Im Gespräch

"Die Immobilienquote soll von vier auf sechs Prozent steigen"

I&F Als die Allianz im Sommer vergangenen Jahres 80 Immobilien von Aldi Süd erwarb, erfuhr diese Transaktion im Markt große Beachtung. Sie nannten diesen Portfolioerwerb einen "weiteren Meilenstein" auf dem Weg, das Immobilienvolumen der Allianz "deutlich" zu erhöhen. Wie weit sind Sie auf diesem Weg schon vorangekommen und wo ist das Ziel?

Mit unseren Immobilieninvestitionen leisten wir einen langfristig stabilen Beitrag zum Erfolg der Kapitalanlagen der Allianz, unter Berücksichtigung von Rendite-/Risikoaspekten. Daraus ergibt sich für uns eine Reihe von Aufgabenstellungen.

- Erstens soll die Immobilienquote von gegenwärtig vier auf zirka sechs bis sieben Prozent angehoben werden. Das bedeutet eine Ausweitung der Assets under Management von heute rund 18,8 Milliarden Euro auf circa 25 bis 30 Milliarden Euro.

- Zweitens werden wir durch unsere Neuinvestitionen die Zusammensetzung des Immobilienportfolios verändern. Aktuell sind 65 Prozent des Bestands in Büroobjekte, 20 Prozent in Wohnungen, zehn Prozent in Einzelhandelsimmobilien und fünf Prozent in weitere Nutzungsarten investiert. Geplant ist, den Anteil des Einzelhandels auf mindestens 30 Prozent anzuheben Auch Büroimmobilien werden mit rund 55 Prozent im Rahmen unserer Wachstumsstrategie weiter von Bedeutung sein. Insgesamt streben wir mit unseren Diversifikationsmaßnahmen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Nutzungsarten an.

- Drittens wird sich die Diversifikation auch bei den Investitionsstandorten und im Verhältnis der direkten zu den indirekten Immobilienanlagen zeigen. Den Anteil der indirekten Immobilieninvestitionen wollen wir von derzeit fünf Prozent auf 20 Prozent steigern. Bei indirekten Investments setzen wir auf die Expertise starker Marktpartner, zum Beispiel im Bereich Logistikimmobilien oder in Marktgebieten, in denen wir nicht selbst vor Ort präsent sind. Außerdem soll Deutschland im Portfolio etwas weniger gewichtet werden. Generell liegen unsere Investitionsschwerpunkte in Europa. Wir schauen uns aber auch in Nordamerika und Asia/Pacific um.

- Viertens wird das Portfolio künftig weniger kleinteilig sein. Wir akquirieren einerseits großvolumige Transaktionen, wie zum Beispiel die 80 Immobilien von Aldi Süd. Andererseits trennen wir uns von Objekten, die zu klein sind oder sich in Randlagen und kleineren Städten befinden. Im deutschen Bestand haben die Immobilien im Durchschnitt zurzeit einen Marktwert von etwa acht Millionen Euro. Bei Neuerwerbungen wird dagegen ein Investitionsvolumen von mindestens 50 Millionen Euro pro Transaktion angestrebt.

Bis 2014 soll der angestrebte Portfolioumbau abgeschlossen sein. Das ist im gegenwärtigen Marktumfeld eine große Herausforderung. Wir haben einen guten Teil der Wegstrecke schon geschafft. Insgesamt wurden allein im vergangenen Jahr rund 1,8 Milliarden Euro investiert, davon in Deutschland rund 650 Millionen Euro. Immobilieninvestments in dieser Dimension innerhalb eines Jahres hat es zuvor bei der Allianz nicht gegeben.

I&F Gibt es weitere "Meilensteine"?

Ein weiterer "Meilenstein" war im vergangenen Jahr die Gründung der Allianz Real Estate of America und die Eröffnung ihres Büros in New York. Von dort aus engagiert sich diese Einheit im Bereich Equity Investments und Commercial Mortgage Loans. Generell befassen wir uns regelmäßig mit neuen Investmentvehikeln. Im Augenblick prüfen wir innerhalb der Allianz Real Estate ein Darlehensprogramm, um zukünftig in gewerbliche Senior Loans investieren zu können.

