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Portfolio-Effekte von Infrastrukturinvestments - eine empirische Studie

Infrastrukturinvestments finden in jüngster Zeit zunehmend Berücksichtigung bei der Asset Allokation institutioneller Investoren. In der Praxis wird damit bereits umgesetzt, was in der Theorie aufgrund mangelnder Datenbasis bislang nur unzureichend untersucht wurde. Eine neue Studie liefert hierzu einen Beitrag und analysiert Infrastrukturinvestments im Portfoliokontext auf Basis eines umfangreichen US-Datensatzes. Das Ergebnis offenbart signifikante Diversifikationseigenschaften von Infrastrukturinvestments, insbesondere in wirtschaftlichen Schwächephasen.

Private Investitionen in Infrastruktur

Infrastruktur stellt das Fundament aller Dienstleistungen, Einrichtungen und Institutionen einer Gesellschaft dar. Eine intakte Infrastruktur, bestehend aus Straßen, Energieversorgung, Flughäfen, Bahnlinien, aber auch Schulen und anderen öffentliche Einrichtungen, bildet die Basis für das Wachstum einer jeden Volkswirtschaft und ist für diese ebenso wichtig wie stabile rechtliche und politische Rahmenbedingungen. Infrastruktur lässt sich grob in ökonomische und soziale Infrastruktur unterteilen. Abbildung 1 bietet einen Überblick über die verschiedenen Sektoren.

Historisch gesehen spielte Australien eine Vorreiterrolle bei privat finanzierter Infrastruktur. Bereits Ende der achtziger Jahre wurden dort gebührenpflichtige Straßen durch die "Superannuation Funds" finanziert. Superannuation Funds oder Pensionsfonds wurden in Australien Anfang der neunziger Jahre mit der Umstellung des Rentensystems vom Umlage- auf das Kapitaldeckungsverfahren auf breiter Basis eingeführt. Etwa zur selben Zeit begann die Regierung, zur Sanierung der Staatsfinanzen größere Infrastrukturanlagen zu privatisieren. Neben der Finanzierung sollten diese Anlagen von privatwirtschaftlicher Effizienz profitieren. Für die wachsenden Superannuation Funds mit ihren langfristigen Verbindlichkeiten waren langlebige Infrastrukturanlagen die idealen Investitionsprojekte. Neben Australien begannen auch Kanada und Großbritannien früh damit, den Bau und den Betrieb von öffentlichen Infrastruktureinrichtungen an private Partner und Investoren zu delegieren.

Die Weltbank schätzte den Wert der globalen Infrastrukturanlagen im Jahr 2005 auf 17 Billionen US-Dollar. Nach einer Studie von Booz Allen Hamilton wird bis 2030 ein Vielfaches davon, nämlich 41 Billionen US-Dollar, für die Modernisierung der Basisinfrastruktur benötigt. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young beziffert in einer Studie das Volumen, das bis zum Jahr 2030 von privater und staatlicher Seite weltweit in Infrastruktur investiert wird, auf über 53 Billionen US-Dollar.

Aktuelles Marktumfeld

Auf Investorenseite hat das Interesse an Investitionen in Infrastruktur deutlich zugenommen. Darin wird die Möglichkeit gesehen, die langfristigen Verbindlichkeiten aus den stabilen und teilweise inflationsgeschützten Cash-Flows der Infrastrukturobjekte bedienen zu können. Große kanadische und australische Pensionsfonds halten bereits Anteile von fünf bis zehn Prozent ihres Gesamtportfolios in Infrastruktur. In der jüngeren Vergangenheit haben auch zahlreiche internationale und europäische Pensionskassen begonnen, in Infrastruktur zu investieren, beziehungsweise haben ihre Allokation in diesem Sektor erhöht. Tabelle 1 listet einige große Pensionskassen und ihre Zielallokationen in Infrastruktur auf.

