Schwerpunkt Non-Performing Loans

"Aus der Not heraus verkauft derzeit kaum jemand"

I& F Wie hat sich der NPL-Markt im vergangenen Jahr entwickelt? Was sind Ihre Erwartungen für 2014 ff.?

Es hat im vergangenen Jahr einige größere NPL-Transaktionen gegeben, überwiegend mit gewerblichen immobilienbesicherten Forderungen. Verkäufer waren nicht selten internationale Institute, die ihre Bestände in Deutschland zurückfahren. Umgekehrt haben deutsche Banken Veräußerungen im Ausland angestoßen. Man denke nur an die Forderungsverkäufe der Commerzbank in UK und aktuell in Spanien. Des Öfteren waren es aber keine reinen NPL-Pakete, sondern Non-Core Assets, das heißt gemischte Portfolios mit performing und Non-Performing Loans und zum Teil auch mit verschiedenen Besicherungen. So haben sich dann zumeist auch Konsortien gebildet, die ihren jeweiligen Fokus auf die eine oder die andere Forderungsart oder Forderungsgüte gelegt haben. Für 2014 ist mit einem ähnlichen Bild zu rechnen, das heißt der Abbau nichtstrategischer Portfolios wird voranschreiten.

I& F Welche Erwartungen haben Sie an den AQR und den Stresstest durch die EZB? Wird das den Handel mit notleidenden oder nicht-strategischen Portfolios beflügeln?

Das ist zumindest unsere Hoffnung. Sämtliche großen Banken sind derzeit vollumfänglich mit diesem Thema beschäftigt und allokieren riesige Kapazitäten darauf, die Anforderungen der EZB zu erfüllen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass dies spurlos, also ohne Konsequenzen, an allen Instituten vorübergeht. Es werden sicherlich Maßnahmen zur Bilanzbereinigung oder -verkürzung sowie der Abbau einzelner Assetklassen notwendig werden und daraus sollten sich dann auch Potenziale für die NPL-Branche er geben.

I& F Was sind die wesentlichen Trends, werden wir wieder mehr Transaktionen sehen? Und welche Art von Forderungen wird verstärkt gehandelt werden: Unternehmensforderungen, Konsumentenkredite oder Immobilienfinanzierungen?

Die ersten fünf Monate haben eine Anzahl an kleinen und mittelgroßen Paketen mit immobilienbesicherten Forderungen gezeigt. Interessanterweise waren bei den immobilienbesicherten Forderungen sehr viele Zweitmarktverkäufe dabei, das heißt der ursprüngliche Erwerber hat seine Forderungen weiterveräußert. Zum Teil sind diese dann mittlerweile schon in dritter, vierter oder fünfter Hand - mit entsprechend sinkenden Potenzialen. Des Weiteren sind es vor allem Unternehmensforderungen, Konsumentenkredite und Schiffskredite, die gehandelt werden. Aus dem Asset Quality Review sowie dem EZB-Stresstest werden sich aber - vorsichtig prognostiziert - eher Auswirkungen auf Unternehmensforderungen, Immobilienfinanzierungen und die oben erwähnten Schiffsfinanzierungen sowie hier nicht aufgelistete Forderungsklassen wie Staatsanleihen und strukturierte Produkte ergeben.

I& F Sind Banken derzeit überhaupt bereit, Kredite oder Portfolios zu verkaufen? Die Liquiditätslage der Kreditinstitute wie ihrer Kunden ist schließlich gut.

Das stimmt und ist aus diesem Grunde zugleich auch einer der größten Hinderungsgründe für Banken. Aus der Not heraus verkauft derzeit kaum jemand. Es sind eher Verkäufe, die sich bei den Instituten als Bestandteil des Workouts etabliert haben. Das heißt, einige Institute verkaufen regelmäßig bestimmte Klassen von Forderungen, die sie selbst nicht mehr bearbeiten wollen oder können. Dies hat jedoch nichts mit einer Drucksituation zu tun.

I& F Nach welchen Kriterien entscheiden sich Banken und Sparkassen für einen Verkauf oder für die Betreuung im eigenen Haus?

Hierzu gibt es viele Gründe, die von Bank zu Bank unterschiedlich sind. Generell ist es die Sorge davor, mit einem Forderungsverkauf keine attraktiven Preise zu erzielen und dadurch weitere Abwertungen zu bewirken (gilt überwiegend jedoch nicht für Konsumentenkredite). Ferner sind oftmals Kapazitäten in ausreichendem Maße vorhanden und es herrscht die Meinung vor, die Forderungen doch intern mindestens genauso gut bearbeiten zu können wie ein externer Experte. Sparkassen sowie auch der Volksbankensektor führen des Weiteren immer wieder Reputationsgründe an, die sie gegen einen Verkauf entscheiden lassen. Auch besteht bei ihnen mehr die Bereitschaft, auch in der größten Krise zu ihren Kunden zu stehen. Ich glaube allerdings, dass in vielen Fällen auch die Potenziale und die positiven Bilanzeffekte, die sich im aktuellen Verkäufermarkt ergeben können, unterschätzt werden. Ich würde mir wünschen, dass die Kosten-Nutzen-Betrachtung einer Inhouse-Bearbeitung mehr in den Vordergrund geschoben wird.

I& F Es ist von Investorenseite viel Geld im Markt, werden die Preise für Portfolios steigen? Mit welchen Abschlägen werden Kredite derzeit etwa gehandelt?

