Wohnungswesen

Privatisierung - warum nicht alle Erwartungen erfüllt wurden

Die Wohnungsprivatisierung, also der Verkauf von Einzelwohnungen an Mieter, Kapitalanleger und Selbstnutzer, begann in Deutschland im großen Stil mit dem Erwerb der Eisenbahnerwohnungen durch die Deutsche Annington. Seinerzeit wurden erhebliche Privatisierungserfolge erzielt und die Erwartungen der Investoren wurden erfüllt oder sogar übertroffen. Dieses erfolgreiche Modell brachte auch andere ausländische Investoren auf die Idee, Wohnungen in Deutschland im großen Stil zu erwerben, um sie später kleinteilig zu ver kaufen. Dies war das ursprüngliche Geschäftsmodell der meisten angelsächsischen Investoren.

Halbherzige Umsetzung

In den vergangenen Jahren wurde dieses Geschäftsmodell jedoch oft nur halbherzig und nicht immer professionell umgesetzt. Ein Grund dafür war, dass andere Werttreiber zu schnelleren, sichtbaren Erfolgen führten. Zu nennen sind hier beispielsweise Umfinanzierungen, die Vereinheitlichung und Neustrukturierung der Darlehensverträge und in diesem Zusammenhang insbesondere die Nutzung moderner Finanzierungsinstrumente. Durch diese Prozesse konnten schon innerhalb eines Jahres oftmals erstaunliche Erfolge erzielt werden.

Die Wohnungsprivatisierung ist dagegen ein Prozess, der naturgemäß nur mittelfristig Wirkungen zeigt, da der Verkauf an Mieter, Kapitalanleger und Selbstnutzer nun einmal erfahrungsgemäß mehrere Jahre dauert. Nicht alle Mieter werden ihre Wohnung kaufen. Der Verkauf an Selbstnutzer ist nur möglich, wenn eine Wohnung frei wird, zum Beispiel durch Umzug des Mieters. Diese natürliche Fluktuation sollte nicht beschleunigt werden, da dies zu Unruhe in der Mieterschaft führt. Auch der seriöse Vertrieb an Kapitalanleger, der nicht über fragwürdige Strukturvertriebe erfolgen sollte, beansprucht eine gewisse Zeit.

Allerdings sollte dieser Zeitrahmen überschaubar sein und es sollten sich kurz- und mittelfristig sichtbare Erfolge einstellen. Dies war und ist jedoch bei vielen Unternehmen nicht der Fall, da entscheidende Fehler bei der Einzelprivatisierung gemacht wurden. Da die Investoren oft bestehende Verträge mit externen Vertrieben oder Mitarbeiter von Wohnungsgesellschaften übernehmen mussten, für die in ihrer alten Funktion keine Verwendung bestand, setzte man diese dazu ein, um interne Vertriebe für die Privatisierung aufzubauen.

An der falschen Stelle gespart

Dieser vermeintlich kostengünstige Weg ist inzwischen nachweislich gescheitert, da das entsprechende Personal dafür in der Regel nicht geeignet war und auch die Erfahrungen in der Mieterberatung sowie im Verkauf an Kapitalanleger fehlten. Das Ergebnis war, dass sich in den vergangenen Jahren die Einzelverkaufszahlen erheblich reduziert haben.

Nicht nur hier wurde an der falschen Stelle gespart. Auch versuchte man, bei vertriebsvorbereitenden Investitionen zu sparen. Jedoch ist es bei vielen Beständen notwendig, bestimmte Instandhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchzuführen, um die Wohnanlage für den Einzelverkauf vorzubereiten beziehungsweise auch den Kapitalanleger zu erreichen, um die Wohnanlage zu 100 Prozent zu veräußern. In den Geschäftsplänen vieler Investoren wurden diese Kostenpositionen unterschätzt.

Jetzt beginnt man zu erkennen, dass hier Korrekturen notwendig sind.

Kaufinteresse so groß wie nie

Eines kann mit Sicherheit festgestellt werden: Das Interesse von Mietern, Kapitalanlegern und Selbstnutzern am Erwerb einer Wohnung ist keineswegs geringer geworden, sondern es ist so groß, wie es in fast 25 Jahren Privatisierungstätigkeit noch nicht erlebt wurde. Der wirtschaftliche Aufschwung und die verbesserte Stimmung in Deutschland machen sich auch hier bemerkbar. Viele Menschen beginnen wieder, Vertrauen in die Zukunft zu gewinnen, und dies ist die beste Voraussetzung für den Erwerb einer Wohnung.

Auch gehört es inzwischen zum Allgemeingut, dass es nicht ausreicht, sich für die Altersvorsorge auf die gesetzliche Rentenversicherung zu verlassen. Alle Umfragen belegen, dass nach wie vor die Immobilie als beste Form der Altersvorsorge gesehen wird. Durch die steuerlichen Verschlechterungen bei Kapitallebensversicherungen ist die relative Attraktivität der Immobilie sogar noch gestiegen.

Auch die Einführung der Abgeltungssteuer begünstigt die Immobilie, da Veräußerungserlöse bei allen anderen Anlagen - wie etwa Aktien oder Investmentfonds - künftig unabhängig von Haltefristen zu versteuern sind, während sie bei selbstgenutzten Immobilien bereits nach zwei Jahren und bei fremdvermieteten Immobilien nach zehn Jahren weiterhin steuerfrei sind.

Dieses Nachfragepotenzial setzt sich jedoch nicht "automatisch" in Wohnungskäufe um, denn nach wie vor bedeutet der Erwerb einer Wohnung für die meisten Menschen eine der größten Entscheidungen in ihrem Leben, die eine eingehende, verantwortungsbewusste und professionelle Beratung erforderlich macht.

Jürgen F. Kelber , Geschäftsführender Gesellschafter , Dr. Lübke & Kelber GmbH, Frankfurt am Main
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