Im Blickfeld

Plädoyer für einen Paragrafen

Traditionell wird gerne über das komplizierte und langwierige Bau- und Planungsrecht hierzulande gemeckert. Von der Idee über die Aufstellung und Festsetzung eines Bebauungsplans bis hin zur Baugenehmigung und der finalen Fertigstellung würden nicht selten viele, viele Jahre vergehen. Insbesondere Bebauungsplanverfahren seien oft langwierig - das Ausland sei beim Bau- und Planungsrecht unkomplizierter und schneller, heißt es immer wieder. Doch in Deutschland wird zu wenig differenziert, was die Kritik am Baugesetzbuch (BauGB) angeht.

So wird in der öffentlichen Diskussion häufig übersehen, dass der in der Tat oft schwerfällige Bebauungsplan ja keineswegs immer gebraucht wird. Gerade im innerstädtischen Bereich lassen sich Projekte über § 34 BauGB realisieren. Vereinfacht gesagt sind Projekte nach § 34 BauGB zulässig, wenn sie sich in die nähere Umgebung einfügen. Damit ist sowohl die Nutzungsart gemeint als auch die Größe eines Vorhabens. Für Mehrfamilienhäuser in Baulücken beispielsweise ist der Paragraf ein wahrer Baubeschleuniger. Aber auch Einfamilien-, Reihenund Doppelhäuser sind bereits nach § 34 BauGB in kurzer Zeit realisiert worden. Sofern die Behörden mitspielen, liegen zwischen Projektidee und Fertigstellung oft weniger als zwei Jahre, wenn Projekte ohne Bebauungsplan auskommen. Inklusive der Bauzeit kann mit § 34 BauGB also ein Projekt schneller realisiert werden, als mancher Bebauungsplan allein an Zeit verschlingt, inklusive aller gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensschritte und den möglichen Wiederholungsschleifen, die erst einmal vor Baubeginn absolviert werden müssen.

Falls dies wie ein Plädoyer für das Bauen ohne Bebauungsplan klingt - es ist eines! Das Bauen nach dem Prinzip des Einfügens ist offensichtlich so innovativ, dass beispielsweise Schweden gegenwärtig ganz konkret über ein ähnliches System nachdenkt. In Schweden kann es von der Grundstücksakquisition bis zur Fertigstellung schon mal vier bis fünf Jahre, oft auch deutlich länger dauern. Als die dortigen Planungsbehörden erfuhren, dass in Deutschland schneller gebaut werden kann, haben sie sich den § 34 BauGB erklären lassen. Man darf in Deutschland also ruhig ein wenig stolz darauf sein.

Nils Olov Boback, Geschäftsführer, NCC Deutschland GmbH, Fürstenwalde

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