Kreditverkauf und Forderungsmanagement

Erfolgsfaktoren beim Verkauf von Kreditportfolios

Anfang 2006 beschloss die bis dahin als klassische Hypothekenbank agierende Allgemeine Hypothekenbank Rheinboden AG (AHBR), sich auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung in Deutschland zu konzentrieren. Umfirmiert in Corealcredit Bank AG hat sich das Kreditinstitut 2007 in neuer Aufstellung als Finanzierungs- und Beratungsspezialist für Immobilienprofis am Markt zurückgemeldet.

Parallel dazu wurden die nicht fortgeführten Geschäftsfelder konsequent abgebaut. Der Verkauf des Kreditportfolios der privaten Baufinanzierungen mit einem Volumen von rund zehn Milliarden Euro war dabei eine besondere Herausforderung. Obwohl für Eigenheimfinanzierungen kein standardisierter und ohne Weiteres transparenter Sekundärmarkt existiert, gelang die Trennung von diesem Kreditbestand innerhalb von knapp zwei Jahren mittels zwölf Performing-Loan-Portfolioverkäufen sowie mehreren Non-performing-Loan-Transaktionen.

Drei Erfolgsfaktoren

Mit dieser Erfahrung lässt sich feststellen, dass drei sehr elementare Faktoren für den Erfolg von Kreditverkäufen ausschlaggebend sind: das Verständnis des Käufermarktes, die bewusste Strukturierung der Transaktionen sowie das Management des Verkaufsprozesses. Vom professionellen Herangehen an diese drei Themen hängt es ab, ob die Portfolioübertragung nicht nur überhaupt gelingt, sondern auch die gesetzten wirtschaftlichen Ziele erreicht werden. Erster Erfolgsfaktor ist das Verstehen des Käufermarktes in seinen grundlegenden Zusammenhängen und seiner aktuellen Konstitution. Als Käufer von Retail-Krediten kommen sehr viele Banken in Betracht. Der Kreis der potenziellen Abnehmer ist jedoch sehr heterogen, und nicht jeder grundsätzlich infrage kommende Abnehmer ist jederzeit aufnahmebereit. Zuschnitt und Zeitpunkt der Transaktionen sollten sich daran orientieren.

Verstehen des Käufermarktes

Für Portfolios mit privaten Baufinanzierungen interessieren sich diverse Banken und Investoren. Geschätzt gibt es insgesamt etwa fünfzig relevante Akteure. Das Spektrum reicht dabei von den heimischen Privatkundenbanken mit langfristigen Wachstums- und Diversifikationszielen über ausländische Investoren, die den Markteintritt in Deutschland suchen, bis hin zu opportunistischen Finanzinvestoren mit eher kurzfristigem Horizont. Letztgenannte Gruppe tritt jedoch entgegen der öffentlichen Wahrnehmung nur sehr selektiv bei Non-performing-Loan-Portfolios auf und scheidet für den Erwerb von Perfor-ming-Loan-Portfolios mangels Banklizenz überwiegend ohnehin aus.

Käuferpräferenzen und Käuferverhalten unterscheiden sich teilweise deutlich. Dies liegt zum einen in den strategischen Bedürfnissen begründet: Nicht jede Bank interessiert sich für alle Kundensegmente gleichermaßen; die meisten beschränken sich auf bestimmte Kerngeschäftsfelder. Zum anderen resultiert dies aus den operativen Anforderungen: So stellen vor allem die unterschiedlich weit entwickelten Refinanzierungsmöglichkeiten eine wichtige Restriktion dar.

Hinzu kommt, dass die Abnahmebereitschaft der einzelnen Banken über die Zeit unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Gerade wenn eine Wachstumsstrategie über Zukäufe verfolgt wird, bindet die Verarbeitung bereits erfolgter Akquisitionen Kapazitäten, die erst später wieder für neue Geschäfte zur Verfügung stehen. Um gerade diese Investoren, die auch zum Zahlen einer strategischen Prämie bereit sind, nicht kapazitätsbedingt auszugrenzen, spielt das Timing für das Initiieren eines Verkaufsprozesses eine maßgebende Rolle.

