50 Jahre Offene Immobilienfonds

"Wir wollen die Möglichkeit einer ersten sanften Bremse schaffen"

Vor 50 Jahren startete der erste Offene Immobilienfonds in Deutschland. Ist das Produkt aus dem Baujahr 2009 noch das Gleiche, wie es 1959 konzipiert wurde?

Von der Grundkonzeption ist das Produkt immer noch das Gleiche. Aber im Laufe der Zeit gab es viele Verfeinerungen zum Vorteil der Anleger. So ist zum Beispiel die Risikostreuung, die stets ein Grundelement des Produktes war, wesentlich ausgeweitet worden. Im Zuge der Internationalisierung wurde zunächst die zulässige Zielregion für Investitionen von Deutschland auf Europa und zuletzt von Europa auf die ganze Welt erweitert. Heute ist der Anleger in der Lage, sich über einen Offenen Immobilienfonds an einem weltweit gestreuten Immobilienportfolio zu beteiligen.

Die Offenen Immobilienfonds haben in den vergangenen fünf Jahrzehnten immer wieder Höhen und Tiefen erlebt. Doch sie haben sich bei allen Herausforderungen bewährt. Und eines gilt es festzuhalten: In diesen Wochen ist das Volumen der Offenen Immobilienfonds auf Rekordniveau. Das ist angesichts der zurückliegenden, schwierigen Monate nicht selbstverständlich. Insofern können wir zu Recht stolz auf das Produkt sein.

Ist das Ziel, mit dem das Produkt einst startete, dem Kleinsparer einen wertstabilen Anteil am Immobilienmarkt zu gewähren, erreicht worden?

Der Offene Immobilienfonds realisiert dieses Ziel so gut und so umfassend wie keine andere Anlageform. Derzeit besitzen 16 Millionen Deutsche Anteile an Investmentfonds. Davon haben etwa ein Viertel auch Anteile an Offenen Immobilienfonds. Natürlich würden wir uns eine noch größere Verbreitung wünschen. Das Produkt ist innerhalb eines Investmentportfolios ein idealer Baustein zur Risikodiversifizierung, das mit seiner Wertstabilität

Schwankungen von anderen Anlageklassen ausgleichen kann. Wer investiert heute in Offene Immobilienfonds?

Der Privatanleger in Investmentfonds hat üblicherweise ein überdurchschnittliches Einkommen, eine höhere Bildung, ist verheiratet und hat Kinder. In dieses Profil des Fondsanlegers reiht sich auch der Zeichner von Anteilen Offener Immobilienfonds. Das Produkt erreicht sehr weite Kreise der Bevölkerung, was sich schon an den Ordergrößen ablesen lässt. Diese reichen von kleinen Beträgen bis zu sehr großen Summen, welche zum Beispiel Family Offices investieren.

Dass große Kapitalsammelstellen den Offenen Immobilienfonds als Anlagevehikel nutzen, ist eine Erscheinung der letzten Jahre. Waren private Anleger in den Fonds jahrzehntelang praktisch unter sich, so finden sich heute innerhalb der Fonds ganz unterschiedliche Investorentypen. Daraus resultieren auch

Herausforderungen, mit denen wir aktuell konfrontiert sind. Wie muss das Produkt "Offener Immobilienfonds" verbessert beziehungsweise an die neuen Marktverhältnisse angepasst werden?

Wir müssen aus den Ereignissen der letzten Jahre lernen, denn es ist nicht schön, dass ein Dutzend Sondervermögen vorübergehend die Rücknahme der Anteilscheine aussetzen musste. Deshalb haben wir eine Novelle für das Investmentgesetz vorgeschlagen, um die Liquidität der Offenen Immobilienfonds dauerhaft zu gewährleisten. So sieht unser Vorschlag vier Neuerungen vor.

