Schwerpunkt: Einzelhandelsimmobilien

Factory Outlet Center - eine Betriebsform mit großem Potenzial

Was dem heutigen Besucher eines Factory Outlet Centers (FOC) kaum bekannt sein dürfte: Das FOC feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Im Jahr 1971 eröffnete das erste Center seiner Art in Reading, Pennsylvania/USA, und erobert seither die Märkte in Europa, Asien und auch Südamerika.

In den USA setzte in den folgenden 20 Jahren eine massive Verbreitung dieser Betriebsform ein. Bis Ende der 90er Jahre lag ihre Zahl bereits über 300. Der Export nach Europa gestaltete sich dagegen etwas zäher. Etwa 20 Jahre hat es gedauert, bis die Verbreitung von FOC auf diesem Kontinent einsetzte. Das fiel gerade in die Zeit, als die flächendeckende Ausbreitung in den USA vorerst abgeschlossen und wieder rückläufig war.

Inzwischen hat sich diese Betriebsform in den Märkten fest etabliert und ihre Expansion schreitet weiter voran, was nicht zuletzt der ursprünglichen Idee und der Weiterentwicklung dieses Konzepts zu verdanken ist.

Weiterentwicklung des Konzepts

Ein Factory Outlet Center umfasst die Ansiedlung mehrerer Markenhersteller. In der Regel handelt es sich dabei um 60 bis 100 Outlet Stores mit Größen zwischen 50 bis 600 Quadratmetern. Die Grundidee ist, die Markenware im Direktvertrieb an die Konsumenten zu wesentlich günstigeren Preisen als im Einzelhandel abzusetzen. Die Rabatte liegen zwischen 20 und 85 Prozent. Das Angebot besteht meist aus Waren zweiter Wahl, aber auch aus Überschussproduktionen oder Markenartikeln der letzten Saison. Das Sortiment und damit auch der Mietermix umfassen im Wesentlichen Bekleidung (Beruf, Freizeit), Sportartikel, Schuhe und Haushaltswaren, aber auch Schmuck.

Während frühere FOC einfach ausgestattet und meist in umgewandelten Fabrikhallen untergebracht waren, sind viele inzwischen deutlich komfortabler und nähern sich vom Ambiente, der Ausstattung und dem Service immer mehr den Einzelhandelsgeschäften an. Je nach Konzept nutzen die Center ein bereits vorhandenes Gebäude, wie zum Beispiel eine Fabrikhalle oder ein ehemaliges Shoppingcenter (geschlossenes Mall-Konzept) oder werden eigens im Shoppingcenter- beziehungsweise Village- Stil errichtet. Letztere stellen in Europa mit über 40 Prozent inzwischen den größten Anteil dar, dicht gefolgt von dem geschlossenen Mall-Typ (38 Prozent). Gerade größere Factory Outlet Center bieten darüber hinaus auch Gastronomie, Freizeiteinrichtungen und Kinderspielplätze sowie Kinderbetreuung an, um auch hier den Einkauf zum gezielten und geplanten Erlebnis zu machen und nicht von Zufallskäufern abhängig zu sein.

Drei verschiedene Käufergruppen

Ein wesentlicher Teil des Erfolges beruht auf den Zielgruppen, die diese Betriebsform anspricht. Das Konzept erfüllt die Kundenwünsche von drei Käufergruppen: der Qualitätskäufer, der Schnäppchenjäger und auch der Smartshopper. Kunden wägen beim Kauf stets ab, welches Angebot ihnen im Vergleich zu dem Preis, den sie dafür zahlen müssen, den höchstmöglichen Wertgewinn verspricht. Markenwaren stehen aufgrund ihres Images und der ihnen zugeschriebenen qualitativen Eigenschaften ganz oben auf der Liste. Diese zu einem günstigen Preis erwerben zu können, spricht nicht nur Qualitätskäufer und Schnäppchenjäger an, sondern auch den Smartshopper. Letzterer kauft gerade dort, wo er ein Qualitätsprodukt günstiger erwerben kann.

