Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Mehr Flexibilität in der Unternehmensfinanzierung durch Wandelanleihen

Die Finanzkrise und die Eigenkapitalanforderungen von Banken durch Basel III machen es Immobilienunternehmen zunehmend schwerer, auf Bankdarlehen als klassisches Finanzierungsinstrument zurückzugreifen. Ein aktives Finanzmanagement wird daher für Immobiliengesellschaften immer wichtiger, um sich auf ein solides Fundament zu stellen.

Dabei ist zu beachten, dass die Finanzstruktur dem Geschäftsmodell angepasst sein muss, will man die Risikostruktur nicht unnötig erhöhen. Neben den klassischen Finanzierungsformen wie Bankenkredite helfen dabei aber auch alternative Finanzierungsinstrumente.

Ein Instrument, auf das börsennotierte Unternehmen zurückgreifen können, sind Wandelanleihen. Die Papiere schaffen in der Regel eine Win-Win-Situation für Emittenten und Zeichner: Börsennotierte Unternehmen können zu günstigen Konditionen an Fremdkapital gelangen. Investoren in diesem Papier streichen nicht nur den Zinskupon ein, sondern können zusätzlich von Kurssteigerungen der Aktien der Emittenten profitieren.

Emissionsvolumen in Europa

Das Emissionsvolumen von Wandelanleihen in Europa hat in den vergangenen Monaten zugenommen. Im Gesamtjahr 2012 wurden rund 40 Wandelanleihen mit mehr als 16 Milliarden Euro europaweit von börsennotierten Konzernen emittiert.

Allein im November 2012 kamen neue Papiere über insgesamt acht Milliarden Euro an den Markt. Neben Großkonzernen wie Volkswagen und Siemens, die allein zum Jahresende Convertible Bonds im Gesamtwert von 5,5 Milliarden Euro an den Markt brachten, zählten 2012 auch zahlreiche Immobilienunternehmen zu den Emittenten.

Neben der GSW Immobilien waren darunter auch British Land, Capital Shopping Centres, Conwert, Deutsche Euroshop, TAG Immobilien und Unibail-Rodamco. 2012 haben diese sieben Immobiliengesellschaften Wandelanleihen über insgesamt rund zwei Milliarden Euro begeben, wobei rund 370 Millionen Euro auf deutsche Immobilienaktiengesellschaften entfielen. Nach Berechnungen von Credit Suisse haben sich die in Deutschland gelisteten Wohnungsfirmen 2012 über Kapitalerhöhungen und Wandelanleihen insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro besorgt.

Überraschend kommt der Anstieg allerdings nicht. Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, Bankfinanzierungen zu attraktiven Konditionen zu erhalten. Dies liegt an den Regulierungsvorgaben des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Basel III), die von diesem Jahr an schrittweise bis 2018 eingeführt werden. Sie zwingen Banken, Kredite künftig mit immer mehr Eigenkapital zu unterlegen. Das begrenzt das ausreichbare Finanzierungsvolumen. Gleichzeitig müssen die Institute dadurch ihre Zinskonditionen anheben, um weiterhin ihre Marge erwirtschaften zu können.

Wandelanleihen entwickeln sich daher zu einem alternativen Finanzierungsinstrument - auch in der Immobilienbranche. Gesellschaften können sich über Convertibles Finanzierungen zu attraktiven Zinskonditionen sichern. Für das emittierende Unternehmen stellt eine Wandelanleihe unmittelbar eine günstigere Fremdfinanzierung dar als die gewöhnliche Unternehmensanleihe, weil der Investor die Möglichkeit hat, an den Aktienkurssteigerungen zu partizipieren.

Investoren haben dadurch die Chance, Renditen zu erzielen, die die Erträge klassischer Anleihen übersteigen. Möglich macht dies die spezielle Beschaffenheit des Finanzierungsinstruments.

Sicherung der attraktiven Zinskonditionen

Im Gegensatz zu klassischen Bonds sehen Wandelanleihen nicht ausschließlich eine Rückzahlung des aufgenommenen Fremdkapitals vor. Zwar sind, wie bei einer herkömmlichen Anleihe, auch bei den Convertibles Zinssatz und Laufzeit festgelegt.

Darüber hinaus hat aber das emittierende Unternehmen das Recht oder die Pflicht die Rückzahlung nicht in bar, sondern in neuen Aktien zu leisten, sobald der Börsenkurs zum Endfälligkeitstermin einen bestimmten Kurs überschreitet. Nutzt der Investor das Wandlungsrecht nicht aus, erstattet der Emittent am Ende der Laufzeit wie bei einer herkömmlichen Anleihe den aufgenommenen Betrag zurück.

