Hypothekenprocessing

Outsourcing komplexer Prozesse - Erfahrungen einer Großsparkasse

Dezentralität und Kundennähe gehören zweifelsohne zu den spezifischen
Stärken der deutschen Sparkassen. Im sich verschärfenden Wettbewerb
wird es allerdings immer schwieriger, betriebswirtschaftliche
Notwendigkeiten und unternehmerisches Agieren vor Ort in Einklang zu
bringen. Nur über die Addition von Mengenvolumina können Synergie- und
Skaleneffekte erzielt, Rationalisierungspotenziale erschlossen,
Spezialisierungsvorteile genutzt sowie Investitionen in
zukunftsträchtige Geschäftsfelder getätigt werden - die wesentlichen
Voraussetzungen für die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der
regional verankerten Sparkassen.
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Outsourcing in mehreren Migrationsstufen
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Aus dieser Erkenntnis heraus hat sich die Sparkasse Köln-Bonn die
Erfolgsformel der Industrie zu eigen gemacht, nach der nicht zum
Kerngeschäft gehörende Arbeitsprozesse zentralisiert, standardisiert
und nach Möglichkeit auf externe Betriebe übertragen werden. Bereits
seit Mitte der achtziger Jahre wurden und werden zahlreiche Leistungs-
und Funktionsbereiche, die nicht bankspezifisch sind oder im
Zusammenhang mit der Abwicklung von Bankgeschäften fernab vom Kunden
entstehen, ausgelagert (siehe Abbildung 1). Die Leitlinie auf dem Weg
zur Vertriebssparkasse lautet: Beratung und Verkauf so dezentral und
nah am Kunden wie möglich - alle Aufgaben und Prozesse, die keinen
direkten Bezug zum Kunden und zum Vertrieb haben, so zentral und
gebündelt wie möglich.
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Die Umsetzung der Outsourcing-Strategie erfolgt bei jedem
Auslagerungsprojekt in mehreren Migrationsstufen: Der Zentralisierung
der Aufgaben und Prozesse an einer Stelle im Haus folgt in der zweiten
Stufe die ebenfalls institutsinterne Prozessoptimierung durch
Standardisierung. Erst danach werden die Prozesse auf eigens für
diesen Zweck gegründete Servicegesellschaften (als Kooperations-,
Tochter- beziehungsweise Beteiligungsunternehmen mit anderen
Sparkassen) oder auf spezialisierte externe Anbieter übertragen (siehe
Abbildung 2).
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Durch die Bündelung großer Mengen gleichartiger Geschäftsvorfälle und
ihre zentrale Bearbeitung erzielen die auslagernden Sparkassen hohe
Synergie- und Skaleneffekte. Neben signifikant sinkenden
Abwicklungskosten profitieren die Institute von einer steigenden
Abwicklungsproduktivität, die in den Servicegesellschaften durch
Workflow-Orientierung, Automatisierung und weitere Maßnahmen erzielt
wird. Weitere Vorteile ergeben sich für die Sparkassen aus
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- der Optimierung ihrer Fixkostenstruktur im Hinblick auf IT,
Infrastruktur, Personal und Raum,
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- der Nutzung des spezialisierten Knowhows, das mehr
Abwicklungssicherheit, höhere Abwicklungsqualität und laufende
Prozessinnovationen garantiert, sowie
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- der schnelleren Realisierung und Markteinführung von
Produktinnovationen. Die Sparkasse Köln-Bonn sowie die weiteren
Sparkassen, die als Mitgesellschafter an den Serviceunternehmen
beteiligt sind, erzielen darüber hinaus zusätzliche Erträge, indem sie
die Leistungen auch anderen Finanzdienstleistern im Rahmen von
Mandantenverträgen anbieten. Zu den jüngeren und besonders
anspruchsvollen Outsourcing-Initiativen zählt die Auslagerung der
Marktfolgetätigkeiten im Kreditgeschäft. An diesem Beispiel soll im
Folgenden der Prozess verdeutlicht werden, an dem sich die Sparkasse
bei ihren Outsourcing-Projekten orientiert.
