Intelligente Immobilien

"Die Eigentumsfrage ist rechtlich nicht abschließend geklärt"

I&F Die technischen Ansprüche der Büronutzer und Wohnungsmieter vor allem hinsichtlich der Medienversorgung wachsen. Gefragt sind intelligente Gebäude. Was gilt es dabei aus Sicht des Gebäudeeigentümers zu beachten?

Die technologische Ausstattung eines

Gebäudes wird sowohl bei der Vermietung als auch dem Verkauf von Immobilien immer wichtiger. Im Gegensatz zu anderen Ländern hat der Gebäudeeigentümer in Deutschland eine sehr starke Stellung. Er kann entscheiden, welche Dienstleister in seinem Gebäude Kabel verlegen. Er darf festlegen, welche Dienste über diese Netze angeliefert werden, und er kann an diesen Diensten partizipieren.

Doch mit der Technikversorgung und Angeboten wie Multimediaversorgung oder smarte Energiesteuerung gehen Fragen einher, mit denen sich die Vermieter bislang kaum beschäftigt haben. Zunächst müssen sich die Immobilieneigentümer über die technischen Entwicklungen und Möglichkeiten informieren. Das ist eine Herausforderung, weil Datenübertragung oder Energieversorgung nicht zu den originären Kompetenzen eines Vermieters von Wohn- oder Gewerberäumen zählen.

Um mit Netzbetreibern auf Augenhöhe verhandeln zu können, ist eine gute Vorbereitung nötig. Dazu gehört zum Beispiel eine Bestandsaufnahme aller Angebote in der Region. Neben den großen Kabelnetzbetreibern gibt es auch kleinere, regionale Unternehmen bis hin zur bundesweit tätigen Deutschen Telekom. Zudem ist zu klären, welche Netze konkret verfügbar sind - also zum Beispiel Kupfer-Doppelader-, Breitband- oder Glasfaserkabel oder auch eine Satellitenverteilanlage.

Zudem muss der Vermieter wissen, welche Fernsehsignale verschlüsselt oder unverschlüsselt gesendet werden, welche Empfangsgeräte notwendig sind und wie die Verträge zwischen dem Kabelnetzbetreiber und den TV-Programmanbietern ausgestaltet sind. Noch schwieriger wird es bei der Einschätzung zukünftiger technischer Entwicklungen. Zum Beispiel sollten sich Vermieter darüber Gedanken machen, wie sich die Digitalisierung auf die Mediennutzung der Mieter auswirken könnte und welche Vorkehrungen dafür zu treffen sind.

Hier besteht sehr großer Informationsbedarf. Es gibt zwar viele Berater, die Immobilienunternehmen kostenlos unterstützen, aber - weil sie von den Netzbetreibern bezahlt werden - nicht unabhängig sein können. Deshalb spüren wir eine wachsende Nachfrage nach neutralem juristischen und technischen Sachverstand.

I&F Jüngst meldete die Deutsche Annington, dass sie in Kooperation mit der Deutschen Telekom ihre Objekte bundesweit mit Glasfaserkabeln und leistungsfähigen Breitbandanschlüssen ausstatten lässt. Werden solche Kooperationen zukünftig häufiger zu sehen sein?

In der Wohnungswirtschaft wächst die Bereitschaft, sich von traditionellen Verbindungen zu lösen. Damit erhöht sich der Wettbewerbsdruck auf die Kabelnetzbetreiber. Das genannte Beispiel ist daher bemerkenswert, weil die Deutsche Telekom ihre Kabelnetze erst vor knapp zehn Jahren aufgrund von EU-Auflagen verkaufen musste und jetzt mit sehr großem Aufwand versucht, in den Markt wieder hineinzukommen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit einem der größten Wohnungsanbieter im gesamten Bundesgebiet sicherlich ein wichtiger Schritt. Auf den verschärften Wettbewerb reagieren die etablierten Kabelnetzbetreiber, indem sie sich um vorzeitige Verlängerungen der bestehenden Gestattungsverträge bemühen.

I&F Inzwischen sind die Gebäude von zahlreichen Kabeln durchzogen und Funkstationen sorgen für kabellosen Datenaustausch. Niemand weiß, was technisch in Zukunft noch alles möglich ist. Wem gehören die Breitband-, Kupfer-, Strom- und Telefonkabel im Haus?

Hier muss zwischen Eigentums- und Nutzungsrechten unterschieden werden. Unbestritten ist, dass einem Netzbetreiber während der Laufzeit seines Gestattungsvertrags das Nutzungsrecht über die Kabel zusteht. Die Eigentumsfrage ist hingegen rechtlich nicht abschließend geklärt. Die Kabelnetzbetreiber gehen davon aus, dass die Netze in ihrem Eigentum stehen - vor allem, wenn sie das Kabelnetz selbst errichtet oder modernisiert haben. In der Praxis wird diese Sichtweise in der Regel akzeptiert, weil Netzbetreiber nur dann das Netz in ihrer Bilanz aktivieren können und ohnehin das Nutzungsrecht haben.

