Interview

Frage an Stefan Seip - Ist der Offene Immobilienfonds noch zu retten?

Die Frage nach dem Ob der Rettung stellt sich gar nicht, aber es geht um das Wie. Der Offene Immobilienfonds als solcher steht nicht zur Disposition. Konkret muss aber entschieden werden, wie die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen bei Offenen Immobilienfonds in Zukunft organisiert werden kann. Bleibt es bei der täglichen Verfügbarkeit, oder müssen Fristen festgelegt werden, um die Liquidität besser steuern zu können? Auch ein Fonds, der nur alle sechs Monate Mittelbewegungen zulässt, wäre ein "offener" Fonds, aber das Produkt wäre dann neu zu positionieren.

Grundsätzlich streben wir an, für Privatanleger die tägliche Verfügbarkeit beizubehalten. Nach den ersten Rücknahmeaussetzungen hatte die Branche Anfang 2006 ein Maßnahmenpaket abgestimmt, um die tägliche Verfügbarkeit der Offenen Immobilienfonds wetterfest zu machen. Einen Teil dieser Maßnahmen haben die Gesellschaften durch Selbstverpflichtung umsetzen können, bei dem anderen Teil hätte es der Unterstützung durch den Gesetzgeber bedurft. Nachdem sich die damaligen Verspannungen schnell lösten, wurde dies aber nicht mit letzter Konsequenz weiter verfolgt. Auch hat sich gezeigt, dass Vereinbarungen über Kündigungsfristen mit institutionellen Investoren in der Liquiditätskrise im Oktober 2008 letztlich nicht durchsetzbar waren.

Aus dieser Vorgeschichte müssen jetzt die richtigen Konsequenzen gezogen werden. Mit unserem jüngsten Gesetzesvorschlag, den wir Anfang 2009 an den Gesetzgeber adressiert haben, werden wir zu einem wirksamen Schutz vor schubartigen Rückgaben kommen. Unser Lösungspaket hat vier Bausteine, um die grundsätzlich tägliche Veräußerbarkeit als wichtigen Vorteil bei Offenen Immobilienfonds auch in Zukunft als Regellösung für den privaten Anleger aufrecht zu erhalten. Erstens sollen künftig private und institutionelle Anleger unterschiedlich behandelt werden. Für nichtnatürliche Personen soll eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten eingeführt werden, sodass die übrigen Anleger vor dem überraschenden Abzug sehr hoher Beträge durch Vermögensverwalter und Dachfonds besser geschützt wären.

Zweitens sollen einzelvertragliche Vereinbarungen über weitergehende Halte- und Kündigungsfristen abweichend von den gesetzlichen Mindestvorgaben wirksam getroffen werden können. Dies ist nach dem derzeitigen Investmentgesetz nicht möglich, weil dort die Maßgabe der täglichen Rückgabe festgelegt ist. Diese Regelung ist im Sinne des Anlegerschutzes getroffen worden, sodass bisher nicht durch Einzelvertragsregelungen mit professionellen Anlegern davon abgewichen werden kann.

Drittens soll es in Zukunft Gelegenheit für eine "Verschnaufpause" geben. Die Anleger sollen eine Kündigungsfrist von drei Monaten einhalten, wenn zuvor innerhalb von 30 Tagen mehr als fünf Prozent des Fondsvolumens abgeflossen sind. Beruhigt sich der Markt innerhalb dieser Kündigungsfrist, können die Anleger entscheiden, ob sie weiterhin im Fonds investiert bleiben oder Anteile zurückgeben wollen. Diese Kündigungsfrist wird in vielen Fällen dazu führen, dass es nicht zu einer Rücknahmeaussetzung kommt.

Viertens sollen Auszahlpläne auch bei Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen weiter bedient werden dürfen - unter der Prämisse, dass die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Offenen Immobilienfonds dadurch nicht gefährdet ist. Dabei sollte die maximale Auszahlung pro Anleger 3 000 Euro im Monat nicht übersteigen. Die neue Regierung hat im Koalitionsvertrag Aussagen getroffen, die uns zuversichtlich stimmen, dass die notwendigen Reformen schnell angegangen werden. Mit der notwendigen Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen wären Offene Immobilienfonds für die Zukunft gut gerüstet und Klarheit und Sicherheit für Anleger sowie Anbieter geschaffen.

Offene Immobilienfonds sind und bleiben ein hervorragendes Instrument für längerfristig ausgerichtete Investoren. Doch muss man sich voraussichtlich auch von einigem Gewohntem verabschieden. So dürften die Renditen der einzelnen Offenen Immobilienfonds künftig stärker schwanken, weil auch die Märkte aufgrund steigender grenzüberschreitender Kapitalströme volatiler werden. Zyklen werden hingegen durch die breite Streuung und durch die Staffelung der Mietvertragslaufzeiten auch weiterhin abgefedert. Für Anleger bieten Offene Immobilienfonds unverändert eine Kombination aus Sicherheit, Rendite, Steuervorteilen und Verfügbarkeit, die ihresgleichen sucht. Die Anleger in Deutschland vertrauten Offenen Immobilien-Publikumsfonds neue Mittel in Höhe von 3,1 Milliarden Euro seit Jahresbeginn an. Seit über 50 Jahren bieten Offene Immobilienfonds jedermann die Möglichkeit, kleinere oder größere Beträge nach dem Grundsatz der Risikomischung in Immobilien anzulegen. Das soll auch in Zukunft so bleiben.

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