Genau dieser Sachverhalt brachte das FOC jedoch immer wieder in Konflikt mit dem Einzelhandel. Die Diskussionen, die in der Regel öffentlich ausgetragen werden, überschatten letztendlich den Erfolg dieser Betriebsform und kommen standortbezogen immer wieder von Neuem auf, wenn ein FOC errichtet werden soll. Die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre an den etablierten FOC-Standorten zeigen allerdings, dass die unterschiedlichen Betriebsformen sich tolerieren und durchaus nebeneinander existieren können.

Um die Wettbewerbssituation mit dem Einzelhandel lokal nicht allzu sehr zu verschärfen, treten FOC hinsichtlich ihrer Marketingaktivitäten eher fokussiert auf. Zu ihren Maßnahmen zählen insbesondere eine informative Homepage, ein stetiges Angebot an Events wie Late-Night- oder Sonntags-Shopping sowie Rabatt- und Mailingaktionen. Da das Centermanagement in manchen Centern die Schulungen des Verkaufspersonals übernimmt, unterstützt es die Mieter auch bei der Konzeption von verkaufsfördernden Maßnahmen bis hin zur Inneneinrichtung der Stores.

Noch Potenziale in Deutschland vorhanden

Mit einer durchschnittlichen Verkaufsfläche je Center von 12000 Quadratmetern liegt Deutschland deutlich hinter Ländern wie Großbritannien oder einzelnen süd- beziehungsweise zentraleuropäischen Staaten. Dort steigt die durchschnittliche Verkaufsfläche auf 14000 bis 20000 Quadratmeter an. Die Dichte der Center ist in Großbritannien mit 40 (Stand Mitte 2010) am höchsten. Erst mit einigem Abstand folgen Italien mit 25, Spanien mit 18 und Frankreich mit 15. Deutschland rangiert mit sechs Centern im Mittelfeld, allerdings befanden sich nach einer aus dem Jahr 2010 stammenden Erhebung von ecostra 22 deutsche Factory Outlet Center in Planung.

Mit steigender Anzahl der FOC in Europa erhöht sich auch der Bedarf an maßgeschneiderten Finanzierungslösungen für diese Asset-Klasse. Noch dominiert die Bankenfinanzierung. Häufig werden dabei Bankenkonsortien gebildet, um die üblicherweise großvolumige Finanzierung gemeinsam mit mehreren Partnern zu stemmen. Viele Kreditinstitute ziehen bei FOC konservative Finanzierungsstrukturen vor, was sich in angemessenen Beleihungshöhen, Laufzeiten oder entsprechenden Sicherheiten bemerkbar macht.

Dies gilt umso mehr für Entwicklungsmaßnahmen, denn die meisten FOC entstehen "auf der grünen Wiese", wodurch zu den üblichen Herausforderungen einer Development-Finanzierung noch die Ungewissheit über die künftige Marktakzeptanz hinzukommt. Erweiterungsmaßnahmen erfolgreicher Center finden hingegen leichter Geldgeber. In der Regel stellt die finanzierende Bank auch die Mittel für eine Erweiterung zur Verfügung.

Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal, das die FOC vom klassischen Einzelhandel abhebt und sie zu attraktiven Investments macht, ist ihre konjunkturunabhängige Performance. Sie ist von Phasen stagnierender oder rückläufiger wirtschaftlicher Entwicklung nicht nennenswert betroffen.

Der wirtschaftliche Erfolg eines Factory Outlets hängt im hohen Maß von der Qualität und Leistungsfähigkeit des Betreibers sowie seines Konzepts ab. Die Errichtung eines FOC - in der Regel in unmittelbarer Nähe zu oder zwischen Ballungszentren - und der Betrieb eines solchen Centers erfordern eine besondere fachspezifische Erfahrung und Qualifikation der Investoren. Es geht nicht nur um die erfolgreiche Konzeption und Errichtung eines FOC. Vielmehr erfordert es ein aktives Management und eine ständige Optimierung der genutzten Flächen und somit der Performance eines solchen Centers.

Eine Besonderheit liegt in der Bewertung der Immobilie aus Sicht eines Immobilienfinanzierers: Es wird die Immobilie und nicht das Unternehmen beziehungsweise der Business-Plan des Investors bewertet. Die Bewertung der Immobilie basiert in der Regel auf der Prognose und Diskontierung künftiger Objekterträge und objektrelevanter Kosten. Im Zusammenhang mit der Bewertung ist für die finanzierenden Banken, vor allem wenn es sich um Pfandbriefbanken handelt, die Drittverwendungsfähigkeit von großer Bedeutung.

