Schwerpunkt Finanzierungsstrukturen im Wandel

Kompetenz versus Kapital - worauf achten Immobilienfinanzierer?

Die Wirtschafts- und Finanzkrise der vergangenen Jahre markiert eine Zäsur. Ereignisse, die bis dato nur schwer vorstellbar waren, sind eingetreten, zum Beispiel die Insolvenz der US-amerikanischen Bank Lehman Brothers, die abzuwendenden Staatsbankrotte (Griechenland, Malta, Irland) oder die damit ein hergehenden immensen staatlichen Stabilisierungsprogramme. All diese Ereignisse prägen noch immer das aktuelle Marktumfeld. Eine der wesentlichen Erfahrungen der Krise ist dabei die Erkenntnis, dass ein vorsichtigerer Umgang mit Risiken erforderlich ist. In Bezug auf Banken und deren Kreditgeschäft hat der Gesetzgeber versucht, dies durch die Basel-III-Regulierung umzusetzen. Dadurch wurden Banken verpflichtet, verstärkt Eigenkapital vorzuhalten sowie insbesondere das Risikomanagement zu verbessern.

Die Konsequenzen der strengeren Regeln, etwa durch die strikte Orientierung an Ratings, und deren Umsetzung durch die Banken spiegeln sich im aktuellen Finanzierungsumfeld wider. Für die Immobilienbranche stellt sich die Frage, wie Kapitalgeber im aktuellen Marktumfeld überzeugt werden können, Projektideen und deren Umsetzung zu finanzieren.

Harte versus weiche Faktoren

Die derzeitigen Rahmenbedingungen führen zu einer enormen Spreizung der Finanzierbarkeit und der Kapitalkosten der unterschiedlichen Produkte. Die Finanzierungsbereitschaft der Banken konzentrierte sich in der Finanzkrise vor allem auf Bestandsobjekte in guten Lagen mit hohen Vermietungsgraden. In diesem Segment führte die Krise aufgrund der Knappheit solcher Objekte zu zunehmendem Wettbewerb und damit einhergehendem Margenschwund. Die verschärften Vorschriften zur Hinterlegung von Eigenkapital durch die Banken bedeuten für Immobilieninvestoren, dass die Finanzierungskosten oberhalb der pfandbrieffähigen Tranchen von 60 Prozent des Beleihungswertes oder eines LTV von rund 50 Prozent deutlich ansteigen. Für klassische Core-Produkte mit geringerem LTV ist das Umfeld hingegen attraktiver. Insbesondere institutionelle Investoren mit risikoaversem Anlageprofil, wie Spezialfonds mit ihren vorgeschriebenen maximalen Fremdkapitalquoten von 50 Prozent, profitieren hier vom günstigen Zinsumfeld und geringen Margenaufschlägen der Banken.

Investoren mit einem Fokus auf Value-Add-Immobilien und Projektentwicklungen sehen sich vor neuen Herausforderungen: Waren in der Zeit vor 2007 Bankfinanzierungen bis zu einem LTV von 90 Prozent möglich, fordern Banken nun deutlich höhere Eigenkapitalquoten. Dies stellt speziell die klassischen, eher eigenkapitalschwachen Projektentwickler vor erhebliche Herausforderungen. Des Weiteren fordern Fremdkapitalgeber nun vor allem eine bessere Kapitaldienstfähigkeit, welche durch bereits abgeschlossene Mietverträge gedeckt ist. So werden Projekte bevorzugt, die gute Vorvermietungen aufweisen - rein spekulative Entwicklungen sind nur in Ausnahmen möglich. Unter diesen Anforderungen ist die Anzahl an durchführbaren Investments deutlich beschränkt.

Im Kontrast zu diesem für Projektentwickler schwierigeren Marktumfeld stehen positive Aspekte, wie ein hoher Anlagebedarf von Investoren und niedrige Zinsen. Hohe Eigenkapitalanforderungen entwerten scheinbar das bei Entwicklern vorhandene Immobilien-Know-how. Erst das fertige Produkt ist bei Banken und Investoren beliebt. Entwickler stehen vor der Frage wie trotz der strengeren Anforderungen bei Finanzierungen das knappe und teure Eigenkapital sinnvoll eingesetzt werden und ob das Immobilien-Knowhow hier nicht doch in die Waagschale geworfen werden kann.

Ein Auflockern der zuvor skizzierten Grenzen in der Finanzierung ist angesichts der strengen Koppelung an Ratings nur schwer möglich, aber nicht unmöglich. Bei der Prüfung der Investments spielen neben den harten auch weiche Faktoren eine bedeutende Rolle, darunter die Qualität der Immobilie und das Know-how des Investors. Diese weichen Faktoren bilden gleichsam ein Gegengewicht zu den harten Fakten, wie LTV, durch Vermietung gesicherte Debt Service Coverage Ratio (DSCR) oder Zusatzsicherheiten.

- Track Record. Die weichen Faktoren gründen beispielsweise auf personen- und unternehmensabhängig dem Entwickler zugeschriebenen Kompetenzen und Vertrauen. Die Frage nach dem Track Record des Entwicklers ist für viele Entscheidungen über eine Finanzierung speziell im Projektentwicklungsbereich ausschlaggebend. Bei der Prüfung wird hier beleuchtet, ob der Entwickler beispielsweise über Erfahrungen aus Projekten im direkten Umfeld, mit gleicher Größenordnung, ähnlicher Immobilienart oder -qualität verfügt. Gerade für Start-ups kann diese Anforderung eine erhebliche Herausforderung darstellen. Fehlende unternehmensbezogene Projekte können zwar durch persönliche Erfahrungen zum Teil kompensiert werden, allerdings ist hier immer noch unklar, ob die Handelnden im neuen Unternehmensumfeld an vorherige Erfolge anknüpfen können. Zugleich sind Entwickler und Investoren mit entsprechender Glaubwürdigkeit über ein verbessertes Rating in der Lage, deutlich bessere Finanzierungsbedingungen zu erlangen.