Erstens sollen künftig private und institutionelle Anleger getrennt und unterschiedlich behandelt werden. Konkret hätten wir für nicht-natürliche Personen gerne eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwölf Monaten für Anteilvermögen ab einer Million Euro, sodass die übrigen Anleger vor dem überraschenden Abzug sehr hoher Beträge durch Vermögensverwalter und Dachfonds besser geschützt sind.

Zweitens haben wir vorgesehen, dass eine Rechtsgrundlage geschaffen wird, damit einzelvertragliche Vereinbarungen über Halte- und Kündigungsfristen abweichend von den gesetzlichen Mindestvorgaben wirksam getroffen werden können. Nach dem derzeitigen Investmentgesetz ist das nicht möglich, weil dort die Maßgabe der täglichen Rückgabe niedergelegt ist. Diese Regelung ist im Sinne des Anlegerschutzes getroffen worden, sodass bisher nicht durch Einzelvertragsregelungen mit dem Anleger davon abgewichen werden kann. Aber institutionelle Anleger wissen sehr genau, worauf sie sich einlassen. Deshalb sehen wir dort Spielraum für einzelvertragliche Regelungen, die vom Gesetz abweichen, die aber auch auf der Grundlage des neuen Gesetzes durchsetzbar sein sollten.

Sind wirklich nur institutionelle Anleger eine Gefahr?

Das ist der dritte Punkt unseres Katalogs: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass in gewissen Situationen auch Privatanleger durch massenhafte, panische Rückgabe ihrer Anteilscheine kurzfristig Liquiditätsprobleme für die Fonds hervorrufen können. Auslöser sind meist Ereignisse, die von den Anlegern als bedrohlich empfunden werden. Dabei sind die nötigen Informationen, die zur sachlichen und sachgerechten Prüfung der Investitionsentscheidung nötig sind, oftmals nicht schnell genug verfügbar beziehungsweise kommunizierbar. Hier wollen wir den Anlegern Gelegenheit für eine Verschnaufpause geben.

Deshalb schlagen wir vor, die Fondsgesellschaften zu ermächtigen, die Rücknahme von Anteilen ihrer Offenen Immobilienfonds um maximal drei Monate aufzuschieben, wenn innerhalb von 30 Tagen mehr als fünf Prozent der Fondsvolumens abgeflossen sind. Beruhigt sich der Markt innerhalb dieser Kündigungsfrist, können die Anleger entscheiden, ob sie weiterhin im Fonds investiert bleiben wollen oder Anteile zurückgeben. Stellt sich die Marktverwerfung als längerfristig heraus, müssen zunächst die gekündigten Fondsanteile ausgezahlt werden, bevor die Rücknahme der Anteilscheine ausgesetzt wird.

Wir haben zudem erleben müssen, dass durch die Aussetzung der Anteilrücknahme die Auszahlpläne von Fondssparern nicht mehr bedient werden durften. Im Schnitt waren das pro Anleger 500 Euro im Monat, die in der Regel der zusätzlichen Altersversorgung dienen. Die Fondsgesellschaften haben diese Auszahlpläne zunächst aus dem Fondsvermögen weiter bedient. Als die BaFin dann die Rechtsauffassung vertrat, diese Praxis sei unzulässig, weil sie andere Anleger benachteilige, haben einige Gesellschaften die Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen bestritten und holen sich das vorgestreckte Geld nach Fondsöffnung aus dem Sondervermögen zurück.

Daher regen wir - viertens - an, dass Auszahlpläne auch bei Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen weiter bedient werden dürfen - unter der Prämisse, dass die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Offenen Immobilienfonds dadurch nicht gefährdet ist. Dazu sollte die maximale Auszahlung pro Anleger nicht 3 000 Euro im Monat übersteigen. Dafür müssen die Fonds Vorsorge treffen und entsprechend Liquidität vorhalten.

Die Initiative würde, wenn sie Gesetz wird, die Handlungsfreiheit der Fondsgesellschaften einschränken. Gibt es Widerstand aus den Reihen der Offenen Immobilienfonds gegen diese Novelle?