Besonderheiten der Finanzierung

Als Drittverwendungsfähigkeit wird die Eigenschaft einer Immobilie bezeichnet, nach Ausfall eines Mieters ohne größere Veränderungen von einem anderen Mieter genutzt werden zu können. In modernen FOC kann die Einzelhandelsfläche üblicherweise ohne viel Aufwand umgebaut werden, sodass die Fläche für jede Art von Einzelhandel geeignet ist. Die Mietnachfrage ergibt sich weiterhin aus langjährigen Einzelhandelsnachweisen sowie ausreichendem Mietinteresse, nachweisbar durch den Vermietungsstand, Wartelisten und Ähnliches.

Die Aspekte, dass die Umsätze nach Errichtung erst mit der Zeit steigen und es einige Jahre dauern kann, bis das Center stabilisiert ist, sowie die für diese Betriebsform typische mietvertragsstrukturelle Besonderheit der Umsatzmiete werden in der Cash-Flow-Prognose der finanzierenden Banken berücksichtigt. Die Entwicklung der künftigen Umsätze der Einzelmieter und somit der Umsatzmieten sind für Banken allerdings oft schwer prognostizierbar.

Leerstand ist eingeplant

Ebenfalls typisch für FOC ist, dass sie nicht immer eine 100-prozentige Vermietung erreichen. Dies ist auch nicht unbedingt gewollt, denn ein gewisser Leerstand ist im Sinne eines aktiven Managements notwendig, um die Flexibilität zur Reallokation der Mieter, die Aufnahme neuer, attraktiver Mieter oder auch Raum für Renovierungsmaßnahmen zu erhalten.

Ähnlich wie im klassischen Einzelhandel sind zwar namhafte Ankermieter enorm wichtig für einen gelungenen Mietermix und den Betrieb, allerdings ist die Mieteranzahl in einem FOC relativ hoch und der Anteil eines oder weniger großer Mieter am gesamten Mietaufkommen eher gering. Dadurch wird der Cash-Flow stabilisiert und ist weniger anfällig für Schwankungen bei Ausfall eines Mieters. Teilweise sind die Größe und Anzahl der Mieter auch von den Gemeinden oder Städten beauflagt.

Eine weitere Besonderheit liegt in der limitierten Anzahl an professionellen FOC-Betreibern. Auch sind bislang in Europa tatsächlich nur wenige Transaktionen in diesem Segment feststellbar - die Entwickler von FOC halten diese meist langfristig in ihrem Bestand.

Faktoren, die den Erfolg eines FOC ausmachen, sind ein optimales Konzept, professionelles Centermanagement und ein hinreichend großes Einzugsgebiet. Der Mietermix muss stimmen und es müssen ausreichend Designerläden und Markenhersteller vertreten sein. Schließlich sind die verkehrstechnische Anbindung, gute Sichtbarkeit und eine ausreichende Anzahl an Parkplätzen wichtige Erfolgsfaktoren. Ein zusätzlicher Vorteil ist die Anbindung an internationale Flughäfen, wodurch ein Center von der touristischen Käufergruppe profitieren kann. Dies zieht wiederum entsprechende Marketingmaßnahmen nach sich.

Aus Hersteller- beziehungsweise Mietersicht spielen neben den vorgenannten Faktoren auch Aspekte wie Umsatzpotenzial und die Miethöhe eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, eine Fläche in einem FOC anzumieten. Gemäß einer von CBRE durchgeführten Studie (Factory Outlet Centre Performance - European Report von CBRE vom November 2010) tendieren Factory Outlets inzwischen zunehmend dazu, als zusätzlicher Distributionskanal und eigenes Profit Center aufzutreten und nicht nur als Absatzkanal für B- oder Vorsaisonware. Der Verkauf ihrer Waren über FOC entwickelt sich somit zu einem wichtigen Absatzkanal und Gewinnbringer vieler Markenhersteller.