- Garantien. Die immer häufiger gewählten Non-Recourse-Finanzierungen über Projektgesellschaften stehen oftmals im Spannungsfeld zwischen dem Wunsch der Banken nach einer möglichst großen Risikoabsicherung einerseits und dem gleichen Wunsch des Investors nach Risikobegrenzung und geringem Eigenkapitaleinsatz andererseits. Um eine übermäßige Eigenkapitalforderung abzuwenden, ist hier eine teilweise Aufweichung der Non-Recourse-Struktur möglich, ohne ein nicht bewertbares Risiko einzugehen. Eine ausgewogene Eigenkapitalquote, teilweise sogar eine Verbesserung der Quote, lässt sich durch Garantien erzielen. So kann beispielsweise eine Muttergesellschaft garantieren, eventuelle Mehrkosten beim Bau teilweise zu übernehmen. Das Risiko ist somit für den Investor begrenzt. Durch die Garantie der Mutter muss eventuell der Betrag nicht in voller Höhe durch Eigenkapital gedeckt werden und kann so für andere Projekte verwendet werden.

- Strukturierungskompetenz und passendes Kapital. Eine mögliche Antwort auf dieses Marktumfeld und die skizzierten Finanzierungsbedingungen sind Mezzanin-Finanzierungen, die seit der Finanzkrise an Bedeutung gewonnen haben. Ihr Vorteil besteht darin, dass Mezzanin-Geber oftmals über Projektentwicklungswissen verfügen und höhere Risiken eingehen können und wollen. Der Nachteil liegt in erster Linie bei deutlich höheren Renditeanforderungen. Daneben muss der Investor mit einem hohen Dokumentations- und Prüfungsaufwand im Vorfeld und auch während der Umsetzung rechnen. Das führt dazu, dass sich eine Mezzanin-Finanzierung bevorzugt bei hohen Finanzierungssummen lohnt, um den hohen Aufwand zu rechtfertigen.

Änderung der Finanzierungsstrukturen

Während vor der Krise die typische Finanzierungsstruktur zu 90 Prozent aus Fremdkapital und zu zehn Prozent aus Eigenkapital bestand, erhöhten sich die Eigenkapitalanforderungen nach der Finanzkrise auf bis zu 30 Prozent. Für den Investor besteht nun, wie bereits skizziert, die Möglichkeit, das entstandene Delta durch Mezzanin-Kapital zu schließen. Durch den Einsatz einer Mezzanin-Tranche von 20 Prozent lässt sich die vormalige Eigenkapitalquote von zehn Prozent halten, allerdings zulasten von höheren Kosten.

Zum anderen lässt sich beobachten, dass der Fremdkapitalanteil unter Umständen über 70 Prozent betragen kann. Wie hoch der Fremdkapitalanteil ist, hängt maßgeblich von den "weichen Faktoren" ab. Je mehr Risiken beispielsweise durch den Nachweis eines entsprechenden Track Records oder zusätzliche Garantien abgebaut werden, desto höher kann der Fremdkapitalanteil der Projektfinanzierung sein. So lässt sich beispielsweise erreichen, dass der Fremdkapitalanteil mit wachsendem Projektfortschritt erhöht werden kann. Dies lässt sich mit dem Abbau der verschiedenen Risiken - beispielhaft seien Bau-, Vermietungs- und Verkaufsrisiko genannt - im Verlauf eines Projekts verknüpfen. So lassen sich durch Bestellung von Garantien oder den Abbau wesentlicher Risiken Projektfinanzierungen mit bis zu 80 Prozent Fremdkapital realisieren.

Wert des Know-hows

Die Lektionen aus der Finanzkrise sind - kurz gefasst - die erhöhten Eigenkapitalanforderungen und ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis. Daneben erwarten Finanzierungspartner verstärkt Know-how und Kompetenz, sind aber auch bei entsprechendem Nachweis bereit, erhöhte Risiken einzugehen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass auch im aktuellen Marktumfeld, das durch niedrige Zinsen und hohen Anlegebedarf geprägt ist, Projekte mit Augenmaß durchgeführt werden.

Die Entscheidung der Finanziers orientiert sich dabei nah an der Immobilie, das heißt an deren Objekt- und Lagequalität sowie den zu erwartenden Risiken. Im Vergleich zur Situation vor der Finanzkrise ist dabei deutlich mehr Sicherheitsorientierung zu beobachten, was sich in niedrigeren Fremdkapitalanteilen in der Finanzierung niederschlägt.

Durch entsprechendes, nachgewiesenes Immobilien-Know-how oder Abpufferung der Risiken durch begrenzte Zusatzsicherheiten kann der Fremdkapitalanteil auch höher liegen. Als probates Mittel wird verstärkt auf Mezzanin-Finanzierungen zurückgegriffen, um die Lücke zwischen Eigenkapital und Fremdkapital zu schließen. Gerade hier kann entgegen der Eingangsfrage ebenfalls nicht von einer Entwertung des immobilienspezifischen Know-hows gesprochen werden.

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