Immobilien an der Börse

Der REIT als Kick im diversifizierten Portfolio

Rohstoffe, Anleihen, Sachwerte, Aktien - über die Rolle von Immobilieninvestments als Ergänzung in einem solch diversifizierten Portfolio schien alles gesagt. Solange die Immobilienanlage mit den unterschiedlichen übrigen Anlageklassen möglichst wenig korreliert, reduziert der Diversifikationseffekt die Risiken der Gesamtanlage. Mit der Finanzkrise jedoch geriet der Mythos des diversifizierten Portfolios in Wanken. Nahezu alle Assetklassen schienen gleichermaßen vom Abschwung betroffen. Die durch die Diversifikation erhofften dämpfenden Effekte blieben in vielen Fällen zeitweise aus. Eine aktuelle Studie der NAREIT - dem Verband der nordamerikanischen REITs - in Zusammenarbeit mit Morningstar zeigt jedoch: Die Beimischung von REITs in ein gemischtes Portfolio bietet selbst in Krisenzeiten beachtliches Potenzial. Sowohl der Blick in die Vergangenheit als auch eine szenariobasierte fiktive künftige Krisensituation deuten auf positive Diversifikationseffekte.

Das Ergebnis der Analyse: Das Rendite-Risiko-Profil verbessert sich, wenn Portfolios neben festverzinslichen Anlagen und Aktien im Allgemeinen auch Immobilienaktien und REITs im Speziellen enthalten. Portfolios, die nordamerikanische, europäische und asiatische Immobilienaktien beimischen, weisen bei gleicher Risikoerwartung eine verbesserte Gesamt-Performance auf. Hierbei wurden drei verschiedene Risikoklassen gebildet, um die unterschiedlichen Risikoneigungen von Investoren berücksichtigen zu können - für jede Risikoklasse werden spezifische Schwankungsbreiten der Erträge zugrunde gelegt. Für risikoaverse Investoren wurde eine Volatilität von fünf Prozent angenommen und für Anleger mit moderatem Risikobewusstsein zehn Prozent. Risikobereite Investoren sollen dem Modell zufolge eine maximale Volatilität von 15 Prozent tolerieren. In allen drei Fällen wirkten sich Immobilienaktien positiv auf das Rendi-te-Risiko-Profil aus.

Bessere Performance bei gleichem Risiko

Der Renditekick im Vergleich von Portfolios mit und ohne börsennotierte Immobilienvehikel lag im Falle risikoaverser Investoren mit einer tolerierten Ertragsvolatilität von fünf Prozent am niedrigsten. Hier verbesserte sich der Portfolio-Return durch die Immobilien-Beimischung um 19 Basispunkte von 7,4 auf rund 7,6 Prozent. Bei risikobereiten Anlegern, die eine Schwankung der Erträge von 15 Prozent in Kauf nehmen, war der Unterschied am größten: Das Plus durch Immobilienaktien und REITs beträgt hier beachtliche 84 Basispunkte. Das Gesamtergebnis stieg von 9,5 auf rund 10,4 Prozent. Die Ergebnisse basieren auf einer optimalen strategischen Asset Allokation nach Mean-Variance-Optimization (MVO)-Methode.

Die Studie weist zwei wesentliche Aspekte auf, die den Ergebnissen besonderes Gewicht verleihen. Zum einen wird ein langer Zeitraum von zwei Jahrzehnten betrachtet: Der Analysehorizont erfasst den Zeitraum 1990 bis 2010. Somit werden die Krisen der jüngeren Vergangenheit abgedeckt. Neben der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ist unter anderem auch der Zeitraum der Dot-Com-Krise um die Jahrtausendwende enthalten. In Krisenzeiten verändern sich die Korrelationen - beispielsweise können die Korrelationen zwischen Immobilienaktien und dem generellen Aktienmarkt über kurze (Krisen-)Zeiträume hoch sein, während sie langfristig betrachtet Aussagen der NAREIT zufolge deutlich niedriger sind. Dies wird über den langen Analysezeitraum entsprechend berücksichtigt.

Der zweite wesentliche Pluspunkt betrifft die Untersuchungsmethode. Üblicherweise wird bei Analysen von Wirkungszusammenhängen unterschiedlicher Assetklassen auf die historischen Korrelationen abgestellt. Die Vergangenheit wird folglich in die Zukunft fortgeschrieben. So auch in dem oben dargestellten MVO-Ansatz - allerdings nicht ausschließlich.

