Schwerpunkt: Gebäudemanagement

Minimierung der Betreiberrisiken bei Bankfilialen am Beispiel der Sparkasse Rhein-Nahe

Mit Blick auf den stärker werdenden Wettbewerb suchen Banken und Sparkassen konsequent nach Kostentreibern in den eigenen Reihen. Die Sparkasse Rhein-Nahe untersuchte in diesem Zusammenhang auch Optimierungspotenziale im Immobilienmanagement. Im Rahmen einer Reorganisation setzten sich die Fachexperten des Geldhauses mit den Prozessen der Bewirtschaftung ihrer Anlagen auseinander und stießen dabei auf vielfältige Verbesserungsoptionen. Die Reduzierung der Betreiberrisiken, eine effiziente Ausrichtung der Instandhaltungs-/Störungs- und Wartungsprozesse sowie eine gebäudebezogene Budgetierung und Kostentransparenz standen dabei im Fokus der Überlegungen. In drei Monaten konnten dank der optimalen Ausrichtung bestehender Bewirtschaftungsprozesse und deren Dokumentation konkrete Handlungsfelder erkannt werden, die eine spürbare Risikominimierung ermöglichen.

Rechtlicher Rahmen

In den aktuellen Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 15. Dezember 2010 wird im Allgemeinen Teil (AT) Abschnitt AT 4.3.2 gefordert, dass Immobilienbetreiber wesentliche Risiken frühzeitig erkennen müssen. In AT 5 und 6 werden darauf aufbauend die Anforderungen an die interne Organisation und Dokumentation beschrieben. Im Kontext zu den bestehenden gesetzlichen Anforderungen an Immobilieneigentümer lassen sich somit wichtige Aufgaben im Immobilienmanagement für Banken und Sparkassen ableiten.

Auf diese Anforderungen geht im Übrigen auch die Richtlinie 190 der German Facility Management Association (GEFMA) ein. An theoretischer Grundlage mangelt es also nicht. Dennoch stehen die Institute regelmäßig vor folgenden Fragen: Welche Verantwortung trägt der Betreiber? Wer ist eigentlich "Betreiber" einer Immobilie? Welche Aufgaben sind mit den Betreiberpflichten verbunden? Auf diese und weitere Fragen müssen die Geschäftsleitungen von Banken und Sparkassen Antworten finden, gleichermaßen gilt dies auch für den kommunalen und privaten Bereich.

Die gesetzlichen Betreiberpflichten unterteilen sich laut GEFMA-Richtlinie in Unternehmenspflichten und persönliche Pflichten (siehe Abbildung). Beide Kategorien sind in weitere Teilelemente gegliedert, die wiederum wichtige Aufgaben zusammenfassen. Einige wesentliche Organisationspflichten der Unternehmensleitung wären beispielsweise:

- eine geeignete Aufbauorganisation festlegen,

- geeignete und qualifizierte Führungskräfte einsetzen,

- Gefährdungsbeurteilungen veranlassen und dokumentieren,

- Ablauforganisation (Prozesse) festlegen und überwachen.

Insbesondere in der Erfüllung der persönlichen Pflichten lassen sich in der Praxis Umsetzungsschwierigkeiten festmachen. Die Erfahrungen der P3N-Experten zeigen beispielsweise, dass im Bereich der speziellen Pflichten und der Durchführungspflichten weitestgehend operativ gehandelt wird. Hinsichtlich der Führung und Kontrolle sowie bei den Organisationspflichten der Unternehmensleitung beobachten die Berater hingegen regelmäßig große Defizite. Eine wirksame Erfüllung der gesetzlichen Betreiberpflichten erfordert aber gerade in diesen beiden Pflichtkategorien klare Regelungen und nachvollziehbare Dokumentationen in Form von Arbeitsanweisungen, Erfüllungsnachweisen, Kontrollbelegen und insbesondere von Prozessbeschreibungen.

Die aus den Betreiberpflichten resultierenden Aufgaben in der Immobilienbewirtschaftung sind komplex und bedürfen einer ausgewogenen Strategie. Dabei muss auch das eigene Ressourcenmanagement eindeutig definiert werden: Was kann/muss der Eigentümer selbst tun? Was kann und sollte aus wirtschaftlichen Gründen an einen externen Dienstleister delegiert werden? Allerdings ist selbst bei einem umfänglichen Outsourcing der speziellen Pflichten und auch der Durchführungspflichten die Betreiberverantwortung nicht vollständig delegierbar. Damit bleibt speziell die Kontrolle und Überwachung (auch im Sinne einer Dienstleistersteuerung) Aufgabe des Immobilieneigentümers.

Diese Herausforderung lässt sich nur mit geordneten Abläufen meistern. Ein wesentlicher Baustein ist dabei ein dokumentiertes und gelebtes Prozessmodell für die Immobilienbewirtschaftung. In dem Zusammenhang lohnt oftmals, erst recht bei zunehmendem Immobilienbestand, die Zuhilfenahme entsprechender IT-Anwendungen - die nicht immer gleich eine komplexe CAFM-Software sein müssen. Entscheidend ist letztlich die sinnvolle Unterstützung der Prozesse, Dokumentationen sowie der Abbildung von Regelwerken und Eskalationsmechanismen und vor allem eines zentralen, stimmigen und verfügbaren Datenbestandes.

