Messeausgabe

Institutionelle Immobilienanlagen im Spannungsfeld veränderter Rahmenbedingungen

Mit Blick auf das derzeitige Umfeld für Immobilienanlagen lässt sich schnell feststellen, dass die aktuelle Gemengelage hohe Herausforderungen an professionelle Vermögensverwalter stellt und neue Antworten fordert. Für die Anlageklasse Immobilie und die institutionellen Immobilienprodukte bedeutet dies, dass das magische Investitionsdreieck der Vermögensanlage - Rentabilität, Sicherheit und Liquidität - Erweiterungen erfährt und durch neue Ziele ergänzt wird, die sich ins besondere aus regulatorischen Vorgaben für Investoren, gesetzlichen Anforderungen an Fondsmanagement und -vehikel sowie aus Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Immobilieninvestments ergeben.

Aber auch Themen wie die Wirtschaftspolitik und die ungewissen Auswirkungen der Schuldenkrise auf die europäischen Immobilienmärkte sind Aspekte, die die Zukunft der Immobilienanlage maßgeblich beeinflussen werden. Die Herausforderungen für Anleger und Anbieter von Immobilienanlagen wachsen stetig und können nur gemeinsam gelöst werden.

Allgemein lässt sich festhalten: Die Situation im Euroraum aber auch in anderen Anlagemärkten fordert von Immobilieninvestoren, stets anpassungsfähig zu bleiben. Die Herausforderungen, die Europa zu bewältigen hat, sind immens. So sehen dies auch die professionellen Immobilienanleger: Zwar sind 88 Prozent der in einer Union-Investment-Studie befragten Profianleger in Deutschland, Frankreich und Großbritannien vom Fortbestand der Eurozone überzeugt.

Fokussierung auf vermeintlich sichere Häfen

42 Prozent der Investoren erwarten jedoch eine Rezession in ganz Europa. Der Wert liegt noch einmal fünf Prozentpunkte über dem bereits hohen Umfragewert vom Dezember 2011. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheiten verwundert es nicht, dass sich die europäischen Investmententscheider zunächst auf das Vermeiden von Risiken - insbesondere bei Vermietung und Mietausfall - verlegt haben. Eine entsprechende Ausgestaltung wird von den Immobilienanlagen erwartet.

Unter den europäischen Immobilienmärkten stehen derzeit insbesondere Deutschland, die Schweiz, Skandinavien und Polen hoch im Kurs. Diese konnten sich von der dramatischen Entwicklung der südlichen Peripherie abkoppeln und versprechen vergleichsweise stabile Renditen. Das Deutschland entgegengebrachte Vertrauen ist dabei berechtigterweise besonders groß: Es steht zu erwarten, dass der hiesige Immobilienmarkt sogar gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen wird. Weil die Staaten der südeuropäischen Peripherie - mit Ausnahme einzelner Segmente wie zum Beispiel dem Einzelhandel - für sicherheitsorientierte Anleger als Investitionsziele für die nächsten 24 Monate nur sehr eingeschränkt infrage kommen, ist davon auszugehen, dass sich die grenzüberschreitenden Immobilieninvestitionen weiterhin auf das robuste Kerneuropa konzentrieren werden.

Nachhaltigkeit - Bestandteil der Investitionsentscheidung

Eine zusätzliche Polarisierung findet zwischen Core- und Non-Core-Objekten statt. Käufer beschränken sich in unsicheren Zeiten nicht nur auf stabile Investmentmärkte, sondern auch auf hochqualitative Gebäude mit exzellenten Vermietungsständen. Für Immobilienkäufer wird es zunehmend schwierig, gute Produkte zu akzeptablen Preisen zu finden. Eine Herausforderung, die sich voraussichtlich in diesem Zinsumfeld so schnell nicht ändern wird und sich auch auf die Immobilienprodukte auswirkt. Fondsanbieter müssen in diesem Umfeld die Produkte vernünftig preisen und konservativ rechnen, und Anlegern sollte klar sein, dass die bisherigen Renditeerwartungen in solchen Märkten schwieriger zu erfüllen sind.