Ein praktisches Verständnis dieser Zusammenhänge sowie der aktuellen Situation im Käufermarkt ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Transaktion. Der Portfoliozuschnitt und die zeitliche Taktung der Bietverfahren sollten diese Aspekte bewusst berücksichtigen. So hat sich die Aufteilung des Gesamtportfolios in Performing Loans, Sub-performing Loans und Non-performing Loans bewährt, da sich diese hinsichtlich Käufersegmente, Preisfindung, Kaufvertrag, Kundenzustimmung und vielem mehr deutlich unterscheiden. Da den Performing Loans die weitaus größte Bedeutung zukommt, konzentrieren sich die weiteren Ausführungen vorwiegend auf den Verkauf von nicht leistungsgestörten Krediten.

Möglichkeiten der Portfolio-Strukturierung

Auch innerhalb der intakten Darlehen führt das Bilden von homogenen Tranchen auf Basis von Beleihungsauslauf, Herkunft und anderen Qualitätsmerkmalen zur Vergrößerung des infrage kommenden Käuferkreises und damit indirekt zu einem besseren Durchschnittspreis. Vor allem die Unterteilung nach reinen Erstrangdarlehen mit Beleihungswertauslauf unter 60 Prozent einerseits und Darlehen mit höherem Beleihungswertauslauf andererseits hat sich in Bezug auf die Käufergruppen als zentral herausgestellt.

Im ersten Fall spielen Pfandbriefbanken ihre Refinanzierungsstärken aus, während sich für Darlehen mit höherem Beleihungsauslauf vorwiegend Institute mit Kundeneinlagen interessieren. Der zweite Erfolgsfaktor ist das bewusste Gestalten der Transaktionsstruktur. Eine zentrale Abwägung beim Kreditverkauf ist dabei die Wahl des Übertragungsverfahrens. Kreditverkäufe lassen sich auf vielerlei Weise strukturieren. Wie so oft muss letztlich zwischen erzielbarem Preis und Geschwindigkeit, zwischen Wirtschaftlichkeit und rechtlicher Sicherheit abgewogen werden. In der Regel kommt es zu einem True Sale; in diesem Fall muss die Entscheidung zwischen Asset Deal (Abtretung mit beziehungsweise ohne Vertragsübergang auf Einzelebene) und Share Deal (Abspaltung und Ausgliederung) fallen.

Drei Stufen der offenen Zession

Die Corealcredit hat sich in allen Fällen auch bei Performing Loans für den Asset Deal in Form der offenen Zession mit anschließendem Vertragsübergang auf Einzelebene entschieden. Hierbei werden in der ersten von drei Stufen die wirtschaftlichen Rechte an den Käufer übertragen. In einer zweiten Stufe werden die Kunden über die Forderungsabtretung informiert und um Zustimmung zum vollständigen Vertragsübergang auf die Käuferbank gebeten; dieser wird bei Zustimmung vollzogen. In der finalen Stufe gehen im Falle der erfolgten Kundenzustimmung Akten, Kundendaten sowie das Kredit-Servicing auf die Käuferbank oder auf einen von der Käuferbank benannten Drittservicer über.

Im Falle der verweigerten Kundenzustimmung zum Vertragsübergang verbleibt das Kredit-Servicing in der grundsätzlichen Verantwortung der Verkäuferbank, da diese Vertragspartner des nicht zustimmenden Kunden bleibt. Die Käuferbank erhält für diese Darlehen nur anonymisierte Daten, zumindest solange kein größerer Leistungsrückstand auftritt. Zur Bestimmbarkeit des Kauf- und Abtretungsgegenstandes, das heißt aller Forderungen und Sicherheiten, wird ein Datentreuhänder (Notar respektive drittes Kreditinstitut) mit der sicheren Verwahrung der Kunden- und kreditbezogenen Daten des verkauften Portfolios beauftragt.

Dieses Vorgehen spart gegenüber einem gesellschaftsrechtlich aufwendigen Abspaltungsmodell beim Share Deal für Verkäufer und Käufer Kosten, was sich auch im erzielbaren Preis niederschlägt, und vermeidet eine Vielzahl rechtlicher Teilprobleme, von denen vor allem die gegenseitigen Nachhaftungsfragen und arbeitsrechtliche Fragen (Stichwort Teilbetriebsübergang) zu nennen sind. Hingegen sind mit guter Vorbereitung, transparenter Kommunikation und einer renommierten Bank als Käufer bei Per-forming-Loan-Portfolios Zustimmungsquoten über 90 Prozent erzielbar.