Wir haben über alle Forderungsklassen hinweg derzeit die Situation, dass es nur wenig Angebot im Markt gibt, sich auf der anderen Seite aber eine Vielzahl an zahlungskräftigen Investoren tummelt, die auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten sind. Bei diesem Nachfrageüberhang steigen naturgemäß die Preise. Das ist für Investoren keine ideale Situation, weil umso schärfer kalkuliert werden muss. Für die verkaufenden Banken sollten sich hieraus jedoch wirklich attraktive Potenziale ergeben.

I& F Wie haben sich die Wettbewerbsverhältnisse der Kreditankäufer und Special Servicer entwickelt, wie hoch ist der Wettbewerbsdruck?

Der Wettbewerbsdruck ist enorm, was überwiegend am Verkäufermarkt liegt. Zu viele Investoren und Servicer treffen auf zu wenig Angebot. Das heißt, es geht nur über Spezialisierung, kontinuierliche Verbesserungen, Networking, langfristige Partnerschaften und auch die Bereitschaft, mit mehr Risiko geringere Renditen zu akzeptieren.

I& F Wie hat sich die Rolle der Special Servicer in den vergangenen Jahren verändert, welche Art von Dienstleistungen wollen Banken und Unternehmen?

Während das Outsourcing seitens der deutschen Kreditinstitute für den Bereich der besicherten NPLs weiterhin keine signifikante Rolle spielt, nutzen Investoren die Dienstleistungen der Special Servicer in einem erweiterten Umfang als bisher. Neben dem klassischen NPL Servicing werden insbesondere zusätzliche Leistungen zum Umgang mit Immobilien abgerufen (beispielsweise Steuerung von Asset Managern, Projektentwicklern). Bei nichtstrategischen Portfolien sind häufig auch sogenannte "Performing Loans" beigemischt, die seitens der Special Servicer zu betreuen sind. Da es sich hier um ungekündigte Darlehen handelt, sind erhöhte Anforderungen an Datenschutz sowie an die Abbildung in den Applikationsanwendungen zu beachten.

I& F Welche Rollen spielen Bad Banks wie die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) oder die FMS Wertmanagement für den NPL-Handel? Sind diese eher Beförderer oder Verhinderer, weil sie zu lange halten?

Ein Beförderer des NPL-Handels sind diese Institute sicher nicht, als Verhinderer möchte ich sie aber auch nicht bezeichnen. Beide Bad Banks verfügen noch über riesige Bestände, vielfach jedoch im Ausland und vielfach jedoch in Forderungsklassen, die die breite Masse der NPL-Käufer gar nicht anspricht (dafür eher Spezialinvestoren). Darüber hinaus fehlt beiden Instituten ein wichtiges Merkmal, das den Handel mit NPLs immer wieder determiniert: Zeitdruck. Die Businesspläne haben eine sehr lange Laufzeit, das heißt bei entsprechend langfristigen Zielen können die Institute opportunistisch agieren.

I& F Hat sich auch das Image verändert - gehört der Verkauf von Krediten mittlerweile zum "normalen" Bankgeschäft?

Das ist in der Tat für viele Banken so - die Sparkassen und Volksbanken vielleicht einmal ausgenommen, die nach wie vor eher Lösungen innerhalb ihres jeweiligen Verbunds bevorzugen. Das Stigma "Kreditverkauf" ist jedoch passé. Das mag verschiedene Gründe haben: Die Branche hat sich professionalisiert, die Gesellschaft hat sich daran gewöhnt und die gesetzlichen Rahmenbedingungen (Stichwort: Risikobegrenzungsgesetz) haben ihren Teil dazu beigetragen. I& FWie ist eigentlich Ihr Verhältnis zu Verbriefungen, ist das Konkurrenz für den NPL-Handel?

Verbriefungen sehe ich nicht als Konkurrenz für den NPL-Handel, weil es sich hierbei meist um andere Forderungsqualitäten handelt. Überwiegendes Argument der Banken hierfür ist das Thema Refinanzierung. Das spielt bei NPL-Verkäufen zwar auch immer mit, ist aber zumeist nicht das ausschlaggebende Argument.

I& F An welchen Stellen, bei welchen Themen ist die BKS derzeit am meisten gefordert?

Wir versuchen, die Betroffenheit unserer Mitglieder bei einigen Themen gebündelt gegenüber Politik und Gesetzgeber darzulegen. Aktuell beschäftigt uns vor allem die heiß diskutierte Reform der Insolvenzanfechtung, speziell der Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO. Hier haben wir uns intensiv in die politische Diskussion eingebracht und auch einen eigenen Lösungsvorschlag erarbeitet. Ferner fördern wir gerade die Verständigung der Mitglieder untereinander in Bezug auf die Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung im internationalen Umfeld. Und zu guter Letzt arbeiten wir mit einer Arbeitsgruppe an einer "NPL-Kennzahl". Wir versuchen, das Thema wissenschaftlich aufzuarbeiten und der Branche verlässliche Zahlen zu liefern.

I& F Welche Rahmenbedingungen empfinden Sie als besonders hinderlich für einen stärkeren Handel mit Krediten?

Die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen sind eigentlich in Ordnung. Es ist eher der Umstand, dass in Politik und Medien immer noch alles, was aus der Finanzbranche kommt, pauschal als negativ angesehen wird. Ich würde mir etwas mehr Differenzierung bei der Beurteilung wünschen, was schlecht ist und was nicht. NPL-Verkäufe gehören - entgegen der landläufigen Meinung - sicher nicht dazu. Das ist aber - zugegeben - erklärungsbedürftig. Die Beurteilung des Handels mit NPLs muss sich vom persönlichen Schicksal des einzelnen Kreditnehmers entfernen.

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