Immobilie als Asset

Infrastruktur im Portfolio - sind die hohen Erwartungen angemessen?

Infrastrukturinvestitionen sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Finanzkrise in den Fokus institutioneller Investoren gerückt. Traditionelle Kapitalanlagen wie Aktien, (Staats-)Anleihen oder Immobilien verhielten sich zu volatil und konnten somit nicht den Anforderungen gerecht werden, welche gerade sehr risikoaverse Investoren an sie gestellt hatten. Können Infrastrukturinvestments hier Abhilfe schaffen? Die Theorie spricht dafür.

Nur wenige Performancedaten

Als Infrastruktur werden Güter und Dienstleistungen definiert, die für das reibungslose Funktionieren einer Volkswirtschaft unerlässlich sind. Klassische Infrastruktursektoren sind beispielsweise die Energie- und Wasserversorgung, das Transportwesen (Straßen, Häfen, Flughäfen), die Abfall- und Recyclingwirtschaft, die Telekommunikation oder das Gesundheits- und Bildungswesen. Die Vorteile für Investoren liegen auf der Hand:

Die Nachfrage nach derartigen Gütern und Dienstleistungen ist weitestgehend unabhängig von der wirtschaftlichen Lage und garantiert somit stabile Cash-Flows. Zusätzlich weisen Infrastrukturinvestments häufig einen monopolistischen Charakter mit inflationsgeschützten Zahlungsströmen oder/und staatlich garantierten Erträgen auf.

Trotz des enormen Interesses vonseiten der Investoren, befindet sich die Forschung bezüglich der Bedeutung und Rolle von Infrastrukturinvestments in einem diversifizierten Portfolio noch in einem sehr frühen Stadium. Der Grund hierfür ist die mangelnde Verfügbarkeit von direkten Performancedaten über ausreichend lange Zeiträume. Die IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg hat nun erstmalig die Anlageklasse Infrastruktur intensiv und umfassend analysiert und liefert Anhaltspunkte im Bezug auf deren Risiko- und Renditecharakteristika. Darüber hinaus wird erörtert, welche Rolle Infrastrukturinvestments in einem diversifizierten Portfolio einnehmen sollten. Herzstück der Untersuchung ist ein, auf Grundlage von 800 realisierten Infrastrukturtransaktionen und den dazugehörigen Cash-Flows erstellter, direkter (keine Aktien) und diversifizierter Infrastrukturindex, welcher in seiner Basisversion in Zusammenarbeit mit dem Center of Private Equity Research (CE-PRES) erstellt wurde.

Der Index (ohne Fremdkapital) bezieht sich auf die USA und misst die Performance der Anlageklasse zwischen 1990 und 2010 auf Basis vierteljährlich zur Verfügung stehender Daten (siehe Abbildung 1). Ziel dieser Studie ist es, die Risiko- sowie Renditecharakteristika von direkten Infrastrukturinvestments herauszuarbeiten und zu analysieren, ob die Anlageklasse die Renditen anderer Assets wie Private Equity, Infrastrukturaktien, Cash, Staatsanleihen, REITs, Immobilien, Rohstoffe sowie hoch und niedrig kapitalisierter Aktien diversifiziert.

Darüber hinaus wird erklärt, welchen Effekt die Aufnahme von Infrastruktur auf die Rendite sowie das Risiko eines Portfolios hat. Ebenso zeigt die Studie, wie hoch der Anteil von Infrastruktur in einem Portfolio in Abhängigkeit von der zu erwartenden Rendite optimalerweise sein sollte.

Forschungsergebnisse

Erste Kennzahlen scheinen die Erwartungen, die an die Assetklasse gestellt werden, zu erfüllen. Zwar weisen Infrastrukturinvestments im Vergleich zu Aktien, Immobilien oder Private Equity eine relativ geringe Rendite, jedoch auch ein sehr geringes Risiko auf. Lediglich eine Investition in Cash schwankt weniger um ihren Mittelwert als eine Investition in Infrastruktur. Nimmt man die risikoadjustierte Rendite als Bewertungsmaßstab, so liefert Infrastruktur die besten Ergebnisse von allen verglichenen Anlagen. Auch bei alternativen Risikomaßen - wie dem Verlusteintrittsrisiko (als Verlust wird hierbei eine Performance unterhalb des dreimonatigen Treasury Bills beziehungsweise eine negative Rendite definiert), dem zu erwartenden Verlust bei Eintritt oder dem Value at Risk - überzeugt die Anlageklasse und zeigt ein deutlich attraktiveres Risikoprofil als beispielsweise Aktien oder Immobilien. Auch schwankt die Rendite von Infrastruktur nicht zusammen mit der des S&P 500 und weist somit ein geringes systematisches Risiko gegenüber dem Aktienmarkt auf.