Die hohen Anforderungen an die Produkte bieten aber auch die Chance, Themen wie den Umgang mit Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestitionen weiterzuentwickeln. Längst gilt beispielsweise für Immobilien: Energie- und Wasserverbrauch, Effizienz und Flexibilität der Nutzung aber auch die Standortqualität sowie das Wohlbefinden in den Räumen, zum Beispiel durch gute Lichtverhältnisse oder eine inspirierende Architektur, haben sich zu wichtigen Werttreibern und Ankaufskriterien entwickelt. Hierbei reicht es nicht aus, allein auf zertifizierte Green Buildings zurückzugreifen.

Das Angebot deckt die schnell wachsende Nachfrage institutioneller Investoren bei Weitem nicht. Zudem müssen die Objekte die kontinuierlich steigenden Anforderungen dauerhaft erfüllen. Dies setzt ein beständiges Nachhalten der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kriterien im Bestand voraus. Es lassen sich erstaunliche Ergebnisse erzielen: Beim neupositionierten Bürohochhaus Emporio in Hamburg von Union Investment werden der Energieverbrauch für das Heizen sowie der Wasserverbrauch jeweils um rund 60 Prozent gesenkt. Der Stromverbrauch wird um 28 Prozent zurückgehen, während die Flächeneffizienz um 15 Prozent gesteigert wird. Allein diese Zahlen verdeutlichen, wie sehr eine Umgestaltung nach Nachhaltigkeitskriterien die Betriebskosten senken kann.

So entsteht Spielraum für höhere Mieteinnahmen und eine langfristige Wertsteigerung. Um Bestandsgebäude unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten weiterzuentwickeln, ist eine hohe Asset-Management-Kompetenz erforderlich; zudem bedarf es spezieller Steuerungssysteme, die den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie erfassen. Eine Herausforderung, die auch zur Chance für Immobilienanlagen und Investoren werden kann, die Nachhaltigkeit als Funktion eines aktiven, wertschöpfenden Portfoliomanagements verstehen.

Wachsender regulatorischer Druck

Investoren und Anbieter von Immobilienfonds fühlen sich aktuell vielfach an die Jahrmarktattraktion "Hau den Lukas" erinnert. Denn es drohen harte Schläge aus regulatorischer Sicht: Solvency II, Basel III und der Gesetzentwurf E-KAGB des Bundesfinanzministeriums zur Umsetzung der europäischen Richtlinie für alternative Investmentfonds (AIFM) sind die Schwergewichte. Das E-KAGB sieht unter anderem vor, die Neuauflage Offener Immobilienfonds vollständig zu verbieten. Dabei hat der Gesetzgeber mit dem Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz (AnSFuG) erst im vergangenen Jahr eine sinnvolle Reform Offener Immobilienfonds beschlossen. Sie gewährleistet eine Trennung institutioneller und privater Anlageinteressen und behebt damit die wohl wichtigste Ursache der Liquiditätsengpässe.

Im ersten Halbjahr haben Investoren daher im Vertrauen auf das vermeintlich beständige neue Gesetz wieder rund zwei Milliarden Euro in die Produkte gesteckt. Offene Spezialfonds für institutionelle Investoren waren von den Problemen der Publikumsfonds erst gar nicht betroffen, sondern sind gut durch die Finanzkrise gekommen. Seit 2007 ist das verwaltete Vermögen der Immobilien-Spezialfonds von rund 21 auf mehr als 34 Milliarden Euro gewachsen. Das wachsende Vertrauen für deutsche Immobilienanlagen dürfte zumindest durch die derzeitigen Gesetzesentwürfe gedämpft werden und wieder einmal Luxemburg in die Hände spielen.

Es zeigt sich umso mehr, dass die Herausforderungen für Anleger und Anbieter von Immobilienanlagen nur gemeinsam zu bewältigen sind, um die Interessen der Branche langfristig zu sichern. Die Anlageklasse Immobilie und der Standort Deutschland stehen im ständigen Wettbewerb mit den anderen Assetklassen. Entsprechend gilt es, die Chance einer konservativen und sicheren Wertanlage auch am Standort Deutschland zu bewahren. Schließlich zeigt der Zuwachs im Spezialfondsbereich doch, dass Pensionskassen, Versicherer und kirchliche Träger den Produkten vertrauen und gerade im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld mehr denn je ihr Portfolio breit aufstellen.