I&F Ist die Konzentration auf "Wuchtbrummen" wie das Shoppingcenter Porta di Roma in Rom oder den Bürokomplex South City Office Broodthaers in Brüssel unter dem Gesichtspunkt der Portfoliodiversifikation die richtige Wahl?

Bis vor wenigen Jahren hat die Allianz Immobilien überwiegend in Deutschland gekauft und musste in diesem Markt diversifizieren. So gehörten neben großen Objekten in den Top-Immobilienstandorten auch viele kleinere Immobilien in Nebenstandorten und Mittelzentren zum Bestand. Gerade letztere sind betreuungsintensiv und risikoreich, liefern jedoch keine adäquaten Renditen. Seit 2008 wird Diversifikation im Allianz-Konzern im internationalen Kontext gesehen.

Zwar hatte die Allianz Gruppe auch bis zu diesem Zeitpunkt schon Immobilien im Ausland erworben, doch waren die deutschen Allianz Investoren vorwiegend in Deutschland unterwegs, die französischen in Frankreich, die italienischen in Italien und so weiter. Das hat sich mittlerweile geändert. 2007 wurde die Allianz Real Estate mit dem Ziel gegründet, die Immobilienanlagen und die Portfolios der einzelnen Allianz Gesellschaften auszuweiten und zu globalisieren. Die Konzentration auf großvolumige Immobilien macht vor diesem internationalen Hintergrund Sinn.

I&F Große Immobilien bergen allerdings auch ein Vermietungsrisiko. Viele kleine Mieter sind aufwendig in der Betreuung, eine große Fläche kann sich in der Nachvermietung als schwierig erweisen. Ist der Aufwand bei großen Objekten wirklich geringer?

Grundsätzlich setzen wir bei unseren Neuakquisitionen auf weitgehend vermietete Objekte in erstklassigen Lagen, die mit langfristigen Mietverträgen hinterlegt sind.

Bei notwendigen Nachvermietungen ist die Vermarktung größerer Flächen einfacher. Einen neuen Mieter für 300 Quadratmeter zu suchen, ist ähnlich aufwendig wie für 3 000 Quadratmeter, auch unter Berücksichtigung von Umbauten und Anpassungen an die Bedürfnisse der Mieters. Interessenten für Großflächen sind meist große internationale Unternehmen mit bester Bonität, die wir häufig gut kennen, weil wir sie schon an anderen Orten als Mieter betreuen. Das gibt Sicherheit auf beiden Seiten. Und auch das laufende Management bei großen Flächen gestaltet sich in der Regel einfacher und weniger aufwendig.

I&F Wie schwierig ist es, derzeit gute Mieter zu finden?

Selbstverständlich gibt es Wettbewerb um bonitätsstarke Mieter. Dabei kommt der Allianz im aktuellen Markt zugute, dass sie als langfristiger, stabiler Immobilieneigentümer wahrgenommen wird, bei dem sich der Mieter gut aufgehoben fühlt und keine Risiken befürchten muss.

Die Suche nach neuen Mietern ist aufwendig und teuer. Unser Hauptaugenmerk gilt deshalb der Pflege unserer Bestandskunden, damit sie langfristig in den Objekten bleiben. Wir erreichen pro Jahr eine Vermietungsleistung von rund 200 000 Quadratmetern. Davon sind immerhin zwei Drittel Prolongationen bestehender Mietverhältnisse.

I&F Welche Kriterien müssen die Immobilien erfüllen, um für die Allianz als Anlageobjekte interessant zu sein?

Wir akquirieren "Core"- und "Core plus"-Immobilien. Die Nachfrage institutioneller Anleger nach solchen Objekten ist naturgemäß groß. Deshalb müssen mitunter kreative Ansätze gewählt werden, wie der Erwerb des Triton-Hochhauses in Frankfurt am Main zeigt: Wir sanieren das Gebäude von Grund auf und vermieten es langfristig an die Allianz Global Investors. Den Kauf der 80 Aldi-Süd-Filialen sehen wir ebenfalls als Core-Transaktion an. Wir haben ausgesuchte Objekte übernommen, mit einem Mieter von bester Bonität und durch langfristige Mietverträge abgesichert. Dennoch handelt es sich dabei um einen Ausnahmefall. Out-of-Town Retail ist nicht zentraler Bestandteil unserer Anlagestrategie

I&F Wo genau will die Allianz verstärkt Immobilien kaufen?