Demgegenüber steht besonders in jüngster Zeit eine Vielzahl privater Investitionsmöglichkeiten, die aufgrund des großen Bedarfs mit den meist beschränkten öffentlichen Mitteln nicht finanziert werden können. Dieser Trend dürfte sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Laut Preqin blieb die Anzahl an Transaktionen pro Jahr trotz Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2007 stabil bei deutlich über 200 registrierten Transaktionen pro Jahr.

Eine eigene Assetklasse?

Ob Infrastruktur eine eigene Anlageklasse darstellt oder nicht, wird derzeit intensiv diskutiert. In der Praxis wird oftmals eine Zuordnung von Infrastruktur zu den Anlageklassen Private Equity oder Immobilien beobachtet, da hier die Überschneidungen der Charakteristika am größten sind. Nach einer Studie des Research-Hauses Preqin aus dem Jahr 2008 ordnen 43 Prozent der institutionellen Investoren weltweit Infrastruktur ihrer Private-Equity-Allokation zu. Lediglich zehn Prozent der institutionellen Investoren klassifizieren Infrastruktur als Immobilieninvestition. 47 Prozent haben bereits eine eigene Infrastrukturallokation für entsprechende Beteiligungen. Für die Zukunft wird erwartet, dass Infrastruktur zunehmend als eigenes Portfolio geführt wird. Zum Beispiel trennte Caisse de Dépôt du Quebec das Infrastrukturportfolio zum Juli 2010 vom Private-Equity-Portfolio.

Auf akademischer Ebene mehren sich die Publikationen zum Thema Infrastruktur als Assetklasse und vielfach kommen die Autoren zu dem Schluss, dass die spezifischen Charakteristika von Infrastrukturanlagen durchaus die Klassifizierung als eigenständige Anlageklasse rechtfertigen.1) Obwohl die Bedeutung der Anlageklasse stetig steigt, hinkt die Wissenschaft aufgrund mangelnder Performance-Daten diesem Trend noch deutlich hinterher. Die Autoren Tobias Dechant und Konrad Finkenzeller liefern mit ihrer Studie "Die Bedeutung der Anlageklasse Infrastruktur in einem Multi-Asset-Portfolio" einen Beitrag zur Schließung dieser Lücke und analysieren, welchen Stellenwert die Anlageklasse in einem institutionellen Portfolio - auch unter Berücksichtigung verschiedener Marktphasen - einnehmen kann beziehungsweise sollte.

Positive Diversifikationseffekte - insbesondere in Schwächephasen

Gegenstand der Untersuchung ist ein breit diversifiziertes US-Portfolio, welches alle traditionellen Hauptanlageklassen (wie Aktien, Anleihen, Immobilien) sowie die wichtigen sogenannten alternativen Anlageklassen (Private Equity, Rohstoffe, Infrastruktur) beinhaltet. Die Studie wurde auf Basis eines Datensatzes des Untersuchungszeitraums 1990 bis 2009 durchgeführt. Insgesamt enthält der Datensatz 788 realisierte Infrastruktur-Transaktionen, aus denen nach der Case-Shiller-Methode ein Index auf Eigenkapitalbasis (korrigiert um Leverage) berechnet wurde. Der Datensatz enthält zu 35 Prozent Transaktionen aus dem Bereich sozialer Infrastruktur sowie 65 Prozent aus dem Bereich ökonomischer Infrastruktur, breit diversifiziert nach den unterschiedlichen Sektoren.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Anlageklasse Infrastruktur in einem gemischten Portfolio signifikante Diversifikationspotenziale aufweist und dass durch Beimischung von Infrastruktur das Portfoliorisiko deutlich verringert werden kann. Mit ihrem eher defensiven Charakter stellt Infrastruktur damit besonders für risikobewusste Investoren eine attraktive Anlageklasse dar, da sie bei gleichzeitiger signifikanter Reduzierung des Risikos die zu erwartende Portfoliorendite erhöhen kann. Hierbei ist vor allem die negative Korrelation mit Aktien und Rohstoffen zu erwähnen. Das Diversifikationspotenzial von Infrastruktur ist dabei sogar noch ausgeprägter als das von Immobilien, die meist aufgrund ihrer geringen Korrelationen mit Aktien und Anleihen in ein Portfolio aufgenommen werden (Tabelle 2).