Kundenzustimmung

So werden beim Asset Deal mit anschließendem Kundenzustimmungsverfahren in kurzer Zeit klare Verhältnisse geschaffen, und zwar unter Einbeziehung des Kunden - auch dieser Aspekt ist für strategische Käufer wichtig. Es sollte dabei konsequent sichergestellt und dem Kunden dargelegt werden, dass während des gesamten Verkaufsprozesses Bankgeheimnis und Datenschutz in allen Aspekten gewährleistet sind.

Dritter Erfolgsfaktor ist ein gradliniges, schlankes Transaktionskonzept. Der dreistufige Prozess aus Vorbereitung, Bietung und Umsetzung ist professionell zu planen und zu steuern; als hilfreich bei der Umsetzung hat sich für den Zeitraum zwischen Abschluss des Kaufvertrages und grundbuchmäßiger Abtretung von Sicherungsgrundschulden dabei besonders das Einrichten und Nutzen eines Refinanzierungsregisters erwiesen. Bei der oft ratsamen Portfoliotranchierung kann dieses sogar für mehrere Verkaufsvorhaben parallel genutzt werden.

Phasen der Kreditportfoliotransaktion

Eine Kreditportfoliotransaktion lässt sich grob in drei Phasen einteilen. In der ersten Phase wird die Transaktion geplant und vorbereitet. Hier sind vor allem Daten für das jeweilige Portfolio aufzubereiten und die grundsätzliche Kaufvertragsstruktur festzulegen. Je transparenter Portfolio und Transaktion aufbereitet werden, umso einfacher gestalten sich die Folgearbeiten. Dieser anfängliche Aufwand für die Datenaufbereitung und insbesondere für die Qualitätssicherung ist nicht zu unterschätzen: Kreditbestände sind meist über einen langen Zeitraum aufgebaut worden und unterlagen beim Eingehen sich entwickelnden Anforderungen, Richtlinien, Systemen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die oft zu einer sehr heterogenen Datenlage geführt haben.

Es folgt als zweite Phase die Bietungsphase. Es werden Termsheet und Poolbeschreibung versandt, indikative Gebote eingeholt, eine Shortlist der auf Basis der indikativen Gebote interessierten Bieter erstellt, der Due-Diligence-Prozess eingeleitet, das heißt Datenräume für Bieter und deren Wirtschaftsprüfer geöffnet, Fragen beantwortet und schließlich finale Gebote eingeholt. Mit den Bietern der Shortlist wird parallel zur Due Diligence der Kaufvertrag endverhandelt, um nach Zuschlag für einen Bieter schnell handlungsfähig zu sein. Primär zählt für den Zuschlag der gebotene Preis als Marge über einer definierten Zinskurve, meist der Swapkurve.

Rechtsfragen, Datenschutz und Bankgeheimnis

Daneben spielen aber auch Fragen der rechtlichen Gestaltung (etwa Haftung, Übergang, Verfahren der Forderungs- und Sicherheitenübertragung, Kostenersatz für weiterzuführende Serviceleistungen) sowie strategische Aspekte (etwa Reputation und Transaktionssicherheit) eine Rolle. Im Due-Diligence-Prozess zählt vor allem die Koordination aller Beteiligten, auch der Rechts- und Finanzberaterteams. Gerade hier ist sehr genau auf die Einhaltung von Datenschutz und des Bankgeheimnisses zu achten. Diese Phase endet mit Käuferauswahl, Signing und Closing.