Wir konzentrieren uns auf große Metropolen in der Eurozone. Deutschland bleibt für uns dabei ein attraktiver Investitionsstandort, auch wenn wir hier zur Portfoliooptimierung noch ein größeres Verkaufsprogramm umzusetzen haben. Daneben stehen Frankreich und Italien weit oben auf der Liste. Weitere Perspektiven sehen wir in Osteuropa, zum Beispiel an ausgesuchten Standorten in Polen, Tschechien und Ungarn. Darüber hinaus sind skandinavische Großstädte von Interesse. Außerdem werden wir uns verstärkt in Nordamerika und in ausgesuchten Ländern im asiatisch-pazifischen Raum umsehen.

I&F Wie groß ist der Bereinigungsbedarf im deutschen Portfolio?

In den Jahren 2007 und 2008 haben wir bereits zwei große Immobilienpakete aus strategischen Gründen veräußert. Eine Transaktion umfasste eigengenutzte Immobilien im Wert von 1,3 Milliarden Euro.

Ein weiteres Paket bestand aus etwa 200 Büroimmobilien, breit gestreut in ganz Deutschland, im Wert von 1,7 Milliarden Euro. Unser aktuelles Verkaufsprogramm stellt den letzten Schritt zur grundlegenden Neuaufstellung unseres deutschen Portfolios dar. Es umfasst ein Volumen von rund einer Milliarde Euro.

I&F Ist die Zeit für Immobilienverkäufe günstig?

Wir stellen eine hohe Nachfrage nach unseren Objekten fest, von institutionellen Anlegern wie auch von kleineren und regional orientierten Investoren, die ihre Immobilienanlagen ausweiten wollen und kleinere Objekte bevorzugen. Unsere kleinvolumigen Objekte sowie Immobilien in Mittel- und Kleinstädten passen gerade bei der letztgenannten Investorengruppe sehr gut ins Portfolio.

I&F Wie und in welchem Turnus bewertet die Allianz ihre Immobilienanlagen?

Einmal im Jahr bewerten wir den Bestand nach einem Bewertungsverfahren, dem eine Ertragswertanalyse anhand des zehnjährigen Cash-Flows zugrunde liegt. Diese Bewertung wird von einem externen Sachverständigen begleitet. Eine ständige mark-to-market-Bewertung halten wir als langfristiger Bestandshalter nicht für angebracht.

So hat die Allianz in den Marktübertreibungen bis 2008 keine großen Aufwertungen im Immobilienportfolio verbucht und auch in den vergangenen zwei Jahren keine größeren Korrekturen auf die Werte vorgenommen. Wir bilden vielmehr einen gleitenden 10-Jahres-Durchschnitt ab.

I&F Wie entwickelt sich die Haltedauer der Immobilien?

Die Allianz ist grundsätzlich ein langfristiger Immobilieninvestor. Und Immobilien sind ein langfristiges Anlagegut, auch wenn sie heute schneller als früher umgesetzt werden. In unseren internen Geschäftsplänen gehen wir in der Regel von einem Verkauf nach zehn bis fünfzehn Jahren aus, um die Wertentwicklung und den Instandhaltungsbedarf prognostizieren zu können. In der Realität werden die einzelnen Objekte, die Struktur des Portfolios und die Entwicklung der Märkte ständig überprüft. Damit können wir Immobilien zum optimalen Zeitpunkt veräußern.

Wir bekennen uns zu einer aktiven Buy-Manage-Sell-Strategie. Aber es gibt deutliche Ausnahmen. Unwiederbringliche Objekte werden auch dauerhaft im Bestand gehalten.

I&F Über welche Vehikel soll indirekt in Immobilien investiert werden?

Indirekt investieren wir nur in den Märkten und Segmenten, die wir mit direkten Investitionen nicht abdecken können oder wollen. Zum Beispiel werden Logistikimmobilien über spezifisch zugeschnittene Fonds erworben, weil dafür ein besonderes Know-how hinsichtlich der Standorte und Mieter notwenig ist, das wir aufgrund des hohen Spezialisierungsgrads bewusst selbst nicht aufgebaut haben.