Im Untersuchungszeitraum war bei Infrastrukturassets sowohl das systematische Risiko (Beta), das Verlusteintrittsrisiko als auch der Verlust im Falle eines Verlusteintritts im Vergleich zu anderen Assetklassen gering. Die mittlere Rendite hingegen liegt etwas unterhalb der von Aktien und Immobilien. Allerdings weist Infrastruktur die höchste risikoadjustierte Überrendite (Sharpe Ratio) auf. Neben dem geringen Risiko sind vor allem die langfristig stabilen Renditen sowie die überdurchschnittliche Performance während der Finanzkrise bemerkenswert. So ist die Ein-Jahres-Performance (bis 2009) von Infrastruktur nur leicht negativ, während die meisten anderen Assetklassen Einbrüche im zweistelligen Bereich hinnehmen mussten. Auch bei der Betrachtung über einen längeren Zeitraum, über drei, fünf und sogar zehn Jahre weist Infrastruktur eine stabile Performance aus, während die Wertschwankungen bei den meisten anderen Assetklassen erheblich sind.

Beimischung von Infrastruktur

Auf der Basis des Datensatzes wurde der Effekt der Beimischung von Infrastruktur zu einem effizienten Multi-Asset-Portfolio, das alle in der Tabelle genannten Assetklassen enthält, untersucht. Je nach Renditeerwartung kann die durchschnittliche Renditeschwankung eines Portfolios danach durch die Aufnahme von Infrastruktur um bis zu 14 Prozent reduziert werden, die Allokation zu Infrastruktur weist dabei theoretisch Portfoliogewichte von bis zu 27 Prozent auf (Tabelle 3).

Darüber hinaus wurde eine Unterteilung nach wirtschaftlichen Phasen vorgenommen. Hier wurden die positiven Effekte, die eine Beimischung von Infrastruktur vor allem in Abschwungphasen haben kann, deutlich. Während die Korrelation der meisten Assetklassen in Abschwungphasen typischerweise deutlich ansteigt, ist dieser Effekt bei Infrastrukturanlagen nicht zu beobachten. Dies erhöht zum einen die positiven Diversifikationseigenschaften und trägt zusätzlich zur Absicherung des Portfolios nach unten hin bei. Obendrein besteht die Möglichkeit, mit Infrastrukturinvestitionen selbst in Zeiten steigender Unsicherheit noch positive Renditen zu erzielen. In wirtschaftlichen Schwächephasen beträgt der maximale Beitrag, den Infrastruktur zur Risikoreduktion beiträgt, sogar 20 Prozent bei einer theoretischen Allokation von 28 Prozent.

Um die im Markowitz-Rahmen ermittelten Allokationen von theoretisch mehr als 25 Prozent auf ein praktisches Szenario zu übertragen, wurde die vorsichtige Beimischung von zwei, fünf, sieben und zehn Prozent Infrastruktur zu einem typischen Drei-Asset-Portfolio mit 80 Prozent Staatsanleihen, zehn Prozent Aktien sowie zehn Prozent Immobilien simuliert.

Das Ergebnis zeigt, dass durch die Beimischung von Infrastruktur das Portfoliorisiko deutlich gesenkt werden kann und die Rendite-/Risikostruktur des Gesamtportfolios sich damit verbessert. Zum Beispiel ergab sich bei einer fünfprozentigen Substitution von Staatsanleihen durch Infrastruktur eine Risikoreduzierung von 12,4 Prozent bei gleichzeitiger Steigerung der Portfoliorendite um 0,4 Prozent. In Abschwungphasen beläuft sich der Effekt auf eine Risikoreduzierung von 13,5 Prozent bei gleichzeitiger Reduzierung der Portfoliorendite um 2,4 Prozent. Besonders ausgeprägt ist der Effekt bei der Substitution von Aktien in wirtschaftlichen Schwächephasen. Hier ergibt sich bei einer fünfprozentigen Substitution eine Renditesteigerung um 14,8 Prozent bei gleichzeitiger Risikoreduktion um 7,2 Prozent.