Die weitgehend konjunkturunabhängigen Cash-Flows von Infrastruktur implizieren gute Diversifikationseigenschaften. Die errechneten Korrelationen unterstreichen dies: Infrastruktur diversifiziert die Schwankungen von niedrig kapitalisierten Aktien, REITs und Staatsanleihen. Darüber hinaus ist Infrastruktur mit keiner anderen Anlageklasse - selbst nicht mit Infrastrukturaktien - hoch korreliert. Lediglich mit Immobilien- und Private-Equitiy-Renditen besteht ein geringer Zusammenhang (siehe Abbildung 2).

Die eigenständigen Risiko- und Renditecharakteristika sowie fehlende signifikant positive Korrelationen mit anderen Assetklassen legen die Einordnung von Infrastruktur als eigenständige Anlageklasse nahe. Viele Investoren führen ihre Infrastrukturinvestments aufgrund der scheinbaren Verwandtschaft zu Immobilien jedoch in ihrer Immobilienallokation.

Alternativ und bedingt durch die Art und Weise der Investition wird Infrastruktur auch häufig unter Private Equity geführt. Die oben aufgeführten deskriptiven Statistiken und Korrelationen zeigen, dass Infrastruktur ein eigenständiges Profil besitzt und somit auch eine eigenständige Allokation jenseits von Immobilien und Private Equity gerechtfertigt ist.

Die Implementierung von Infrastruktur in ein theoretisches Portfoliomodell nach Markowitz liefert ebenfalls aufschlussreiche Implikationen. Die Allokation in Infrastruktur ist stark abhängig von der zu erwartenden investorspezifischen Zielrendite und schwankt zwischen drei und 28 Prozent, wobei die Mehrzahl der Portfolios effiziente Allokationen von weit über zehn Prozent enthalten - deutlich mehr als derzeit tatsächlich in Infrastruktur investiert ist (siehe Abbildung 3)

Um detaillierter zu analysieren, was genau eine Aufnahme von Infrastruktur in das Portfolio bewirkt, wird von einem repräsentativen institutionellen Portfolio, das sich aus 80 Prozent Staatsanleihen, zehn Prozent Aktien und zehn Prozent Immobilien zusammensetzt, ausgegangen. Basierend auf diesem Portfolio werden die Gewichte der jeweiligen Anlagen um zwei Prozent, fünf Prozent, sieben Prozent beziehungsweise zehn Prozent reduziert und mit Infrastruktur substituiert. Unabhängig vom entfernten Asset ist ein Resultat offensichtlich: Infrastruktur trägt nicht primär zur Renditesteigerung eines Portfolios bei, sondern wirkt in erster Linie risikoreduzierend. Verringert man beispielsweise den Anteil von Aktien um zehn Prozent, so vermindert sich das Portfoliorisiko um mehr als zehn Prozent, während die Rendite kaum beeinträchtigt wird (siehe Abbildung 4).

Mit Infrastruktur durch die Krise

Gerade vor dem Hintergrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise sind viele Investoren daran interessiert, welches Asset ihr Portfolio in Abschwungphasen vor Verlusten schützt. Diese Fragestellung wurde im Rahmen der Studie explizit untersucht. So wurde das Sample in Auf- und Abschwungphasen unterteilt und die Performance der Assets gerade in Abschwungphasen analysiert. Als Abschwungphasen werden dabei solche Quartale definiert, in denen der S&P 500 unterhalb seines langjährigen Mittelwerts rentiert. Während Aktien, REITs und Rohstoffe in solchen Phasen signifikant negative Renditen aufweisen, können direkte Infrastrukturinvestments zusammen mit Infrastrukturaktien, Staatsanleihen, Immobilien, Cash und Private Equity überzeugen. Mit einer durchschnittlichen Rendite von 4,32 Prozent jährlich sowie einer Standardabweichung von lediglich 13,26 Prozent per annum weist Infrastruktur auch in solchen Marktphasen attraktive Charakteristika auf.

Die Tatsache, dass Infrastruktur sowohl im Durchschnitt über alle Marktphasen als auch in Abschwungphasen positive Renditen und im Vergleich zu anderen Anlageklassen ein geringes Risiko aufweist, spricht für den konservativen, risikoarmen und konjunkturunabhängigen Charakter der Anlageklasse. Die attraktiven Diversifikationseigenschaften sind auch in Abschwungphasen vorhanden. Besonders hervorzuheben ist hierbei die signifikant negative Korrelation mit gering kapitalisierten Aktien sowie mit REITs und Staatsanleihen. Ein leicht positiver Zusammenhang besteht mit Immobilien- und Private Equity Renditen (siehe Abbildung 5).

Ähnlich zu den über alle Perioden konstruierten Portfolios erreicht die theoretische Infrastrukturallokation in Abschwungphasen Anteile von über 28 Prozent und ist abhängig von der zu erzielenden Rendite (siehe Abbildung 6).

