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Alternative Finanzierungsinstrumente - auf den richtigen Mix kommt es an

Die Finanzkrise erschwert Immobilienunternehmen zunehmend den Zugriff auf Bankdarlehen als klassisches Finanzierungsinstrument. Die Institute müssen sich bei der Kreditvergabe einschränken und zugleich höhere Margen fordern. Diese werden zurzeit noch durch die niedrigen Basis-Zinssätze kompensiert und sind damit noch nicht ertragsschädigend. Verursacht wird dies durch neue Regulierungsvorgaben des Baseler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Basel III). Sie zwingen Banken, aufgrund der Eigenkapital-Anforderungen ihre Bilanzen herunterzufahren und begrenzen so das von den Instituten ausreichbare Kreditvolumen.

Zwar tritt Basel III erst vom nächsten Jahr an schrittweise in Kraft. Die Banken müssen die Vorgaben jedoch bereits jetzt bei der Vergabe langjähriger Finanzierungen berücksichtigen. Dadurch haben sich die Konditionen so weit verschlechtert, dass selbst Akteure wie Wohnungsunternehmen, die über stabile Cash-Flows aus kontinuierlichen Mieterträgen verfügen, zunehmend auch alternative Finanzierungsinstrumente in Betracht ziehen sollten. Darüber hinaus zeichnet sich ein weiteres Problem ab: Die Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank und die Flucht der Investoren in Bundesanleihen haben die Zinskosten für Immobilienfinanzierungen in den vergangenen Jahren deutlich unter das historische Niveau gesenkt. Diese Anomalie wird aber nicht von Dauer sein. Sobald die Zinssätze wieder anziehen, werden die Finanzierungskosten von Immobilienunternehmen deutlich steigen. Welchen Einfluss die Zinssätze auf die Rendite haben, zeigt die Abbildung.

Bei einem Immobilienunternehmen mit einem Verschuldungsgrad von 60 Prozent (Loan-to- Value-Ratio; LTV) mindert danach ein Zinsanstieg um 50 Basispunkte von 3,5 auf 4,0 Prozent die Rendite aus dem Cash-Flow der Mieteinnahmen bereits überproportional um 70 Basispunkte von 6,2 auf 5,5 Prozent. Bei einem Zinsanstieg um 100 Basispunkte auf 4,5 Prozent schrumpft die Rendite sogar um 150 Basispunkte auf nur noch 4,7 Prozent. Die Zahlen zeigen, wie wichtig ein aktives Finanzmanagement ist, um die Fremdkapitalkosten so gering wie möglich zu halten und gleichzeitig eine hohe Flexibilität bei der Finanzierung neuer Investments darstellen zu können.

Ein aktives Finanzmanagement wird daher für Immobiliengesellschaften immer wichtiger, um Unternehmen auf ein solides Fundament zu stellen. Dabei ist zu beachten, dass die Finanzstruktur dem Geschäftsmodell angepasst sein muss, will man die Risikostruktur nicht unnötig erhöhen. Neben den klassischen Finanzierungsformen wie Bankenkredite helfen dabei aber auch alternative Finanzierungsinstrumente. Dafür stehen den Gesellschaften verschiedene Finanzierungsformen zur Verfügung, die sich alle miteinander kombinieren lassen, um das Fremdkapitalmanagement zu optimieren. Vier von ihnen können von allen Immobilienunternehmen genutzt werden: das Schuldscheindarlehen, die Unternehmensanleihe, das Mezzanine-Darlehen und die Hybridanleihe. Auf das fünfte und sechste Instrument, die Wandelanleihe und die Kapitalerhöhung, können insbesondere Aktiengesellschaften zugreifen.