Partizipation an steigenden Aktienkursen

Die meisten Wandelanleihen sind so gestaltet, dass der Wandlungspreis deutlich über dem Aktienkurs zum Zeitpunkt der Ausgabe liegt. Ein entsprechender Kursanstieg verschafft den Investoren die Möglichkeit, zusätzlich zu den Renditen des jährlichen Zinskupon noch von einem Kursanstieg der Aktie zu profitieren. Steigt der Aktienkurs während der Laufzeit, erhöht sich der Wert der Wandelanleihe.

Da Investoren das Papier auch vor Laufzeitende veräußern können, haben sie die Chance bereits vorzeitig Kursgewinne einzustreichen. Die Funktionsweise verdeutlicht, dass der Anleger somit die Chance hat, an steigenden Aktienkursen zu partizipieren, gleichzeitig bei fallenden Kursen aber den Vorteil der Rückzahlung des Bonds genießt. Denn wenn der Aktienkurs fällt, erhält der Anleger immer noch am Ende der Laufzeit das eingesetzte Kapital zurück.

Stärkung des Eigenkapitals und der Bonität

Darüber hinaus bieten Wandelanleihen bilanztechnische Vorteile für ihre Emittenten: Jede Wandlung stellt aktienrechtlich eine Kapitalerhöhung dar. Deshalb wird bei der Wandlung der Anleihe in Aktien das aufgenommene Fremdkapital automatisch zu Eigenkapital. Eine gestiegene Eigenkapitalquote wird sich zudem tendenziell positiv auf die Zinskosten zukünftiger Darlehen auswirken.

Um das Instrument zu nutzen, ist allerdings einige Vorarbeit nötig. Vor der Emission von Wandelanleihen müssen sich die Gesellschaften durch einen Beschluss (bedingtes Kapital) der Hauptversammlung mit Zweidrittelmehrheit die Ausgabe neuer Aktien zur Deckung der Convertibles genehmigen lassen.

Die in hohem Umfang auf Fremdkapital angewiesenen Immobilienunternehmen dürften in den kommenden Jahren ein anhaltend hohes Emissionsvolumen von Wandelanleihen begeben. Bereits jetzt entfallen rund 15 Prozent des emittierten Volumens auf den Immobiliensektor. Denn das wachsende Angebot aus dem Immobiliensektor trifft auf eine hohe Nachfrage. Typischerweise kommen institutionelle Investoren, die in Wandelanleihen investieren, aus Frankreich und Großbritannien.

Case Study

Zu den erfolgreichsten Emissionen des vergangenen Jahres zählte die Wandelanleihe der GSW mit einem Volumen von 183 Millionen Euro. Der Berliner Wohnungskonzern hat das Papier trotz der langen Laufzeit von sieben Jahren zu einem Zinskupon von knapp zwei Prozent in nur drei Stunden platziert. Dabei war die Emission insgesamt dreifach überzeichnet. Der anfängliche Wandlungskurs lag 29,5 Prozent über dem zum Ende des vorangegangenen Quartals ermittelten Net Asset Value und 22,5 Prozent über dem Aktienkurs zum Ausgabezeitpunkt (Referenzpreis).

Eine Reihe besonderer Faktoren machten diese Offerte für Investoren attraktiv. Im Gegensatz zu zahlreichen an deren Wandelanleihen bietet das GSW-Papier den Zeichnern einen vollständigen Verwässerungsschutz bei Dividendenausschüttungen, das heißt der Wandlungspreis sinkt um die Höhe der Ausschüttung. Dadurch werden die üblichen Rückgänge des Aktienkurses am Tag der Dividendenzahlung kompensiert.

Investor Put und Verzicht auf Issuer Call

Zudem greift nach fünf Jahren ein Investor Put. Zwei Jahre vor Endfälligkeit haben die Zeichner damit das Recht, vorzeitig eine Rückzahlung ihres Anlagebetrags zu verlangen. Hingegen hat die GSW auf einen Issuer Call verzichtet, der ihr - bei entsprechendem Kursanstieg - das Recht ermöglicht hätte, die Investoren vor der Fälligkeit zu einer Wandlung in Aktien zu zwingen.

Allerdings hat sich die GSW zwei Besonderheiten zu ihren Gunsten einräumen lassen: Zum einem besteht die Möglichkeit, auch bei Nichterreichen des Wandlungskurses am Ende der Laufzeit das Kapital ganz oder teilweise in Aktien an die Investoren zurückzuzahlen. Zum anderen kann die GSW auch weiterhin besicherte Schuldscheine emittieren.

Der Emissionserfolg zeigt sich auch darin, dass seit der Platzierung der Aktienkurs der Gesellschaft um rund zehn Prozent gestiegen ist, was gleichzeitig auch einen Anstieg des Convertible-Kurses mit sich brachte.

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