Die Analyse von NAREIT und Morningstar hat daher den MVO-Ergebnissen eine weitere Analyse gegenübergestellt, die auf einer Mean-Conditional-Value-at-Risk (M-CVaR)-Betrachtung basiert. Hierin wird bewusst unterstellt, dass externe Schocks künftig häufiger auftreten und extremere Auswirkungen haben können als bislang in Asset-Allokation-Modellen häufig angenommen. Folglich kommt hier keine Korrelations-Matrix zur Anwendung, die die historische Abhängigkeit der unterschiedlichen Asset Returns von der Entwicklung der jeweils anderen Anlageklasse darstellt.

So waren im Untersuchungszeitraum von 1990 bis 2010 beispielsweise europäische Immobilienaktien und US-Bonds historisch betrachtet negativ korreliert. Sinken die Erträge aus einer Anlageklasse, steigen die Erträge aus der anderen, sodass erfreuliche Dämpfungseffekte zu verzeichnen sind (zumindest in der Vergangenheit). NAREIT und Morningstar ersetzen in der zweiten Analyse die historischen Werte durch szenariobasierte Werte. Dabei wird für den Krisenfall angenommen, dass alle Anlageklassen in hohem Maße positiv korreliert sind - sich also im Extremfall in ähnlichem Maße gleichzeitig negativ entwickeln und keine Dämpfungseffekte zu erwarten sind.

Für diesen Fall zeigt sich zwar, dass ein optimales Portfolio der Studie zufolge anders zusammengesetzt und umgeschichtet werden muss - in allen drei Fällen tolerierter Volatilitäten steigen beispielsweise die Anteilswerte nordamerikanischer REITs. Allerdings mit einem erfreulichen Ergebnis: Bei gleicher Volatilität steigt in allen drei Fällen der erwartete Total Return im Vergleich zur MVO-Berechnung sogar nochmals an. Am deutlichsten wirkt sich dies bei risikoaversen Investoren aus. Hier steigt die Rendite von 7,6 Prozent auf 8,2 Prozent. Am schwächsten - aber dennoch vorhanden - ist der positive Effekt bei risikobereiten Investoren. Sie können eine Rendite von 10,5 Prozent erwarten (nach MVO lag die Rendite bei 10,4 Prozent).

Zwei REIT-Welten: USA und Rest der Welt

Ein Wermutstropfen der Studie aus deutscher und europäischer Sicht ist, dass die Analyse stark auf nordamerikanische Immobilienaktien abzielt. Zwar werden auch europäische REITs berücksichtigt, jedoch spielen sie eine eher untergeordnete Rolle. Die Ergebnisse - so erfreulich sie aus Sicht der REITs ausfallen - können daher nicht unreflektiert auf Europa übertragen werden. Denn beim Thema REITs nehmen die Vereinigten Staaten nach wie vor eine Vorreiterrolle ein. So hat sich beispielsweise die Marktkapitalisierung von REITs in den USA in den vergangenen 20 Jahren um mehr als das 40-fache erhöht, während das weltweit in börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften investierte Kapital heute nur etwa sechs Mal so hoch ist wie vor 20 Jahren.

Der REIT in Deutschland ist bekanntermaßen noch derart jung, dass keine auch nur annähernd vergleichbare Datenlage vorhanden ist wie in Nordamerika. Dennoch hat er sich in der Krise als stabil erwiesen. Die gesetzlichen Grundlagen zwingen das Management zu konservativem Agieren, und vor allem risikoaverse Investoren honorieren dies. Mit den anziehenden Kapitalmärkten der vergangenen Monate haben deutsche REITs und Immobilienaktien erfolgreich Kapitalerhöhungen durchgeführt - dies ist als weiterer Vertrauensbeweis der Anleger zu werten. Vor diesem Hintergrund ist es also durchaus wahrscheinlich, dass auch deutsche REITs längst zur Optimierung von Portfolios beigemischt werden. Bis wir die positiven Effekte deutscher REITs statistisch nachweisen können, werden aber entsprechend noch einige Jahre ins Land gehen müssen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X