Kapitalerhöhungen

Bevor auf Fremdkapitalmittel zugegriffen wird, stellt sich die Frage nach der optimierten Eigenkapitalausstattung eines Unternehmens. Für die Finanzierung weiterer Immobilienkäufe ist es in der Regel unumgänglich, zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen, weil die meisten Branchenunternehmen nur über geringe finanzielle Reserven verfügen. Darüber hinaus können über Kapitalerhöhungen aber die Kosten bei der Refinanzierung bestehender Kredite gesenkt werden. Die Eigenkapitalerhöhung vermehrt in diesem Fall die Haftungsmasse des Unternehmens und reduziert so das Ausfallrisiko für die Banken. Die Institute müssen deshalb ihre Darlehen mit weniger Eigenkapital unterlegen und können ihre Zinskonditionen senken. Gerade bei Banken, die sich über den Pfandbriefmarkt refinanzieren können, ist ein erheblich positiver Unterschied in den eigenen Fundingkosten im Vergleich zu Banken, denen der Covered-Bond-Market verschlossen ist, zu sehen.

Kapitalerhöhungen können von Unternehmen aller Rechtsformen vorgenommen werden. Auch nicht börsennotierte Gesellschaften haben somit die Möglichkeit, durch zusätzliche Kapitaleinlagen ihrer Anteilseigner ihre Bonität zu verbessern und so Zugriff auf günstigere Finanzierungen zu erlangen. Bei kommunalen Wohnungsunternehmen setzt dies jedoch voraus, dass die Stadt als Eigentümer selbst über ausreichende Finanzkraft verfügt, um sich die Kapitalaufstockung leisten zu können.

Börsennotierte Gesellschaften haben es durch ihren Zugang zum Kapitalmarkt einerseits leichter, frische Liquidität aufzunehmen. Neben ihren eigenen Aktionären können sie auch fremde Investoren als Kapitalgeber gewinnen. Andererseits müssen sie überzeugend darlegen, warum es für Alt- und Neuanleger sinnvoll ist, in das Unternehmen zu investieren. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass die mit den Kapitalerhöhungen finanzierten Maßnahmen den Eigenkapitalwert und somit den Börsenwert des Unternehmens erhöhen und über die Profitabilität auch höhere Dividendenauszahlungen ermöglichen. Deshalb nehmen Immobilienaktiengesellschaften Kapitalerhöhungen in der Regel dann vor, wenn sie dadurch ihr Portfolio durch günstige Zukäufe langfristig renditesteigernd erweitern können.

In Deutschland und am internationalen Kapitalmarkt gibt es unterschiedliche Auffassungen über den idealen Zeitpunkt für Kapitalerhöhungen. Zum Teil wird eine Kapitalmaßnahme nur dann unterstützt, wenn der Aktienkurs sich über, am oder zumindest sehr nahe zum Net Asset Value (NAV) befindet. Nur in diesem Fall werden die Anteile der Altaktionäre durch die Ausgabe neuer Aktien nicht oder nur geringfügig verwässert. Die Hürde für die Profitabilität von Akquisitionen sinkt damit. Dies kann allerdings zu erheblichen Einschränkungen in Hinblick auf das unter Umständen benötigte Wachstumskapital führen. Andere Marktteilnehmer der Investoren-Community sehen das Vorhandensein eines Discounts oder einer Prämie zum NAV als sekundär an, solange über Bezugsrechte im Rahmen einer Kapitalerhöhung sichergestellt wird, dass keine Vermögensnachteile für bestehende Aktionäre eintreten. Die Profitabilität einer Akquisition kann dabei an der Steigerung der Gesamtrendite nach Akquisition gemessen werden. Diese Betrachtung ermöglicht eine flexiblere und immobilienmarktadäquatere Generierung von Wachstumskapital. US-REITs haben sich massive Kapitalerhöhungen von ihren Aktionären genehmigen lassen, um die seit Beginn der Finanzkrise im Herbst 2008 gesunkenen Immobilienpreise zur Erweiterung ihrer Portfolios zu nutzen. Nach Berechnungen des Branchenverbands NAREIT zeichneten Investoren 2011 in den USA neue Aktien und Wandelanleihen von Branchenunternehmen im Gesamtwert von 51,3 Milliarden US-Dollar - und die Analysten applaudierten dazu.