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Auslagerung der Marktfolgetätigkeiten
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Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen und guten Erfolge mit
Servicegesellschaften ist die Sparkasse Köln-Bonn zu der Überzeugung
gelangt, dass auch im Kreditgeschäft strukturelle Optimierungen
entlang der Wertschöpfungskette möglich sind. Ein Blick auf die
Situation im Kreditgeschäft der Banken und Sparkassen macht deutlich,
warum gerade in diesem Kerngeschäftsfeld neue Wege beschritten werden
müssen, um dauerhaft sowohl die Kosten-Ertrags-Relation zu verbessern
als auch ein qualitativ orientiertes Wachstum sowie eine stärkere
Berücksichtigung von Risikoaspekten zu erreichen:
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- Die wachsenden Anforderungen der Kunden im Hinblick auf
Beratungsqualität, kurze Bearbeitungszeiten und günstige Konditionen
wirken sich ebenso auf die Kosten der Institute aus wie
organisatorisch anspruchsvolle Vorgaben des Gesetzgebers und der
Aufsicht (zum Beispiel Basel II, die Mindestanforderungen an das
Kreditgeschäft).
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- Der zunehmende Wettbewerb mit besonders preisaggressiv agierenden
Finanzdienstleistern drückt die Margen.
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- Die steigende Anzahl von Unternehmens- und Privatinsolvenzen zwingt
die Kreditinstitute zu einer hohen Risikovorsorge.
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Vor diesem Hintergrund wurde im Jahr 2003 zusammen mit weiteren
rheinischen Sparkassen das Projekt zur Gründung einer zentralen
Kredit-Serviceagentur als Kompetenzcenter für Aufgaben der
Kreditsachbearbeitung und -analyse gestartet.
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Auch bei der Auslagerung der Marktfolgetätigkeiten im Kreditgeschäft
ging die Sparkasse Köln-Bonn nach den Migrationsstufen vor, die sich
bereits bei ihren früheren Outsourcing-Projekten bewährt hatten:
Zentralisierung, Optimierung, Standardisierung und Vereinheitlichung
von Produkten, Prozessen, Organisationsstrukturen und Schnittstellen
sowie Vereinheitlichung der IT-Unterstützung. Als besonders
vorteilhaft erwies sich hierbei die in der Sparkassen-Finanzgruppe
zentral entwickelte Modellorganisation für effiziente
Kreditbearbeitung (Modell K). Diese Modellorganisation zielt ab auf
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- eine Vereinfachung von Produkten und Abläufen im Mengengeschäft,
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- eine MaK-konforme Aufgabenverteilung zwischen dem Kreditgeschäft im
Markt und die dem Vertrieb nachgelagerte Kreditbearbeitung sowie
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- eine Aufwertung der qualifizierten Marktfolgetätigkeiten,
insbesondere eine verbesserte Kreditrisikoanalyse.
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Bis zirka Ende 2006 werden bundesweit alle Sparkassen ihre
Kreditbearbeitung nach dieser Modellorganisation intern optimiert,
standardisiert und vereinheitlicht haben. Nur wenige Häuser gehen
soweit, auch eine institutsübergreifende Bündelung anzugehen, haben
aber zumindest die Voraussetzung dafür geschaffen, ihre Kreditanalyse
undsachbearbeitung auszulagern und in spezialisierten
Serviceunternehmen zu konzentrieren.
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Öffnung für weitere Sparkassen
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Ende 2005 nahm die Kredit-Serviceagentur Rheinland in Siegburg GmbH &
Co. KG ihre Arbeit auf. Gründungsgesellschafter sind die Sparkasse
Köln-Bonn, die 55 Prozent am Stammkapital hält, und die Kreissparkasse
Köln mit 45 Prozent. Während sich die bereits am Markt etablierten
Kreditfabriken weitgehend auf die Sachbearbeitung von Konsum- und
Wohnungsbaufinanzierungen beschränken, tritt die Kredit-Serviceagentur
der beiden rheinischen Sparkassen mit einem qualitativ hochwertigen
und komplexen Leistungsangebot an, das weit über eine fabrikmäßige
Abwicklung hinausgeht.
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Das Leistungsprogramm umfasst sowohl die Kreditanalyse als auch die
Kreditsachbearbeitung des gesamten Kreditneu- undbestandsgeschäftes
für die Kernsegmente Privat- und Individualkunden, Geschäfts-,
Gewerbe- und Firmenkunden sowie Mitarbeiterkredite und Organkredite.
Ab 2007, wenn die Kredit-Serviceagentur ihre Leistungen auch anderen
Kreditinstituten offerieren wird, ist eine schrittweise Ausweitung des
Angebotes auf Spezialfinanzierungen wie beispielsweise
Existenzgründungs-, Bauträger-, Kommunal-, institutionelle und
Projektfinanzierungen sowie Beteiligungen geplant (siehe Abbildung 3).