In einem hypothetischen Portfolio, das sich wie zuvor zu zehn Prozent aus Aktien, zu zehn Prozent aus Immobilien und zu 80 Prozent aus Staatsanleihen konstituiert und in welchem ein bestimmter Anteil (zwei Prozent, fünf Prozent, sieben Prozent, zehn Prozent) dieser Assets nun durch Infrastruktur ersetzt wird, sind folgende Effekte zu beobachten (siehe Abbildung 7): In Einklang mit den vorherigen Ergebnissen trägt Infrastruktur als Ersatz von Immobilien und Staatsanleihen nicht maßgeblich zur Portfoliorendite, allerdings zur Reduzierung des Risikos bei. Erwartungsgemäß kann ein Ersatz von Aktien durch Infrastruktur in Abschwungphasen jedoch auch die Rendite des Portfolios signifikant erhöhen. Diese Ergebnisse zeigen, dass Infrastruktur gerade in Abschwungphasen maßgeblich zur Stabilisierung der Portfoliorendite beitragen und sie unter gewissen Voraussetzungen sogar deutlich erhöhen kann.

Eine eigene Assetklasse

Ziel der Studie ist nicht, zu klären, wie hoch der Infrastrukturanteil im Portfolio eines Investors exakt sein sollte. Kein Modell kann dies hinlänglich genau darstellen. Eine Vielzahl von Parametern, wie beispielsweise die Marktphase, Restriktionen bezüglich der Portfoliogewichtungen oder die zu erwartende Rendite, spielen hierbei eine maßgebliche Rolle. Man kann jedoch zeigen, dass die Aufnahme von Infrastruktur das Risiko-Renditeprofil eines Portfolios deutlich verbessern und es gerade in Abschwungphasen vor Wertverlusten schützen kann. Infrastruktur hat sich in den vergangenen Jahren als eigene Anlageklasse etabliert. Erste wissenschaftliche Untersuchungen unterstreichen den potenziellen Nutzen von Infrastrukturinvestments für das Portfolio und betonen das eigenständige Anlageprofil. Trotz eines theoretisch signifikanten Nutzens für das Portfolio muss die Anlageklasse - besonders in Europa - dennoch als jung und unreif bezeichnet werden.

Das weitere Wachstum der Assetklasse ist von verschiedenen Faktoren und Entwicklungen abhängig. Neben mangelnder Standardisierung bei der Durchführung von Privatisierungen auf staatlicher Seite gibt es auch auf Investorenebene diverse Probleme, die zum Teil noch stark hemmend wirken und eine weitere Ausbreitung der Anlageklasse verhindern.

Niedrige Anlagequoten führen beispielsweise dazu, dass Infrastruktur-Assets oft aus der Perspektive von vermeintlich verwandten Anlagen wie Immobilien oder Private Equity analysiert und verwaltet werden. Dies kann Ineffizienzen im Asset Management zur Folge haben und die Anlageklasse unattraktiv erscheinen lassen. Ebenso kann ein bereits vorhandener Anteil von Immobilien oder Private Equity zu der Annahme verleiten, der Anteil an Anlagen mit ähnlichen Eigenschaften sei bereits hoch genug.

Fehlende historische Performancedaten sowie nur unzureichend vorhandene akademische Forschung verhindern ein grundlegendes Verständnis bezüglich der Rolle von Infrastruktur in einem diversifizierten Portfolio. Eine adäquate Betrachtung der Thematik in Portfolio-Modellen und Asset Liability Studien ist daher nur sehr eingeschränkt möglich. Zudem weisen die Investmentmanager/ Joint-Venture-Partner oftmals einen nur kurzen Track-Record auf, was sich häufig negativ auf die Anlageentscheidung auswirkt.

Ähnlich wie bei anderen Anlageklassen ist der optimale Anteil von Infrastrukturanlagen im Portfolio eine sehr individuelle und investorenspezifische Fragestellung und abhängig von Faktoren wie Renditeerwartungen, Risikoperzeption und zukünftigen Zahlungsverpflichtungen. Unerfahrene Investoren mit vergleichsweise geringen Zielallokationen und wenig Expertise im Infrastrukturbereich sollten ein Produkt wählen, welches eine möglichst breite Diversifikation hinsichtlich Sektoren und Regionen bietet (zum Beispiel Dachfondsprodukte).

So kann der Entstehung von Klumpenrisiken im Portfolio vorgebeugt werden - ein Problem, welches gerade durch die enorme Größe von Infrastrukturprojekten entstehen kann. Große Investoren mit spezifischem Know-how sollten hingegen die Möglichkeit nutzen, durch ihr Potenzial und ihre Erfahrung auch auf direkter Deal-Ebene tätig zu werden.

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