Zu beachten ist allerdings, dass die "Kriegskasse" die Profitabilität der Immobilienunternehmen beeinträchtigt, da die Kontoliquidität im Regelfall eine geringere Rendite erwirtschaftet als die getätigte Immobilieninvestition. Bei der Bewertung der Sinnhaftigkeit einer Eigenkapital-/ Fremdkapitalmaßnahme ist immer die Balance zwischen dem Risikoprofil, dem Geschäftsmodell, der Profitabilität und der Kapitalmarktbewertung zu beachten.

Unternehmensanleihen

Unternehmensanleihen sind Wertpapiere, die von Gesellschaften zu einem vorab festgelegten Zinssatz und einer zeitlich begrenzten Laufzeit begeben werden. Das aufgenommene Kapital wird am Ende der Laufzeit den Investoren rückerstattet, die Zinsen jährlich oder unterjährig ausgezahlt. Gegenüber immobiliengesicherten Bankfinanzierungen sind die Anleihen nachrangig besichert. Zu welchem Zinssatz Anleihen begeben werden können, hängt vom allgemeinen Umfeld an den Kapitalmärkten und der Bonität des emittierenden Unternehmens ab. In den vergangenen Jahren hat die Staatsschuldenkrise Investoren zunehmend Zuflucht in Unternehmensanleihen suchen lassen und damit deren Zinssätze auf ein Rekordtief getrieben. Davon können Immobiliengesellschaften durch die Emission langlaufender Anleihen profitieren. Die Aufschläge für zehnjährige Anleihen gegenüber fünfjährigen sind derzeit minimal.

Allerdings bilden die Zinsen nicht die alleinigen Kosten. Da sind zum einen die Honorare der emissionsbegleitenden Banken. Zum anderen müssen die Gebühren der Ratingagenturen bezahlt werden, damit diese die Bonität des Emittenten und seiner Bonds bewerten. Zwar haben Immobilienunternehmen in der Vergangenheit versucht, Anleihen ohne Rating zu platzieren. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass dies nur schwer und nur zu deutlich höheren Zinssätzen möglich ist. Aufgrund der gesamten Kostenstruktur eignen sich Anleihen deshalb nur für Unternehmen, die über dieses Instrument einen Kapitalbedarf in mindestens zweistelliger Millionenhöhe abdecken wollen.

Wandelanleihen

Wandelanleihen sind das einzige Kapitalbeschaffungsinstrument, was der Rechtsform der Aktiengesellschaften vorbehalten ist. Wie bei einer herkömmlichen Anleihe sind bei diesen Convertible Bonds Zinssatz und Laufzeit festgelegt. Allerdings hat das emittierende Unternehmen entweder das Recht oder die Pflicht, die Rückzahlung nicht in bar, sondern in Aktien vorzunehmen, sobald der Börsenkurs zum Endfälligkeitstermin eine bestimmte Marke über- oder unterschritten hat. Die genaue Ausgestaltung der Wandelanleihe hat dabei erheblichen Einfluss auf die Höhe der Zinskosten. Parameter sind unter anderem hierbei vorzeitige wechselseitige Ablösungsrechte, die Anpassung der Konditionen bei zwischenzeitlichen Dividendenausschüttungen und auch die Laufzeit in Relation zum Wandlungspreis.

Umgekehrt müssen Unternehmen in der Regel nur Zinsen unter dem zum Emissionszeitpunkt üblichen Anleihen-Zinsniveau zahlen. Denn für Investoren bieten diese Konstruktionen neben den sicheren Zinseinnahmen die Chance auf zusätzliche Erträge durch Kursgewinne der Aktien. Die emittierenden Unternehmen profitieren dabei nicht nur von den niedrigen Zinskosten. Bei der Tilgung der Anleihe in Aktien wird das aufgenommene Fremdkapital zugleich automatisch zu Eigenkapital. Denn jede Wandlung stellt aktienrechtlich eine Kapitalerhöhung dar, insofern steigt damit das Grundkapital. Übt der Zeichner sein Wandlungsrecht allerdings nicht aus, erstattet der Emittent am Ende der Laufzeit den aufgenommen Betrag zurück. Vor der Emission müssen sich die Gesellschaften allerdings durch einen Beschluss der Hauptversammlung mit Zweidrittel-Mehrheit die Ausgabe neuer Aktien zur Deckung der Wandelanleihe genehmigen lassen.