Lösungsorientierte Ansätze

Es scheint aber auch klar, dass eine ausschließliche Fokussierung der Anbieter von Immobilienanlagen auf das klassische Anleger-/Fondsmodell allein längst nicht mehr funktioniert. Zu ausgeprägt und divers sind die Investorenlandschaft und die Anforderungen an die Immobilien und die Immobilienanlage geworden. Spezialisierungen auf verschiedene Immobilienklassen wie Hotels, Parkhäuser, Studentenwohnheime sowie länderübergreifende Diversifizierung der Anlage werden verstärkt in Anlagestrategien der Anleger abgebildet. Der institutionelle Investor agiert heute deutlich spezifischer, fordert eine hohe Transparenz, professionelles und individuelleres Reporting und eine fortlaufende Beratung in allen Fragen um die Immobilie und das Vehikel während des gesamten Immobilien- und Produktzyklus.

Zudem wünschen sich Anleger wie in anderen Anlageklassen immer mehr eine Aufspaltung der Wertschöpfungskette. Vielfach professionalisieren sie mithilfe der Asset Manager ihre Immobilieninvestments. Sie nutzen die externe Expertise etwa für die Modernisierung oder nachhaltigere Gestaltung ihres Immobilienbestands. Indem sie ihre Immobilienanlagen in den Sondervermögen bündeln, können sie darüber hinaus die Administration auslagern und ihre Verwaltungskosten senken. Zudem vermissen Investoren bei geschlossenen Strukturen die Flexibilität, Mittel umschichten oder einzelne Mandate gezielt neu vergeben zu können und so vom Wettbewerb und der Spezialisierung der einzelnen Dienstleister zu profitieren. Es stellt sich somit eine neue Herausforderung für die Anbieter von Immobilienanlagen, auf diesen Trend individueller und lösungsorientierter einzugehen. Es ermöglicht aber gleichzeitig, gemeinsam mit den Anlegern an Themen zu arbeiten.

Union Investment hat diesen Trend frühzeitig erkannt und bietet heute sämtliche Lösungsmöglichkeiten an. Insbesondere die Bündelungsthematik stellt für viele Investoren eine Möglichkeit dar, strategisch zu wachsen und das Thema direkte und indirekte Immobilienanlage zu nutzen. Der klassische Fondsmanager ist damit zum Vermittler und Lösungsanbieter für die Investoren geworden.

Stabile Plattform erforderlich

Das direkte Management der Immobilien ist und bleibt dabei der wichtigste Renditetreiber. Jedoch muss in dem Streben nach Rendite und Sicherheit auch eine Sicherheit und Stabilität der Plattform gewährleistet sein, um sich auf das Immobiliengeschäft zu konzentrieren. Neben den regulatorischen und gesetzlichen Unsicherheiten ist das der zweite wesentliche Punkt, den viele Investoren derzeit in Bezug auf die Geschäftsmodelle der Partner thematisieren.

Eine Partnerschaft muss auf Verlässlichkeit und einem gesicherten Umfeld beruhen, damit das Geld der Anleger geschützt, verwaltet und rentabel eingesetzt werden kann. Union Investment versteht sich als solcher Partner und baut mit diesem Verständnis den institutionellen Bereich weiter auf. Über die letzten Jahre hat sie sich zur zweitgrößten institutionellen Immobilienplattform mit einem Volumen über vier Milliarden Euro entwickelt. Die Wertentwicklung und Stabilität spielen dabei stets die übergeordnete Rolle.

Die Herausforderungen an den Immobiliensektor werden bestimmt durch die Anforderungen an die Anleger, Anbieter von Immobilienanlagen und gesellschaftlichen Veränderungsprozesse im Bereich der Nachhaltigkeit. Es gilt in diesen Bereichen, die Chance wahrzunehmen, gemeinsam an den Themen zu arbeiten und für lösungsorientierte Fortschritte einzustehen, um die Anlageklasse der Immobilien auch zukünftig wettbewerbsfähig und beständig zu halten, so wie es von ihr erwartet wird.

Dr. Christoph Schumacher , Head of Global Real Estate, Credit Suisse Asset Management, Zürich
Hubertus Bäumer , Managing Partner , substnz Real Estate Debt GmbH, Hamburg
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