl die konstruktiv-konzeptionellen als auch die Lagevoraussetzungen zu berücksichtigen.

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