Zudem gibt es Regionen und Länder, zum Beispiel China, in denen wir einen möglichen Markteintritt prüfen und dabei indirekte Investments präferieren. Immobilien-Spezialfonds, Offene Immobilienfonds oder REITs kommen für uns derzeit nicht in Betracht, weil die Immobilie als Kapitalanlage nicht mit anderen Risiken vermengt werden soll. Auch Zins-, Aktien- und Fremdwährungsrisiken sollen minimiert werden. Daraus resultiert unter anderem unser starker Fokus auf die Eurozone.

I&F Warum macht die Allianz das Asset Management für die Immobilien selbst? Misstrauen Sie externen Dienstleistern?

Im Gegenteil! Vor einigen Jahren haben wir das Property und Center Management vollständig auf externe Partner übertragen. Das Investment- und Asset Management gehört für uns jedoch zu den kapitalanlageorientierten Kernfunktionen eines Immobilieninvestors, das wir weiterhin selbst steuern müssen.

Unsere Buy-Manage-Sell-Strategie lebt von der Erzielung optimaler Einkaufspreise, von der intensiven Steuerung von Aufwand und Ertrag während der Haltephase und von der Erzielung optimaler Verkaufspreise. Im Interesse der Allianz Investoren können wir diese Geschäftsfelder nicht aus der Hand geben.

I&F Welche Entwicklungen und welche Risiken sehen Sie derzeit an den Immobilienmärkten? Baut sich eine neue Preisblase bei Immobilien auf?

Eine Preisblase, wie sie in den Jahren 2006 und 2007 bestand, ist derzeit nicht erkennbar. Aber die Nachfrage nach Immobilien steigt, als Inflationshedge und aus Mangel an anderen rentierlichen Alternativen. Die Renditen haben im Core-Bereich in vielen Ländern schon wieder eine Fünf vor dem Komma. Bei aller positiven Stimmung sollte darauf geachtet werden, dass nicht wieder die gleichen Fehler wie vor einigen Jahren gemacht werden.

I&F Sehr viel institutionelles, langfristiges (Eigen-)Kapital sucht nach Anlagemöglichkeiten. Gewinnt die Immobilie als Asset tatsächlich an Bedeutung oder dienen die Anlagen nur als kurzfristiger Parkplatz für überschüssige Liquidität?

Tatsächlich gibt es in der Versicherungswirtschaft ein Umdenken, weil die Garantieverzinsung für Lebensversicherungen über dem liegt, was mit Staatsanleihen derzeit verdient werden kann. Auch das Thema Inflation treibt die Kapitalanleger um, denn es ist noch nie in der Geschichte soviel Geld gedruckt worden wie heute. Deshalb sind Anlagen gefragt, die widerstandsfähiger gegen eine höhere Geldentwertung sind. Die Versicherer nutzen die gegenwärtigen Marktchancen, um ihre Investitionen mit einem soliden Immobilienanteil zu unterfüttern. Grundsätzlich orientiert sich die Versicherungswirtschaft jedoch ebenfalls an Rendite-/Risikoaspekten innerhalb aller Assetklassen und wird sich danach regelmäßig neu ausrichten.

Eine Besonderheit bei der Allianz ist, dass sie nach den großen Portfolioverkäufen in den Jahren 2007 und 2008 bei Immobilienanlagen noch unterrepräsentiert ist und auch deshalb ihr Immobilienengagement ausbaut. Dennoch wird die Allianz immer noch zu rund 94 Prozent in anderen Anlageklassen investiert sein.

I&F Welche Auswirkungen hätte Solvency II - insbesondere die 25-prozentige Eigenkapital-Unterlegung für Immobilieninvestitionen auf die Anlagestrategie der Allianz?

Die Allianz begrüßt grundsätzlich die Einführung von neuen Aufsichts- und Eigenkapitalregeln unter Solvency II, die zu höherer Transparenz und Sicherheit unter den Investoren führen werden. Die aktuell diskutierten Eigenkapitalunterlegungen für Immobilien stellen für uns allerdings einen sehr allgemeinen Standardansatz dar, der sicherlich der Vielschichtigkeit der Anlageklasse nicht vollumfänglich gerecht werden kann. Der Standardansatz basiert auf Immobiliendaten aus U. K. und sollte nicht pauschal auf andere Länder und alle Immobilienrisiken (Wohnen, Büro et cetera) gleich angewandt werden. Die Allianz wird sich für eine zukünftige weitere Differenzierung des Ansatzes engagieren.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X