Die Beschlüsse wurden einstimmig gefasst. Die Fondsgesellschaften stehen geschlossen hinter dem Vorhaben.

Wann sollen die Vorschläge Gesetz werden?

Der Zeitplan lässt sich derzeit noch nicht abschätzen, da wir noch nicht wissen, welche politische Konstellation wir ab September im Bundestag haben werden. Die jetzige Regierung hat uns bedeutet, dass die Gesetzgebungsarbeit durch die unmittelbaren Wirkungen der Finanzkrise und den damit verbundenen Notmaßnahmen kein Zeitfenster vor der Bundestagswahl offen ließ. Zudem würde das Gesetz Änderungen in den Vertragsbedingungen der Offenen Immobilienfonds mit sich bringen, die erst genehmigt werden könnten, wenn der entsprechende Fonds die Rücknahme der Anteilscheine nicht mehr aussetzt. Wir gehen davon aus, dass in der ersten Jahreshälfte 2010 alle Fonds wieder Anteile zurücknehmen, sodass erst dann relativ schnell ein Gesetz auf den Weg gebracht werden könnte.

Hätte diese temporäre Kündigungsfrist die Aussetzung der Anteilscheinrücknahme bei einem Dutzend Fonds im Oktober 2008 verhindert?

Wären die jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen damals bereits Gesetz gewesen, hätten wir die Aussetzungen bei den meisten Offenen Immobilienfonds vermieden. Denn die Rückgabe von Fondsanteilen in Höhe von rund fünf Milliarden Euro war ein Phänomen von wenigen Tagen. Zwei Monate später hatten die Fonds mehrheitlich bereits wieder Mittelzuflüsse.

Muss der Anleger, der zum Beispiel einen Auszahlplan hat, künftig fürchten, dass seine Zahlungen mal pünktlich und dann mal mit dreimonatiger Verspätung kommen?

Nein, denn Auszahlpläne sollen künftig auf jeden Fall regelmäßig weiter bedient werden. Im Übrigen wird die Kündigungsfrist vorsichtig angewandt werden. Dieses Instrument braucht die Anleger nicht zu verunsichern. Denn es ist ein milderes Mittel als die Aussetzung und wird die Liquidität der Fonds gegen externe Schocks abfedern.

Warum wurde die Schwelle für die erweiterte Kündigungsfrist bei fünf Prozent Mittelabfluss innerhalb von 30 Tagen gezogen? Ist dieses eine Schwelle, die sich aus Ihrer Fondsstatistik ableitet oder erfolgte die Festlegung willkürlich?

Eine statistische Auffälligkeit gibt es nicht. Aber fünf Prozent Liquiditätsabfluss durch Rückgabe von Anteilscheinen sind ein hoher Schwellenwert. Das passiert nur in Ausnahmesituationen. In unserer Statistik trat das sehr selten auf. Die 30 Tage wurden gewählt, um sicher zu stellen, dass nur bei sehr kurzfristigen Entwicklungen, auf die das Fondsmanagement nicht zeitnah reagieren kann, das Instrument gezogen werden kann. Ein schleichender Mittelabfluss, etwa aufgrund unbefriedigender Wertentwicklung eines Fonds, darf dagegen kein Grund für die Kündigungsfrist sein. Wir als BVI und die Kapitalanlagegesellschaften wollen ja gerade verhindern, dass das Produkt durch häufiges Aussetzen oder Hinauszögern der Anteilscheinrückgabe in den negativen Schlagzeilen ist.

Wird es einen Automatismus für die Verlängerung der Kündigungsfrist geben?

Nein, dies wäre eine Ermessensentscheidung des Fondsmanagements. Pflicht ist jedoch, das Instrument in die Vertragsbedingungen aufzunehmen. In der Regel haben die Offenen Immobilienfonds zwischen zehn und 30 Prozent Liquidität, sodass ein Abfluss von fünf Prozent unter normalen Umständen kein Problem sein muss. Aber wir wollen die Möglichkeit einer ersten sanften Bremse schaffen.