Rechtlich sicher ist das aber nicht. Aus Sicht der Immobilienwirtschaft lässt sich durchaus gut vertreten, dass die Kabelnetze dauerhaft eingebaut sind und deswegen von Anfang an im Eigentum des Gebäudeeigentümers stehen. Das muss insbesondere für solche Netze gelten, die so verlegt sind, dass sie nicht wieder entfernt werden können, ohne dabei zerstört zu werden.

Unabhängig davon sollte ein Immobilieneigentümer in jedem Fall darauf achten, nach Ablauf des Gestattungsvertrags Eigentümer des Netzes zu werden.

I&F Wann gelten die Kabel sowie Sende- und Empfangsanlagen als technische Infrastruktur des Gebäudes und fließen in dessen Bewertung ein?

Die Ausstattung mit Kabeln fließt beispielsweise dann in die Bewertung eines Gebäudes - zum Beispiel bei der Bilanzierung oder Finanzierung - ein, wenn der Gebäudeeigentümer auch Eigentümer des Kabels ist und damit Einnahmen in Form einer Netzmiete erzielt. Mittlerweile wird in den Due Diligences stärker darauf geachtet, wie die Gestattungsverträge gestaltet sind und ob sie optimiert werden können. Auch technische Ausstattungen wie smarte Energienetze oder Ambient- Assisted-Living-Systeme könnten künftig durchaus stärker als bislang in der Wertermittlung berücksichtigt werden.

I&F Welche Zugriffsrechte muss ein Gebäudeeigentümer dem Kabelnetzbetreiber gewähren?

Der Grundstückseigentümer hat grundsätzlich nur das Recht, aber keine Pflicht, die Verlegung von Netzen und die Versorgung durch einen Kabelnetzbetreiber zu gestatten. Es gab zwar bislang einen schuldrechtlichen Anspruch Dritter auf Zugang zu diesem Kabel, dieser Anspruch hatte aber in der Praxis keine Relevanz.

Durch die Novelle des Telekommunikationsgesetzes gibt es nun eine neue Pflicht für Immobilieneigentümer, den sogenannten Hausstich für neue Highspeed-Netze dulden zu müssen. Netzbetreiber können damit bei der Verlegung neuer Netze in einer Straße auch Stichleitungen zu allen Gebäuden auf dieser Straße legen, ohne den Eigentümer um Erlaubnis fragen zu müssen. Der Eigentümer kann die erforderlichen Arbeiten nur verhindern, wenn der Eingriff in sein Grundstück unzumutbar ist.

Allerdings gibt diese Neuregelung keinen Zugriff auf die Inhouse-Verkabelung hier bleibt es beim Gestattungsrecht des Eigentümers. Ebenfalls neu ist, dass die Bundesnetzagentur im Einzelfall auch eine Zugangsverpflichtung zu bestimmten Kabeln und zu Kabelkanälen anordnen kann. Ob und in welchem Umfang die Behörde von diesem Recht tatsächlich Gebrauch machen wird, ist noch nicht abzusehen.

I&F Welche Dauer sollten Gestattungsverträge mit Kabelnetzbetreibern haben?

Die Zeiten, in denen Gestattungsverträge für 15 oder 20 Jahre abgeschlossen wurden, ohne dass der Netzbetreiber hierfür groß etwas tun musste, sind vorbei. Die Immobilienwirtschaft ist sich ihrer rechtlichen Position heute sehr viel bewusster, und sie nimmt ihre Rechte auch nachdrücklicher wahr. Für die

Vertragslaufzeit kommt es maßgeblich darauf an, welche Gegenleistungen der jeweilige Netzbetreiber erbringt.

Wenn umfangreiche Investitionen notwendig sind, die sich erst durch eine längere Laufzeit rechnen, dann kann ein Gestattungsvertrag durchaus auch über zehn Jahre abgeschlossen werden. Wird jedoch nur die bestehende Infrastruktur genutzt, sind wesentlich kürzere Zeiträume ratsam. Das können dann auch ein oder zwei Jahre sein.

I&F Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus dem Sammelinkasso für den Vermieter? Wo lauern rechtliche Fallstricke?

Wenn der Eigentümer dem Netzbetreiber nur die Errichtung und den Betrieb des Netzes gestattet, muss der Netzbetreiber jeden einzelnen Kunden separat für sich gewinnen und auch die Entgelte selbst eintreiben. Netzbetreiber bevorzugen daher in der Regel das sogenannte Sam-melinkasso-Modell, bei dem das Immobilienunternehmen einen gemeinsamen

Preis für die Versorgung aller Mieter zahlt und diese Entgelte dann als Betriebskosten auf die Mieter umlegt. Da auf diese Weise alle Mieter über die gesamte Laufzeit des Gestattungsvertrags angeschlossen sind, ist der Preis für den Kabelanschluss meist deutlich günstiger als beim Einzelinkasso. Vorteil für den Vermieter ist zudem, dass er Einfluss auf die Grundversorgung aller Mieter hat und für die Mieter der Anreiz sinkt, eigene Satellitenschüsseln aufzustellen, was sich wesentlich auf den Wert und die Vermietbarkeit eines Gebäudes auswirken kann.