Währungseinfluss auf Infrastruktur

Als Investitionen mit langfristigem Anlagehorizont sind Infrastrukturassets Währungsrisiken in besonderem Maße ausgesetzt. Die Solutio AG untersuchte die Währungseffekte, denen Investoren in geschlossene Infrastrukturfonds (sowohl Dach- als auch Singlefonds) ausgesetzt sein können, wenn in Fremdwährungen investiert wird.2) Bei einem Infrastruktur-Dachfonds wird ähnlich wie bei Private-Equity-Fonds das Portfolio über einen Zeitraum von einigen Jahren aufgebaut, das Kapital wird dafür sukzessive von den Investoren abgerufen. Durch die gestaffelten Einzahlungen, die Überlagerung von Kapitaleinzahlungen und bereits erste Kapitalrückführungen kommt es zu einem teilweisen Ausgleich von Währungsschwankungen (Cost-Average-Effekt). Dieser Effekt tritt bereits bei Infrastruktur-Direktfonds im Vergleich zur Einmalanlage auf, richtig zum Tragen allerdings kommt er erst, wenn über mehrere Auflagejahre investiert wird, wie dies zum Beispiel bei einem Dachfonds der Fall ist.

Typischerweise investiert ein Dachfonds über mindestens drei Auflagejahre, dabei reduzierte sich in der Analyse der Währungseffekt bereits um über die Hälfte. Weiter reduziert wird der Effekt, je breiter das Investitionsfenster gewählt wird. Kurzfristige Währungsschwankungen lassen sich somit über zeitliche Diversifikation weitgehend ausgleichen. Längerfristigen Währungstrends (in Relation zur Dachfondslaufzeit) bleibt ein Dachfonds allerdings ausgesetzt, jedoch führt auch hier die gestaffelte Kapitalrückführung dazu, dass es nicht zu einem Klumpenrisiko am Ende der Fondslaufzeit kommt.

Diversifikationseffekt nutzen

Die Autoren der Studie "Die Bedeutung der Anlageklasse Infrastruktur in einem Multi-Asset-Portfolio" kommen zu dem Schluss, dass der Beitrag von Infrastruktur zu einem institutionellen Portfolio weniger im Renditebeitrag, sondern vor allem in den Diversifikationseigenschaften liegt.

In schwachen Marktphasen ist dieser Effekt besonders ausgeprägt. In der theoretischen Modellwelt fällt die Allokation zu Infrastruktur teilweise sehr hoch aus, in einem praktischen Szenario wird der Diversifikationseffekt aber bestätigt. Damit zeigt sich, dass eine Investition in Infrastruktur, gerade in Zeiten hoher Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung, langfristig lohnend sein kann.

Während die Finanz- und Wirtschaftskrise bewiesen hat, dass auch vermeintlich sichere Investments, wie zum Beispiel Immobilien, hohen Wertschwankungen unterliegen können und die Renditen am Anleihenmarkt vielen Investoren als unattraktiv erscheinen, stellt eine Investition in Infrastruktur eine interessante Alternative dar. Währungsrisiken, denen langlaufende Infrastruktur-Assets ausgesetzt sein können, lassen sich über zeitliche Diversifikation im Vergleich zur Direktanlage (Einmalanlage) und auch zur Direktfondsanlage signifikant reduzieren, wenn über mehrere Auflagejahre investiert wird.

Fußnoten

1) Finkenzeller, Dechant und Schäfers (2010), Inderst (2009).

2) Modellierung auf Basis interner Datensätze der Solution AG, April 2011.

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