Wenn künftig zwischen Offenen Immobilien-Publikumsfonds für Privatanleger und institutionellen Anlegern unterschieden werden soll und vom Gesetz abweichende Vertragsbedingungen möglich werden, wie unterscheidet sich der Publikumsfonds dann noch vom Spezialfonds?

Am Markt bestehen Immobilien-Publikumsfonds, die auch in unterschiedlichem Maße von institutionellen Anlegern genutzt werden. Darüber hinaus gibt es den Immobilien-Spezialfonds, der ausschließlich für juristische Personen vorgesehen ist. Zunehmend sehen wir aber auch Publikumsfonds, die ausschließlich für institutionelle Investoren aufgelegt werden, denn der Spezialfonds kann nicht alle Anlegeransprüche erfüllen.

Beim Spezialfonds müssen die Anlagebeträge recht hoch sein, damit sich der Fonds für den einzelnen Anleger oder eine Anlegergruppe rechnet. Manchem Investor ist das zu viel und er möchte sein Anlagevermögen gerne stärker streuen oder auch nur einen kleinen Teil in Offenen Immobilienfonds anlegen. Hierfür bieten sich die institutionellen Publikumsfonds an. Unser Vorschlag bezieht sich aber nicht auf die institutionellen Publikumsfonds, sondern auf die reinen Publikumsfonds, deren Zeichner aus Privaten und nicht-natürlichen Personen bestehen. Hier schlagen wir vor, die Anleger in Gruppen zu clustern.

Dazu müsste aber ein Grundproblem der Fonds beseitigt werden: Die Anleger und ihre Investitionsvolumen im Fonds müssten bekannt sein. In der Vergangenheit hat es bereits Fonds gegeben, die für ihre Zeichner Konten führten. Warum verzichtet der aktuelle Gesetzesvorschlag darauf?

Die Vertriebs- und Depotstrukturen sind sehr unterschiedlich. Einige Anbieter führen selbst Kundendepots und kennen ihre Kunden. Andere werden Anteilklassen einführen, sodass die Anteile, die an nicht-natürliche Personen vertrieben werden, von vornherein eine andere Wertpapier-Kennnummer haben. Eine vollständige Kenntnis aller Anleger mit zugehörigem Volumen scheitert daran, dass wir in Deutschland Inhaberpapiere haben und keine Namenspapiere. Aber das ist nach unserem Vorschlag kein Problem. Wir legen ja bewusst keine Anlagegrenzen fest, sondern unterscheiden nur die Anlegergruppen. Das ist der Unterschied zu unserem früheren Vorschlag, der eine feste Grenze von einer Million Euro vorsah, ab der die Kündigungsfrist greifen sollte.

Ist das Drängen der institutionellen Investoren in die Publikumsfonds, die im Ursprung gar nicht für diese Zielgruppe konzipiert war, ein Hinweis darauf, dass es an entsprechenden Immobilien-Anlageprodukten für nichtnatürliche Personen mangelt?

Institutionelle Investoren schätzen - wie private Anleger - Immobilienanlagen mit kontinuierlicher Wertsteigerung, geringer Volatilität und einfacher Verfügbarkeit. Das alles zusammen bietet nur der Offene Immobilienfonds. Eine Alternative dazu gibt es kaum. Die Direktanlage in Immobilien hat den Nachteil, dass sie stets ein Klumpenrisiko darstellt. Auch der vor einigen Jahren als Wundermittel unter den Immobilienanlagen gepriesene REIT hat sich als nichts anderes als eine Aktie entpuppt. Diese Anlageform ist damit von allen Begleiterscheinungen und Emotionen der Börse wie Gier und Angst betroffen und enorm volatil. Geschlossene Fonds schließlich sind wenig transparent, weisen häufig keine oder nur eine geringe Diversifikation auf und ein Ausstieg ist oft lediglich bei Auflösung des gesamten Fonds möglich. Es gibt deshalb zwar nicht unbedingt einen Mangel, aber der Offene Immobilienfonds vereinigt alle Vorteile, die Anleger schätzen.