Die Ausgestaltung der Mietverträge

Die Ausgestaltung der Mietverträge kann sich von FOC zu FOC unterscheiden. Ihre Laufzeit variiert zwischen fünf und 15 Jahren, wobei in Deutschland zehnjährige Mietverträge üblich sind. Der Mietvertrag enthält oftmals eine fest vereinbarte Basismiete und eine Umsatzmiete. Die Basismiete stellt die Mindestmiete dar. Die Umsatzmiete ist in einem bestimmten, gegebenenfalls zeitlich oder nach Umsatzhöhe gestaffelten Prozentsatz des erzielten Umsatzes vereinbart. Die Mieter zahlen somit entweder die Basismiete oder die Umsatzmiete - je nachdem, welche Komponente höher ist.

Es versteht sich von selbst, dass das Centermanagement regelmäßig eine transparente Informationslage über die Umsätze jedes einzelnen Mieters erhält. Die Mietvertragsstrukturen können je nach Center und Betreiber sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Die Bandbreite erstreckt sich von relativ einfach beziehungsweise standardisiert bis zu hoch spezialisiert und mit zahlreichen Raffinessen ausgestattet. Beispielsweise kann das Mietverhältnis vorzeitig beendet werden, wenn vereinbarte Umsatzzahlen nicht erreicht werden.

Auch das Warenangebot kann vertraglich geregelt werden und eine Änderung dieses Angebots bedarf der Zustimmung des Betreibers. Teilweise wird das Warenangebot sogar durch die Gemeinden oder Städte mit Auflagen versehen, die so sicherstellen wollen, dass das FOC nicht die gleiche Angebotspalette wie der innerstädtische Einzelhandel anbietet. Besonders aktive Betreiber lassen sich oftmals Rechte einräumen, die hinreichend Spielraum für strategische Schritte und Konzeptanpassungen sichern. So kann der Vermieter das Warensortiment und das Absatzkonzept eines einzelnen Mieters zwecks Optimierung beeinflussen. Schließlich können "Brands" auch komplett verschwinden. Eine Untervermietung ist oftmals nur mit Zustimmung des Centermanagements zulässig. Ebenso sind Wettbewerbsklauseln standardmäßig vertraglich geregelt.

FOC sind keine Bedrohung

FOC müssen sich seit ihrer Markteinführung vor 40 Jahren kontinuierlich mit Vorurteilen und Befürchtungen des Einzelhandels auseinandersetzen. Dennoch belegt ihre Entwicklung und Verbreitung eindrucksvoll den Erfolg dieser Betriebsform. Dieser Erfolg geht jedoch, anders als erwartet, nicht zulasten des Einzelhandels. Insbesondere die Center im Village-Stil, die einige Kilometer außerhalb der Städte "auf der grünen Wiese" errichtet wurden, wollen den Einkauf zum Erlebnis machen und sprechen Kunden an, die eigens dorthin fahren, um in dem Center mehrere Stunden zu verbringen. Für das Shoppingerlebnis stehen die Markenwaren zur Verfügung, die der Konsument auf der Suche nach seinem besonderen "Schnäppchen" durchforstet. Sowohl die Sortimentsbreite als auch die Sortimentstiefe sind jedoch im Vergleich zum innerstädtischen Einzelhandel oftmals begrenzt. So kann es durchaus sein, dass ein Kunde auch einmal nicht das Gewünschte oder Passende findet.

Aus diesem Grund sollten die FOC, wie andere Center auch, zwar als Herausforderung ernst genommen, aber nicht als Bedrohung angesehen werden. Der Einzelhandel ist kontinuierlich gefordert, seine Konzepte anzupassen, dafür sorgen nicht zuletzt neue Wettbewerber, Veränderungen im Konsumverhalten, die Entstehung neuer Käuferschichten und zunehmend auch demografische Aspekte. Mit Blick auf die Factory Outlets gilt es, diesen zusätzlichen Distributionskanal zu nutzen und in das Gesamtangebot einer Region zu integrieren. In dieser Hinsicht bietet das FOC große Chancen, weil es zusätzliche Arbeitsplätze schafft und zum Wachstum und Wohlstand der Region beiträgt. Insofern bleibt nur zu sagen: Happy Birthday Factory Outlet!

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