Nicht zu vernachlässigen ist die abschließende dritte Phase der Post-Closing-Umsetzung: Hier sollte noch einige Zeit für viele technische Aspekte wie die Akten- und Datenmigration einschließlich der Sicherheitenübertragung eingeplant werden. Im Rahmen einer offenen Zession wird nun die Kundenzustimmung eingeholt. Den Kreditnehmern sollte bei Bedarf auch mehrfach - verständlich und eindeutig erklärt werden, dass die Forderung bereits abgetreten wurde und sein Vertragsverhältnis ohne Weiteres unverändert bleibt. Eine Zustimmung zum Vertragsübergang ist für den Kunden insofern vorteilhaft, da er damit zu einem kompetenten und auf eine langfristige Geschäftsbeziehung ausgerichteten Partner wechselt, welcher "eins zu eins" in das Kreditvertragsverhältnis eintritt.

Refinanzierungsregister als bewährtes Instrument

In dieser Phase hat sich das Refinanzierungsregister zur vorläufigen Übertragung der Sicherheiten, insbesondere der Sicherungsgrundschulden bis zu deren Übertragung auf den Käufer und die Übernahme des Kredit-Servicings durch den Käufer oder einen vom Käufer bestimmten Dienstleister, bewährt. Sukzessive werden die Daten der durch Zustimmung auf den Käufer übergegangenen Darlehensverträge auf den Käufer oder dessen Kredit-Servicer übertragen.

Für diejenigen Kunden, die der Übertragung des Kreditvertrages auf den Käufer nicht zugestimmt haben, verbleibt das Servicing bis auf Weiteres rechtlich beim Verkäufer, da dieser weiterhin Vertragspartner des Kunden ist. Hierfür müssen im Kaufvertrag entsprechende Regelungen getroffen und ein Entgelt festgelegt werden.

Wurden aus einem großen Portfolio wie empfohlen mehrere Tranchen gebildet, können sich auch die Stufen mehrerer Bieterverfahren überlappen.

Umgekehrt lohnt es sich darauf zu achten, ähnliche Portfolios mit gleicher Zielgruppe zeitlich getrennt zu vermarkten. Andernfalls müssten sich potenzielle Käufer wegen Kapazitätsengpässen zwischen den Portfolios entscheiden, und der Interessentenkreis wird unnötig eingeschränkt.

Optimierung von Kosten und Preisen

Verständnis des Käufermarktes, bewusste Strukturierung der Transaktionen und professionelles Management des Transaktionsprozesses dienen letztlich dazu, den Kreditverkauf über die beiden ökonomischen Zielgrößen Kosten und Preis zu optimieren. Hinsichtlich der Kosten geht es darum, diese in der Summe niedrig zu halten.

Dies bezieht sich zum einen auf die direkt mit dem Transaktionsprozess verbundenen Kosten, die etwa beim Asset Deal niedriger als beim Share Deal sind, bei dem das Portfolio erst noch in eine eigenständige Gesellschaft auszulagern ist. Nicht zu übersehen sind jedoch auch die Folgekosten, die bei der offenen Zession etwa aus der Führung eines Refinanzierungsregisters oder der Servi-cing-Verantwortung für Kunden, die eine Zustimmung zum Vertragsübergang nicht geben, entstehen.

Zudem sollten auch die indirekten Kosten auf Käuferseite minimiert werden, da diese den erzielbaren Preis schmälern. Hierbei handelt es sich vor allem um Risikokosten, objektiv aus Haftungspflichten und subjektiv aus Unklarkeit über die Portfolioqualität heraus. Während im ersten Fall vor allem die Vertragsgestaltung gefordert ist, zählen im zweiten Fall Transparenz und Zuverlässigkeit.

Hinsichtlich der zweiten ökonomischen Zielgröße, dem Preis, geht es darum, die Erlösvorstellungen zu realisieren. Dies erfordert ein Abwägen zwischen Individualisierung und Generalisierung: Je größer einerseits der sichtbare individuelle Nutzen für einen Interessenten ist, umso höher ist auch der Preis, den er zu zahlen bereit ist. Andererseits steigt das Erlöspotenzial mit der Zahl der Interessenten, und zwar nicht nur statistisch, sondern auch aus der wahrgenommenen Konkurrenzsituation heraus. Den goldenen Mittelweg stellt hier wiederum die Portfolio-Tranchierung dar, indem sie auf die Bedürfnisse einer Interessentengruppe eingeht.

Prof. Dr. Leo Cremer , Professur für Mathematische Methoden in der Bau- und Immobilienwirtschaft, Hochschule RheinMain, Wiesbaden
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