Inwieweit schädigen die Aussetzungen von Anteilscheinrücknahmen das Image des Produktes "Offener Immobilienfonds"?

Die Aussetzungen sind problematisch. Dafür mussten die Produkte und die Anbieter Kritik und schlechte Presse einstecken. Umso wichtiger ist es, dass die betroffenen Offenen Immobilienfonds jetzt wieder "öffnen". Dies wird sich positiv auf die gesamte Branche auswirken. Die Anleger haben es im Großen und Ganzen verstanden, dass diese Maßnahme nötig war, denn sie war die Reaktion auf eine ganz außergewöhnliche Situation. Dass die Gesamtbranche wieder gute Mittelzuflüsse verzeichnet - auch die von Aussetzungen betroffenen Offenen Immobilienfonds -, zeigt doch, wie viel Vertrauen das Produkt bei den Anlegern genießt.

In den Immobilienmärkten zeigten sich in den vergangenen Wochen und Monaten doch teils deutliche Wertkorrekturen. Davon waren alle Akteure mehr oder weniger betroffen, nur die Offenen Immobilienfonds scheinen davon völlig unberührt zu bleiben. Wie kommt das? Und schürt das nicht wieder neues Misstrauen gegenüber dem Sachverständigenwesen?

Mit dem Investmentgesetz wurden die Immobilienbewertungen der unabhängigen Sachverständigen noch transparenter und nachvollziehbarer. Nichtsdestotrotz wird immer wieder gezielt Misstrauen gegen die Bewertungspraxis durch Sachverständige bei Offenen Immobilienfonds geschürt. Aber diese Kritiker haben weder das Prinzip der Risikostreuung durch Diversifikation in den Fonds noch die Bewertungsmethode verstanden.

Die Bewertungsmethode stellt auf einen nachhaltig erzielbaren Marktpreis ab und orientiert sich nicht an den temporären Spitzenpreisen und auch nicht an Notverkaufssituationen. Die Sachverständigen der Offenen Immobilienfonds bewerten nach dem Ertragswertverfahren, so wie es jedes deutsche Unternehmen macht. Dabei wird in erster Linie auf die nachhaltig erzielbare Miete abgestellt.

Mietausfälle sind bei den Offenen Immobilienfonds bislang so gut wie nicht zu sehen, denn in aller Regel besteht ihr Portfolio aus Prime-Objekten, die von Marktschwankungen weniger betroffen sind als der Gesamtmarkt. Zudem werden meist langfristige Mietverträge abgeschlossen, von denen im Schnitt jeweils nur etwa zehn Prozent pro Jahr auslaufen. Natürlich sind Offene Immobilienfonds nicht frei von den Folgen der Marktschwankungen. Aber die meisten Fondsmanager erwarten in den nächsten ein bis zwei Jahren nur moderate Renditerückgänge auf Fondsebene. Möglicherweise wird der eine oder andere Mieter in den Fondsobjekten ausfallen und sicherlich wird der eine oder andere Mietvertrag nachverhandelt. Mancher Anschlussmietvertrag wird auch das ursprüngliche Mietniveau nicht halten, aber insgesamt werden die Auswirkungen nicht dramatisch sein, weil es - wenn überhaupt - nur einen Bruchteil des Fondsvermögens betrifft. Selbst wenn sich die Rendite Offener Immobilienfonds im Durchschnitt von vier auf drei Prozent bewegt, wird diese immer noch gegenüber anderen Anlageformen wettbewerbsfähig und attraktiv sein. Mehr Sorgen würde uns ein deutlich höheres Zinsniveau machen, weil andere Sparformen dann aus Anlegersicht günstiger wären. Doch der sicherheitsorientierte Anleger ist gut beraten, in Offene Immobilienfonds zu investieren. Denn hier hat er durch überwiegend indexierte Mietverträge einen Inflationsschutz quasi eingebaut.