Mit dem Ziel, ihre operationellen Betreiberrisiken zu reduzieren und die Bewirtschaftung effizienter zu gestalten, nimmt die Sparkasse Rhein-Nahe am Rollout-Projekt des DSGV "Management eigener Immobilien" teil. Die bislang daraus gewonnenen Erkenntnisse nutzten die Fachverantwortlichen aus dem Institut in Zusammenarbeit mit der P3N Beratungs GmbH unter anderem für eine Reorganisation ihrer Immobilienprozesse (Februar bis Juni 2012).

Gleichzeitig prüfte das Projektteam in diesem Zusammenhang den Nutzen einer entsprechenden IT-Unterstützung. Ohne die eindeutige, gemeinsame Zieldefinition und einen detaillierten Überblick über die Ausgangslage kann kein Projekt gelingen. Darum schuf die Sparkasse Rhein-Nahe eine solide Basis und erörterte beispielsweise zu Projektbeginn gemeinsam mit den P3N-Beratern zunächst einmal die Zielstellungen hinsichtlich der Reorganisation und einen damit verbundenen IT-Einsatz. Anschließend wurden die daraus abgeleiteten konkreten Ziele mithilfe der Zielpräferenztechnik priorisiert.

Nun konnten die Mitarbeiterinterviews und -workshops beginnen, die im Sinne einer grundlegenden Bestandsaufnahme Schwachstellen in den bestehenden Prozessen und Strukturen aufdeckten. Die so gewonnenen Ergebnisse flossen in eine SWOT-Analyse ein, die mit der Immobilienbewirtschaftung verbundene Chancen sowie die Schwächen mit den darin enthaltenen Risiken verdeutlichte. Diese Herangehensweise erwies sich nicht nur methodisch als vorteilhaft, sondern auch zwischenmenschlich: Die intensiven und aussagestarken Analyseworkshops schafften ein gegenseitiges Verständnis der Mitarbeiter, insbesondere zwischen der "kaufmännischen Fraktion" und den "Technikern".

Modellieren neuer Prozesse

Im ersten Schritt konzentrierte sich das Projektteam auf die Kernaufgaben des Facility Managements, wie beispielsweise Instandhaltungs- und Störungsmanagement, Budgetierung/Controlling, Vertragsmanagement, Mietmanagement (An-/Vermietung) und Betreiberpflichten. Jedes einzelne Aufgabenpaket nahmen die Fachexperten unter die Lupe. Die Potenzialanalyse der bislang etablierten Prozesse zeigte schnell Raum für eine spürbare Effizienzsteigerung.

Auch hier erwies sich die frühzeitige Einbeziehung der involvierten Mitarbeiter als sinnvoll. Mit ihrer Hilfe entstanden bei der Modellierung der Sollprozesse keine theoretischen "Musterprozesse", sondern gemeinschaftlich erarbeitete Praxisabläufe - ein Vorgehen, das der ohnehin schon entstandenen Transparenz weiterhin zuträglich war. Auf diese Weise wurde innerhalb kurzer Zeit eine neue Prozesslandkarte, die revisionssichere Dokumentation und das Daten- und Berichtskonzept für das Immobilienmanagement geschaffen. Grundsätzlich ist eine Analyse möglicher IT-Unterstützungswerkzeuge erst nach Festschreibung der künftigen Prozessabläufe sinnvoll. Die Sparkasse Rhein-Nahe erkannte, dass sie eine zentrale IT-Anwendung für die Überwachung der mit ihrer Betreiberaufgabe in Zusammenhang stehenden Herausforderungen braucht. Nicht nur im Sinne der Risikobetrachtung, auch für die ordnungsgemäße Wahrung der Betreiberpflichten erweist sich diese Variante im Vergleich zu einer zeitaufwendigen Auswertung diverser XLS-Dateien oder Notes-Datenbanken als vorteilhaft.

Nun stellte sich die Frage, welcher Dienstleister und welcher Lösungsansatz zu der neuen Prozesslandkarte passt. Dank der restriktiven Vorgaben der Sparkasse blieben die Aufwände für die anschließende Auswahl eines passenden Lieferanten überschaubar. CAFM-Lösungsanbieter, in deren Anwendungen wesentliche Merkmale (zum Beispiel Schnittstellen) fehlten oder sich deutliche Abweichungen zwischen der Funktionalität der Systeme und den Prozessanforderungen zeigten, konnten sich im Auswahlprozess nicht durchsetzen. Übrigens spielte die Einbindung der Mitarbeiter als künftige Systemanwender in der Phase der Lösungsauswahl eine wichtige Rolle. Sie bewerteten die Anbieter im Rahmen einer Nutzenbewertung, die wiederum in die nachfolgende Kosten-Nutzen-Analyse einfloss.

Umsetzung

Die praktische Umsetzung der rechtlichen Pflichten für Immobilienbetreiber muss sich nicht schwieriger als notwendig gestalten. Modellieren Banken und Sparkassen im Sinne der Erfüllung ihrer Betreiberpflichten ihre Prozesse zielführend, haben sie ihre Risiken schnell im Griff. In der Sparkasse Rhein-Nahe ist dieser Schritt gelungen. Mit der neuen gemeinsam gestalteten Prozesslandkarte kann das Institut nun schrittweise die erarbeiteten Lösungsansätze umsetzen und seine Liegenschaften künftig effizienter bewirtschaften. Im September 2012 begann die Spar kasse Rhein-Nahe die Umsetzung der festgelegten Maßnahmen.

Frank Hummel , Mitglied des Vorstands, P3N AG , Werdau
Noch keine Bewertungen vorhanden


X