Allerdings muss der Vermieter hier auf einige Punkte achten. So trägt er das Risiko, wenn Mieter ihre Kabelgebühren nicht zahlen wollen. Auch muss er - sofern nichts anderes vereinbart ist - für leerstehende Einheiten bezahlen. Wenn er Zahlungen vom Netzbetreiber für die Gestattung erhält, muss er diese grundsätzlich auf die Betriebskosten anrechnen. Und er sollte auf jeden Fall auch Vorsorge dafür treffen, dass die Umlagemöglichkeit nach der Betriebskostenverordnung einmal nicht mehr möglich sein sollte.

I&F Nachdem ein Immobilieneigentümer zunächst in hochmoderne Inhouse-Netze investiert hat, trägt er bei Gestattungsverträgen mit Sammelinkasso trotzdem erhebliche Risiken. Wie lassen sich die Netze profitabler nutzen?

Für die Fernseh- und Breitbandversorgung gibt es drei grundsätzliche Optionen: eigenes Netz und eigener Betrieb, eigenes Netz und Outsourcing des Betriebs sowie fremdes Netz und fremder Betrieb. Grundsätzlich gilt: Je mehr der Eigentümer selbst in der Hand hält, um so eher kann er auch davon profitieren. Allerdings erfordern die eigene Errichtung von Netzen und deren Betrieb einiges Know-how und Ressourcen. Entscheidet sich der Vermieter dazu, ein Kabelnetz selbst zu betreiben, zum Beispiel indem er eine Satellitenschüssel auf dem Dach montiert und über das hauseigene Netz die Signale an die Mieter verteilt, dann müssen nicht nur technische, sondern auch urheberrechtliche Fragen geklärt werden.

I&F Sogenannte Smart Meter erfassen den Energieverbrauch der einzelnen Mieter sehr detailliert und können inzwischen auch per Funk abgelesen werden. Eine Gefahr aus Sicht des Datenschutzes?

Im Neubau und bei umfangreicheren Renovierungen besteht heute schon die gesetzliche Pflicht, Smart Meter einzusetzen. Diese Geräte erfassen den Energieverbrauch zeitpunktgenau und sind für die Umstellung auf erneuerbare Energien langfristig zwingend erforderlich. Bei der Einspeisung von Wind- oder Solarenergie kommt es zu Lastspitzen und Lasttälern. Darauf muss das Verbraucherverhalten mit speziellen Tarifen abgestimmt werden. Nur wenn der Verbrauch sich durch Smart Meter zeitgenau erfassen lässt, sind lastabhängige Tarife und eine intelligente Verbrauchssteuerung überhaupt möglich.

Allerdings gibt es noch einen regulatorischen Geburtsfehler: Während die Smart Meter vor allem den Energieversorgern nutzen, indem ihnen die Geräte genaue Verbrauchsdaten liefern und eine intelligentere Netzsteuerung ermöglichen, haben die Mieter die teils erheblichen Einbaukosten zu tragen.

I&F Inzwischen sind auch Systeme auf dem Markt, die eine medizinische Überwachung des Wohnungsnutzers ermöglichen - von der elektronischen Krankenakte, der Kontrolle von Körperfunktionen bis zum Absetzen eines Notrufs. Wie weit sind datenschutzrechtliche Bedenken beim Ambient Assisted Living begründet?

Sowohl bei der zeitgenauen Erfassung des Energieverbrauchs als auch bei sogenannten Ambient-Assisted-Living-Systemen (kurz: AAL-Systeme), das heißt technischen Systemen zur Unterstützung des Wohnens, spielt der Datenschutz eine ganz wesentliche Rolle. Jeder Anbieter solcher Lösungen ist gut beraten, transparente und nachvollziehbare Datenschutzkonzepte zu entwickeln und diese den Nutzern klar zu kommunizieren.

Ansonsten werden sich AAL-Systeme, die für die Betroffenen außerordentlich nützlich sein können, nicht durchsetzen.

Wie beim Smart Metering leidet die Ausbreitung solcher Technologien noch an den finanziellen Anreizstrukturen: AAL-Systeme sind derzeit nicht im Katalog präventivmedizinischer Leistungen der Krankenkassen enthalten. Deshalb müssen die Patienten die Kosten selbst tragen, während deutlich teurere stationäre Behandlungen von den Kassen übernommen werden müssen. Durch die demografische Entwicklung wird es aber immer wichtiger, dass ältere Menschen möglichst lange in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Das ist nicht nur für das persönliche Wohlbefinden der Betroffenen vorteilhaft, sondern entlastet auch die Pflege- und Krankenkassen. Insofern ist es nur eine Frage der Zeit, bis AAL-Leistungen auch von den Kassen übernommen werden.

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