Aber müssten unterschiedliche Bewertungsmethoden am Ende nicht doch auf den gleichen Immobilienwert kommen?

Nein. Denn die angelsächsische Bewertungspraxis ermittelt den Preis für die Immobilien eines Portfolios, wenn alle Objekte zu einem Stichtag gleichzeitig verkauft würden. Damit muss das Ergebnis ein anderes sein als bei einer Methode, die auf die nachhaltigen Geldströme aus der Bewirtschaftung der Immobilie abstellt. Letzteres ist für die Offenen Immobilienfonds, die einen langfristigen Investitionshorizont haben und in dem langfristig orientierte Anleger investiert sind, angemessen. Im Übrigen wurden die Offenen Immobilienfonds durch die Sachverständigen in der Vergangenheit beispielsweise ihre Londoner Immobilien längst nicht so stark aufgewertet, wie dies bei andere Investoren erfolgte. Folglich gibt es im Abschwung auch keine so starken Abwertungen.

Warum ist ihnen der Europa- Pass für Offene Immobilienfonds so wichtig und woran scheiterte es bislang?

Der Europa-Pass würde den deutschen Kapitalanlagegesellschaften erlauben, ihr Know-how auch in anderen europäischen Ländern anzubieten und einen größeren Markt für ihre Produkte zu erschließen. Es ist sehr bedauerlich, dass ein so weit verbreitetes Retail-Produkt wie der Offene Immobilienfonds noch keinen Europa-Pass hat. Immerhin gibt es Offene Immobilienfonds - in unterschiedlichen Ausprägungen - in der Schweiz, in Österreich und Frankreich. In Großbritannien existiert ein halboffenes Fondsprodukt und in Schweden dürfen jetzt Dachfonds vertrieben werden, die in Offene Immobilienfonds investieren. Aber Deutschland ist mit Abstand der größte Retailmarkt für Offene Immobilienfonds.

Wir bemühen uns seit Jahren um die europäische Anerkennung und sind auch schon kurz davor gewesen, diese zu erreichen. Leider sehen unsere europäischen Kollegen und die Beamten in Brüssel das Projekt skeptischer, seitdem wir die Aussetzungen der Anteilrücknahme hatten. Das ist bedauerlich, denn bei einer Festgeldanlage bezweifelt schließlich auch niemand die Eignung für private Anleger, obwohl diese nicht täglich über ihr dort angelegtes Geld verfügen können.

Denkbar wäre bei einer europäischen Lösung, statt einer jederzeitigen Verfügbarkeit auch feste Kündigungsfristen zu akzeptieren. Beispielsweise werden in der Schweiz Anteile Offener Immobilienfonds nur einmal im Jahr zurückgenommen. So lang sollte das Intervall aber keinesfalls sein. Wichtig ist, dass die Anleger wissen, wann sie an ihr Geld kommen. Eine entsprechende Empfehlung hat bereits eine Expertenkommission der Europäischen Union abgegeben, sodass wir durchaus Hoffnung haben, den Europa-Pass doch noch zu bekommen.

Wäre es nicht von Vorteil, erst das Know-how in andere europäische Jurisdiktionen zu exportieren und dort Fondsgesellschaften zu gründen, um die Idee europatauglich zu machen und die Vorteile in der Praxis verständlicher zu vermitteln?

In Österreich, Tschechien und Frankreich war die deutsche Branche beratend dabei. Aber natürlich ist unser Bestreben, unseren Mitgliedern neue Märkte zu öffnen und nicht zuerst die Konkurrenz lokal aufzubauen und von ihr die Märkte besetzen zu lassen. Dann hätte der Euro-pa-Pass auch nicht mehr den strategischen Vorteil, den wir uns für die deutschen Kapitalanlagegesellschaften erhoffen.

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