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Auf der Basis dieses umfassenden Leistungsprogramms können künftige
Mandanten auf ihren institutsindividuellen Bedarf zugeschnittene
Leistungspakete bei der Kredit-Serviceagentur beziehen. Für eine
optimale Realisierung der betriebswirtschaftlichen Effizienzvorteile
sollte jedoch die vollständige Auslagerung der Marktfolgetätigkeiten
im Kreditgeschäft angestrebt werden.
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Bearbeitungsprozess mit festen Schnittstellen und Zuständigkeiten
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Abbildung 4 macht am Beispiel eines Standard-Bearbeitungsprozesses die
Schnittstellen und die Aufgabenverteilung zwischen auftraggebender
Sparkasse und Kredit-Serviceagentur deutlich. Die Arbeit in der
Serviceagentur beginnt mit der Kredit- beziehungsweise
Bonitätsanalyse. Handelt es sich um eine gewerbliche Finanzierung, so
umfasst die Analyse die Bilanzauswertung, die Ermittlung der
Kapitaldienstfähigkeit, die Ermittlung, Überprüfung und Festsetzung
der Rating-Note sowie die Bewertung der Sicherheiten.
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Ist der Kredit dem risikorelevanten Kreditgeschäft im Sinne der MaK
zuzurechnen, nimmt die Serviceagentur auch ausführlich Stellung zum
Finanzierungswunsch (Votum). Auf der Basis dieser Beschlussvorlage
trifft die Sparkasse sodann ihre Kreditentscheidung. Daraufhin fertigt
die Serviceagentur die Kredit- und die Sicherheitenverträge und leitet
sie zwecks Vertragsunterzeichnung an die Sparkasse. Wenn die Verträge
der Kredit-Serviceagentur vollständig vorliegen und die Sicherheiten
bestellt sind, prüft sie die Auszahlungsvoraussetzungen und zahlt den
Kreditbetrag im Namen der Sparkasse aus beziehungsweise räumt dem
Kunden eine Kreditlinie ein.
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Während der Kreditlaufzeit übernimmt die Serviceagentur unter anderem
die laufende Überprüfung gemäß § 18 KWG, kontrolliert regelmäßig die
Sicherheiten und kümmert sich um die Freigabe von Sicherheiten. Müssen
vertragliche Vereinbarungen geändert werden, informiert die
Serviceagentur die Sparkasse und erstellt eine qualifizierte
Stellungnahme mit Beschlussvorlage.
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Bislang waren vor allem solche Tätigkeiten Gegenstand von
Zentralisierung, Standardisierung und Auslagerung, die einen eher
geringen Komplexitätsgrad aufweisen oder aber der internen Verwaltung
zuzurechnen sind. Jetzt aber rücken vermehrt auch Prozesse von
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(Teil-)Aufgaben in den Fokus, die zu den Kernbereichen des Bank- und
Sparkassengeschäfts gehören, wie das Beispiel der
Marktfolgetätigkeiten im Kreditgeschäft zeigt.
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Aber egal welche Aufgaben, Prozesse oder Leistungsfunktionen eine Bank
oder Sparkasse auf ein externes Serviceunternehmen überträgt - die
Auslagerung kann und darf nicht nach der Devise "aus den Augen, aus
dem Sinn" betrieben werden. Mit dem Outsourcing wird das
Kreditinstitut keineswegs von der Gesamtverantwortung für die
ordnungsgemäße Bewältigung der ausgelagerten Aufgaben befreit.
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Vielmehr muss für die Steuerung der so entstehenden neuen
Wertschöpfungskette institutsintern spezifisches Knowhow aufgebaut
werden, denn das Management externer Dienstleistungsgesellschaften
erfordert zum einen umfassende Prozesskenntnisse und zum anderen eine
hohe Kompetenz und Professionalität im Hinblick auf die Beziehung
zwischen Kreditinstitut und Serviceunternehmen.
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Bei der Sparkasse Köln-Bonn nimmt der Zentralbereich Bankservice diese
steuernde Funktion wahr. Oberstes Ziel ist es dabei, im Interesse der
Sparkasse und ihrer Kunden einen störungsfreien und optimalen
Betriebsablauf sicherzustellen. Damit entwickelt sich die frühere
Bankorganisation zunehmend zu einem Spezialbereich, der selbst nur
noch sehr spezifische Tätigkeiten abwickelt und um so intensiver die
Entwicklung beratungs- und verkaufsunterstützender sowie
kundenzentrierter Innovationen vorantreibt.

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