Wandelanleihen werden bisher in Deutschland von börsennotierten Immobiliengesellschaften kaum als Finanzierungsform genutzt. Im Gegensatz dazu haben viele internationale Immobilienunternehmen Wandelanleihen bereits emittiert. 2010 entfielen rund 16 Prozent des gesamten europäischen Emissionsvolumens von Wandelanleihen auf Immobiliengesellschaften. Zwischen Juli 2008 und Juni 2012 wurden von börsennotierten Immobiliengesellschaften in Europa Wandelanleihen für rund 4,22 Milliarden Euro ausgegeben. Zum Vergleich: In derselben Zeit emittierten Unternehmen Dax, MDax und TecDax nach Angaben von Société Générale rund 11,22 Milliarden Euro an aktiengebundenen Anleihen. Die Wandelanleihe ist aufgrund ihrer Struktur zur Kapitalgenerierung als Ergänzung der Corporate-Finance-Instrumente geeignet. Jedoch hängt eine Platzierung von den Rahmenbedingungen am Kapitalmarkt ab. Diese sind unter anderem die Aufnahmebereitschaft von Investoren, der eigene Aktienkurs und auch das Vorhandensein alternativer Anlageklassen.

Hybridanleihen

Hybridanleihen sind im letzten Rang besichert. Zudem gewähren sie dem Emittenten das Recht, Zinszahlungen unter bestimmten Bedingungen aussetzen oder verschieben zu können. Darüber hinaus werden Hybridanleihen mit sehr langen Laufzeiten oder ohne Laufzeitbegrenzung ausgegeben. Investoren fordern für die deutlich höheren Risiken entsprechend attraktivere Zinskonditionen als bei gewöhnlichen Unternehmens- oder Wandelanleihen.

Für Immobiliengesellschaften, deren Geschäftsmodell höhere Renditen erwirtschaftet, können Hybridanleihen dennoch ein interessantes Instrument im Rahmen der Gesamtfinanzierungsstrategie sein. Denn das bei der Emission von Hybridanleihen aufgenommene Fremdkapital kann wegen der geringen Verpflichtungen gegenüber den Investoren bilanzrechtlich dem Eigenkapital zugerechnet werden. Das stärkt die Bonität des Unternehmens gegenüber finanzierenden Banken und verbessert so die Zinskonditionen bei deren Darlehen.

Mezzanine-Finanzierungen

Mezzanine-Finanzierungen können wie Hybridanleihen dem Eigenkapital zugerechnet werden. Dazu muss das Fremdkapital jedoch als im letzten Rang besicherte stille Beteiligung oder in Form von Genussrechten aufgenommen werden. Partiarische Mezzanine-Darlehen, deren Zinssatz an den Unternehmensgewinn gekoppelt ist, müssen hingegen wie Fremdkapital bilanziert werden. Die Zinssätze für Mezzanine-Finanzierungen sind in der Regel etwas geringer als bei Hybridanleihen, weil die Laufzeit dieser Darlehen meist auf fünf bis zehn Jahre beschränkt ist.

Die einzelnen alternativen Finanzierungsformen lassen sich auf verschiedene Weise kombinieren. Bevor Gesellschaften in eine Refinanzierung oder die Aufnahme neuen Fremdkapitals einsteigen, ist es für ihre Finanzvorstände in jedem Fall sinnvoll, Szenarien auszuarbeiten, wie sich mit diversen Kombinationen der einzelnen Instrumente der Liquiditätsbedarf und die Gesamtfinanzierungskosten optimieren lassen.

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