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Risiko Betriebsunterbrechung - Chancen für Pufferlager

Ein deutsches Versicherungsunternehmen zeigte jüngst in einer Studie: Die größte Sorge ihrer Industriekunden weltweit sind ökonomische Unwägbarkeiten. Das überrascht wenig. Erstaunlicher ist, dass als zweitgrößtes Risiko Betriebsunterbrechungen gesehen werden. Für die Logistikimmobilie liegen in diesem Risiko Chancen, auch in Deutschland.

Komplexe Lieferketten

Hintergrund ist: Produktionsabläufe der deutschen Industrie sind in komplexen, meist weltweiten Lieferketten organisiert. Dabei dominiert die "Just-in-Time"- und "Just-in-Sequence"-Anlieferung von Rohstoffen und Zubehör. Das heißt: Die benötigten Materialien und Komponenten werden in ausreichender Stückzahl rechtzeitig und (wenig überraschend) zugleich in der richtig koordinierten Reihenfolge geliefert. Das betrifft auch vorgefertigte Module - ein Feld, das immer wichtiger wird.

Die Vorfertigung von Komponenten durch Dienstleister der Lieferkette ist so weit ausgeprägt, dass beispielsweise die Eigenleistung der Automobilindustrie in Deutschland teilweise nur noch bei 20 bis 25 Prozent liegt.

Das Gros der Leistungen wird also längst von weltweit verstreuten Zulieferern erbracht, die ihre Komponenten wie gesagt punktgenau liefern. Kleinere Lagerhallen und Logistikimmobilien in der Nähe deutscher Produktionsstandorte haben folglich für viele Zulieferer, Industrieunternehmen und Logistikdienstleister zuletzt eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Das Zwischenlagern von Gütern und Komponenten auf dem Werksgelände oder in seiner Umgebung war durch die zeitlich optimierte Lieferung weitgehend unnötig.

Störanfälligkeit

Weltweite Lieferketten haben sich in der Tat als wirtschaftlich höchst effizient, aber auch als vergleichsweise störanfällig erwiesen. Das jeweilige Unternehmen ist davon abhängig, dass ein Zulieferer seiner Verpflichtung auch fristgemäß nachkommt. Kommt er dem nicht nach, stehen die Bänder still. Die Furcht vor Betriebsunterbrechungen könnte mittelfristig dazu führen, dass Produktionsprozesse wieder stärker ans jeweilige Unternehmen gebunden werden - und hieraus wiederum folgt, dass auch kleinere Lager- und Logistikimmobilien in der Nähe der Produktionsstandorte eine größere Rolle spielen werden.

Chancen bieten vor allem regionale multifunktionale Pufferlager. Multifunktional heißt: Zum einen dienen solche kleineren Logistikimmobilien der Vorfertigung von Modulen und Komponenten. Zum anderen dienen sie aber auch als Zwischenlager. Eine solche Immobilie ist somit - nebst Betreiber - Teil des Risikomanagements des jeweiligen Industrieunternehmens. Halten die weltweiten Zulieferer die vorgegebenen engen Zeitfenster nicht ein, können die Industrieunternehmen eventuelle negative Folgen abpuffern und Produktionsunterbrechungen vermeiden.

Backsourcing als Trend

Die Furcht vor Betriebsunterbrechungen ist dabei im Übrigen keine theoretische Überlegung. In der jüngeren Vergangenheit haben Naturkatastrophen wie der Vulkanausbruch auf Island und der Tsunami in Asien oder auch politische Veränderungen in einigen der Zulieferländer dazu geführt, dass der Warenfluss manches Industrieunternehmens empfindlich ins Stocken geriet - und dass Pufferlösungen wieder stärker ins Bewusstsein gerückt sind.

Der aktuelle Trend wird auch als Backsourcing bezeichnet. Die deutsche Industrie belässt die Vorfertigung und auch die Lagerhaltung bei externen Dienstleistern, sie bleibt also ausgelagert. Dabei setzen sie aber zunehmend auf Immobilien und Betreiber möglichst in direkter Nähe zum Werkszaun. Die strategische und physische Nähe, verbunden mit der zusätzlichen Lagerhaltung durch die Dienstleister, ist zwar mit höheren Kosten für die Industrie verbunden. In Relation dazu, dass die Bänder bei Betriebsunterbrechungen stillstehen, werden diese Zusatzkosten aber durchaus in Kauf genommen.

Wird unterstellt, dass dieser Trend anhält, dann dürfte die Rückbesinnung der Industrie auf regionale Lager- und Logistik immobilien auch Folgen für Immobilieninvestoren haben. Es ergeben sich Investitionschancen. Großflächige Logistikimmobilien stehen ja bereits seit Längerem auf der Einkaufsliste beispielsweise der Assekuranz als Beimischung für das Anlageportfolio. Ernst & Young Real Estate hat regelmäßig die Investitionsbereitschaft der Versicherungen und Pensionskassen erhoben. Die Logistikimmobilie stand im Jahr 2009 bei 35 Prozent der befragten Unternehmen auf dem Einkaufszettel. Im Jahr 2010 waren es bereits 40 Prozent, die hier Zukäufe planten.

In der Studie aus dem vergangenen Jahr wurde die 50-Prozent-Hürde genommen, und auch 2012 blieb die Einkaufsbereitschaft etwa konstant bei 50 Prozent. Die Logistikimmobilie ist also gefragt, aber meist waren es eben bislang die großvolumigen Investitionen, die im Fokus stehen.

Beispiele sind die sogenannten Güterverkehrszentren (GVZ) oder Logistikdienstleistungszentren (LDZ). Dort werden Logistikunternehmen, logistikintensive Industrie- und Handelsunternehmen wie Produktion und Großhandel sowie verkehrswirtschaftliche Betriebe an einem Standort zusammengeführt. Viele GVZ sind bereits flächenmäßig wahre Giganten.

So weisen beispielsweise die GVZ in Bremen oder Nürnberg weit mehr als eine Million Quadratmeter Hallenfläche auf. Hinzu kommen die erforderlichen Frei-, Verkehrs- und Expansionsflächen. Kleinere Pufferlager, in denen zugleich Module vorgefertigt werden, haben eher eine Größenordnung von bis zu 10 000 Quadratmeter. Je nach Einzelfall auch etwas mehr oder weniger.

Möglichkeit zur Diversifizierung innerhalb der Anlageklasse

Vor diesem Hintergrund bieten kleinere multifunktionale Pufferlager in doppelter Hinsicht Chancen. Zum einen können Anleger hier im Zweifel als alleiniger Investor oder in Kooperation mit wenigen Partnern auftreten. Bei einem GVZ dürfte dies kaum möglich sein. Zum anderen bietet die kleine, regionale Alternative zum weltweit vernetzten GVZ die Möglichkeit, auch innerhalb der Anlageklasse Logistikimmobilien stärker zu diversifizieren. Sollte sich der Trend zum Pufferlager als Folge der Furcht vor Betriebsunterbrechungen langfristig bestätigen, dürfte dies den Appetit der Immobilienanleger nach Logistikimmobilien weiter befeuern.

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